Corona bestimmt das Geschehen, und das ist auch verständlich. Mich wundert es aber schon, dass das Thema Energie so wenig Beachtung findet. Viele Haushalte, die in den kommenden Tagen und Wochen von ihrem Anbieter Post erhalten, werden aufschrecken, mit welcher Steigerung sie konfrontiert werden. Die kann bei 30 oder 50, in einigen Fällen wird sie aber über 100 Prozent liegen. Obwohl die Entwicklung seit September absehbar war, ist die Dimension bei den Leuten, aber auch bei der Politik offenbar noch nicht angekommen. Das spüre ich in Gesprächen mit Bürgermeistern, Landräten oder auch Ministern. Dabei ist die Gefahr auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland groß. Für energieintensive Mittelständler kann die Entwicklung existenzgefährdend sein.
Was erwarten Sie von der Politik?
Es ist paradox: Die Stromkunden leiden unter steigenden Kosten, und der Bund profitiert, denn er nimmt ja mehr ein. Die Politik hat die Möglichkeit, gegenzusteuern. Sie könnte relativ schnell und einfach die Steuern und Abgaben senken. Die Senkung der EEG-Umlage von 6,5 auf 3,7 Cent für die Kilowattstunde ist für die Haushalte zwar erfreulich, bei der Preisentwicklung im Geldbeutel aber nicht spürbar.
Was raten Sie denen, die über die steigende finanzielle Last klagen?
Man kann Spartipps geben, die natürlich helfen können, die Energiekosten etwas zu senken. Der einzig richtige Ratschlag ist aber: Macht euch unabhängiger von den Stromanbietern, macht die Dächer mit Photovoltaikanlagen voll. Das beten wir seit vielen Jahren gebetsmühlenartig vor.
Die allermeisten Hausbesitzer haben die Option, Solarmodule auf dem Dach anzubringen und den eigenproduzierten Strom selbst zu nutzen. Doch was machen Mieter in einer großen Wohnanlage?
Sie können ihren Vermieter dazu ermutigen und darauf hoffen, dass er sein Dach für Photovoltaik nutzt. Jeder, auch jeder Mieter, kann aber auch aus eigener Kraft Strom tanken. Wer einen Balkon hat, kann etwa am Geländer Module mit einer Leistung von 600 Watt anbringen, die an die nächste Steckdose angeschlossen werden. Mit zwei Modulen kann man schon bis zu 500 Kilowattstunden im Jahr sparen, wenn man eigenproduzierten Strom nutzt und nicht die Kilowattstunde für 50 oder 60 Cent beim Energieversorger einkauft.
Auch in Kulmbach sind viele große Mietwohnanlagen noch ohne Photovoltaikanlage. Bedauern Sie das?
Ich bedauere das. Auch auf den Liegenschaften von Städtebau und Baugenossenschaft ist noch sehr viel Potenzial ungenutzt. Zur Ehrenrettung muss man aber sagen, dass es in Deutschland aufgrund rechtlicher Gegebenheiten anders als in vielen anderen Ländern nicht einfach ist, ein vernünftiges Mieterstrommodell hinzukommen. Auch hier ist der Gesetzgeber gefordert. Er muss das Verfahren endlich vereinfachen.
Die Bundesbürger ächzen unter den hohen Preisen. Ist es ein deutsches Problem?
Der Preis für den Strom ist bei uns allein aufgrund der Tatsache, dass wir über 50 Prozent an Steuern und Abgaben zahlen, extrem hoch. Den Preisanstieg spürt man aber zurzeit in ganz Europa. Selbst im "Atomland" Frankreich. Dort wird die Entwicklung zusätzlich verschärft, weil ungewöhnlich viele Atomkraftwerke aus unterschiedlichen Gründen abgeschaltet werden mussten.
Wohin geht die Reise?
Wir müssen davon ausgehen, dass die Preise weiter steigen werden. Was bedauerlich ist: Wir hätten das ganze Problem heute nicht in dem Ausmaß, hätten wir den Ausbau der Erneuerbaren Energien im vergangenen Jahrzehnt nicht verschlafen. Die aktuelle Entwicklung bremst leider auch die zügige Umsetzung der Energiewende. Wie will man Menschen überzeugen, auf Elektromobilität oder beim Heizen auf die Wärmepumpe umzusteigen, wenn die Kilowattstunde 50 oder 60 Cent kostet?
In einem irrt Herr Ruckdeschel: Putin dreht den Gashahn nicht zu, sondern Baerbock/ Habeck mit dem Verhindern von Nord Stream2 sind verantwortlich für die steigenden Energiepreise! Hinzu kommt das voreilige Abschalten intakter und sicherer Kernkraftwerke sowie utopische Vorstellungen vom Umstieg auf erneuerbare Energien.
Nichts gegen Photovoltaik auf den Dächern (habe selbst eine installiert), dies muss aber auch technisch möglich und volkswirtschaftlich sinnvoll sein. Bitte mal den Bericht in der Bayr. Rundschau dieser Woche über die Gemeinde Neuenmarkt lesen: es gibt Interesse für PV Anlagen, jedoch besteht keine Möglichkeit zur Einspeisung ins öffentliche Netz! Also bitte erst die Voraussetzungen schaffen. Und das Hauptproblem ist noch überhaupt nicht zufriedenstellend gelöst: wie kann der Überschuss das Sommers im Winter genutzt werden. Ich spreche aus eigener Erfahrung: zwar erzeuge ich soviel Strom wie ich benötige, jedoch mit Überschuss im Sommer und Defiziten im Winter.
Also die Energiewende ganzheitlich angehen und nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Nur mit PV Anlagen zugepflasterte Dächer bringt gar nichts, wenn die Voraussetzungen nicht stimmen. Darum sollte sich die Energieagentur auch kümmern.