Mit zweierlei Maß?

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Fotos: Ammar Safarjalani, Sergei Grits/dpa, Montage: Micho Haller
Fotos: Ammar Safarjalani, Sergei Grits/dpa, Montage: Micho Haller

Ukrainer sind in Europa willkommener als Geflüchtete anderer Nationen. Müssen wir ein schlechtes Gewissen haben, weil wir nicht alle gleich behandeln?

Sie fliehen vor Bomben und Raketen, vor der brutalen Gewalt russischer Truppen, die ihr Heimatland überfallen haben: Die Bilder, die wir täglich aus der Ukraine sehen , lassen uns nicht kalt. Wir Deutsche nehmen viele Ukrainer auf, spenden, helfen.

Als ab 2015 zigtausende Syrer, vor dem Krieg in ihrer Heimat flohen, fanden auch sie Zuflucht bei uns. Doch die Hürden waren für sie deutlich höher. Noch schwieriger ist es für Menschen aus anderen arabischen und afrikanischen Ländern.

Messen wir da mit zweierlei Maß? Wenn wir ehrlich sind, muss die Antwort heißen: Ja. Ist das ungerecht? Vielleicht. Müssen wir deshalb ein schlechtes Gewissen haben? Nein. Es ist naheliegend, dass der Krieg in Europa uns anders trifft als die Not in der Ferne.

Wichtig ist allerdings, dass wir uns dessen bewusst sind und nicht vorsätzlich Hilfesuchende in Geflüchtete erster und zweiter Klasse einteilen. Das passiert schneller als wir denken. Wenn zum Beispiel die Tafel um zusätzliche Spenden bittet und Kulmbacher dort kistenweise Lebensmittel abliefern mit dem Hinweise: Die sind nur für die Ukrainer, nicht für die anderen. Geht gar nicht. Bedürftige sind Bedürftige.

Auch Politiker sind vor verbalen Fehltritten nicht gefeit. Das zeigt das Beispiel von Gudrun Brendel-Fischer, die kürzlich geäußert hat, ukrainischen Geflüchteten müsse "nicht erklärt werden, wie eine Waschmaschine funktioniert, oder dass auf dem Zimmerboden nicht gekocht werden darf". Das kann leicht als rassistische Ausgrenzung anderer Nationalitäten verstanden werden, auch wenn es nicht so gemeint ist.

Achtsamkeit in unserem Denken und in unserer Wortwahl - das ist es, was wir im Umgang mit Geflüchteten brauchen. Dass wir uns dann manchen näher fühlen als anderen? Das ist menschlich und absolut legitim.