Michl Müller live: "Dreggsagg" macht auf Protest

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Die Faust geballt gegen alle, die der Vernunft den Kampf angesagt haben: Michl Müller bei seinem fulminantem Auftritt in der ausverkauften Kulmbacher Stadthalle. (Foto: Jochen Nützel)
Die Faust geballt gegen alle, die der Vernunft den Kampf angesagt haben: Michl Müller bei seinem fulminantem Auftritt in der ausverkauften Kulmbacher Stadthalle. (Foto: Jochen Nützel)
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"Ausfahrt freihalten" heißt Michl Müllers neues Programm. Den Kulmbachern, die sich den Dienstagabend freihielten, kredenzte der Komödiant in der ausverkauften Stadthalle eine dreistündigen Ausfahrt durch die Irrungen und Wirrungen der fränkischen Seele.

Es ist keine Zeit für Zärtlichkeit - es ist Zeit für Protest! Und Protestlieder. Findet jedenfalls Michl Müller, der verhinderte Konstantin Wecker aus der Rhön. Menschliche Verirrungen, gegen die anzusingen Gebot der Stunde wäre, gibt es viele: militante Rentner, Angler, Taubenzüchter, Golfer, die Idiotendichte auf der Autobahn, jammerlappige Hausärzte in Endzeitstimmung, Romantik-Hotels in Endweltlage und die Geißel der Menschheit überhaupt: der Thermo-Mix.

Aber Michl Müller ist nun mal kein Protest-Liedermacher. Er ist auch kein Niedermacher. Er ist ein Spaßmacher, der selbst dem dummen Fahranfänger mit der Halbmast-Hose sowie dem nervigen Italo-Kellner umme Ecke noch eine heitere Note abgewinnt, um im Liederbild zu bleiben. Das Publikum in der ausverkauften Stadthalle dankt es seinem "Dreggsagg", applaudiert und johlt, schüttelt die Zwerchfelle aus und rückt die Lachfalten gerade beim Hinausgehen kurz vor Mitternacht. Da haben 750 Besucher drei Stunden Michl Müller intus. Ein Brainstorm, gegen den Orkan Niklas 'ne laue Luftnummer ist.

Spielplatz für Helikopter-Eltern

Drinnen macht sich der 43-jährige gebürtige Bad Kissinger Luft. Die Arme Windkraftanlagen gleich rotierend, holt er aus zum Gegenschlag gegen alle, die der Vernunft den Kampf angesagt haben. Wie ein Abreibungs-Tsunami bläst er unter anderem Helikopter-Eltern die Leviten, die meinen, ihre überbehüteten Lendensprösslinge dürften sich weder dreckig machen noch gefährlich schaukeln und zum Ausgleich nur Kohlrabi-Karottensaft trinken. "Mir warn früher allein aufm Spieplatz. Mir ham gspielt - und Sand gfresse. Erst wenn kee Sand nix mehr da war, hätt' mir vielleicht Kohlrabisaft gsoffe. Aber den hätt' mer wahrscheinlich net amal nei die Schuh gekippt."

Es fällt Michl Müller nicht schwer, sich binnen Sekunden den Blutdruck auf ein Fünfjahreshoch zu reden. Wenn etwa der Dalai Lama und das Wireless LAN(A) gleichermaßen als Ersatzgötter angebetet werden und sich Fruktarierinnen aus ihrer grünen Vegan-Hölle wagen, um ihrer nicht gänzlich verschütteten Fleischeslust mittels angefahrenem Wildbret zu frönen: Dann vergeht dem Komödiant Appetit und Lachen, ballt er die Fäuste gegen die Hansdumpfs in fränkischen Gossen.

Leider sind seine Landsleute auch nicht gefeit gegen den Verfall der sexuellen Sitten. Stichwort: "Shades of Grey", das Heidschi-kumm-peitschi-mi für den Missionarsstellungskrieg an der heimischen Lustfront. Wer da nichts ahnend im Baumarkt zum Kabelbinder greift, muss schon damit rechnen, in die Sado-Maso-Ecke gerückt zu werden. Die züchtige Hausfrau bittet nun nicht mehr zur Dosen-, sondern Unterhosen-Party, konstatiert Müller: Frauen treffen sich wie früher beim Sekt, lassen jetzt aber dabei die Dildos kreisen. "Ich glaub' ja, dass des alles eingschmolzene Tupperschüsseln sind." Wenn der Mann von der Schicht heimkommt und die Gefährtin steht ungewohnt bestrapst und mit dem neuen Lustgummi am Herd, entfährt es dem Uninformierten: "Ach, host an Pürierstab gekefft?!"

Der Schiffer von der Autobahn

Selbst einem Michl Müller bleibt da kurz die Spucke weg. Aber dann kontert er mit seiner schärfsten Waffe: dem Lied. Er hat's ja versucht mit einem Protestsong. Aber irgendwie sind wieder nur Stimmungslieder à la Veitshöchheim rausgekommen. Macht nix. Im Santiano-Stil trällert er über die Gefährlichkeit des Wildpinkelns an der Mittelleitplanke ("Bin ein Seemann, bin ein Schiffer. Hai-jo, kenn jede Hecke, jedes Klo"). Mit einem Franken-Reggae warnt er vor den unterleibhaftigen Eruptionen beim Verzehr von Federweißern und Zwiebelplootz.

Witzig auch ohne Fastnacht

Nicht diese Mischung riss die Besucher von den Sitzen, wohl aber ein Michl Müller in Höchstform, Bühnenderwisch und Verbal-MG in Personalunion. Ein Unterhalter par excellence, der keine Fastnacht braucht, um witzig zu sein.