Messerstecher von Bad Berneck erneut vor Gericht

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Zweiter Prozess: Der Messerstecher von Bad Berneck steht seit gestern erneut vor Gericht; links sein Verteidiger Jürgen Koch. Foto: Stephan Tiroch
Zweiter Prozess: Der Messerstecher von Bad Berneck steht seit gestern erneut vor Gericht; links sein Verteidiger Jürgen Koch. Foto: Stephan Tiroch

Blutiges Ende eines Autofahrer-Streits: Ein Himmelkroner wurde durch einen Stich in die Brust schwer verletzt. Das erste Urteil hatte der BGH aufgehoben.

Dieser Mann wirkt gesundheitlich angeschlagen. Er atmet schwer und braucht Sauerstoff, den er in einem Rucksack bei sich trägt. Weil der Bundesgerichtshof das erste Urteil aufgehoben hat, muss der 61-Jährige noch einmal vor Gericht erscheinen.

Sein Fall wird vor der 2. Strafkammer verhandelt. Im Zentrum des Prozesses steht die Frage: War es versuchter Totschlag, als der Angeklagte einen Autofahrer aus Himmelkron mit einem Messerstich in den Brustkorb schwer verletzte?

Im Ersturteil ging die Kammer vor 14 Monaten von gefährlicher Körperverletzung aus und verhängte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Für den versuchten Totschlag seien die Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt, hieß es in der Urteilsbegründung. Damit konnte sich der BGH nicht anfreunden und gab der Revision der Staatsanwaltschaft statt.

Am Donnerstag versucht die Kammer, das Geschehen vom 11. Mai 2015 zu rekonstruieren. Dabei räumt der Angeklagte das Tatgeschehen ein. "Es war ein großer Fehler", sagt er immer wieder.

Was ist damals passiert? Das Verhängnis nahm um 17.15 Uhr seinen Lauf. Die zwei Männer trafen bei der Plassenburg-Kelterei in Bad Berneck erstmals aufeinander. Der Angeklagte, ein Mercedes-Fahrer, blockierte nach Ansicht des Himmelkroners die Straße. Der Audi-Fahrer zog vorbei. Keiner sparte mit Gesten, und sie brausten Richtung Bayreuth davon. Ein alltäglicher Streit unter Autofahrern, wie er nicht selten vorkommt.


Alarmglocken gingen an

Was im Stadtteil Blumenau dann geschah, war aber nicht mehr alltäglich. Dort mussten beide abbiegen - der eine wohnte da, der andere war auf dem Weg zum Tierarzt. Die Kontrahenten stiegen aus. Jeder meinte, dem anderen ein paar Takte sagen zu müssen. Eine Zeugin hörte quietschende Reifen und zwei Männerstimmen, laut und aggressiv. "Da gingen bei mir die Alarmglocken an."

Das Duell dürfte nicht lange gedauert haben. Auge in Auge standen sich die Autofahrer gegenüber. Der eine klein und schmächtig, der andere ein Kraftpaket, muskulös, wie man es als American-Footballer sein muss. Dafür hatte der Ältere sein Brotzeitmesser in der Hand. Klingenlänge 6,5 Zentimeter. Er stach zu und traf den Jüngeren unter der linken Achsel.

Der Arzt, der den Verletzten notoperiert hat, berichtet von einer drei Zentimeter breiten, klaffenden Wunde. Der Stichkanal, parallel zum Brustkorb verlaufend, sei zwölf Zentimeter tief gewesen.


Sprint hingelegt

Als er den Stich spürte, so der Verletzte, habe er den Angreifer angeschrien, "ob er verrückt ist". Er habe "einen Sprint hingelegt", um sich in Sicherheit zu bringen.

Der Angeklagte kam nicht hinterher. Er sei schockiert gewesen, sagt er. "So etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gemacht. Ich habe Blut gesehen und bin abgehauen." Was ihm nichts nützte. Er wurde noch am selben Tag festgenommen.

Der Verletzte hatte sein blutverschmiertes T-Shirt ausgezogen und auf die Wunde gelegt. So saß er am Boden. Nachbarn und Passanten leisteten Erste Hilfe, bis der Notarzt kam.


"Nervlich kaputt"

Vorsitzender Richter Werner Kahler will vom Angeklagten wissen: "Warum haben Sie das Messer mitgenommen, als sie ausgestiegen sind?" Er beteuert: "Ich weiß nichts mehr. Ich bin fix und fertig, nervlich kaputt." Der Angeklagte hält den Kopf gesenkt und schweigt.
Aber Richter Reinhard Schwarz bekommt doch noch etwas aus ihm heraus. Der Mann räumt ein, dass er sich über die Gesten - angeblich der Stinkefinger - geärgert habe.


Formulierungsvorschlag passt

Schwarz fragt weiter: "Sie wollten bei einer körperlichen Auseinandersetzung nicht den Kürzeren ziehen. Deswegen das Messer. War es so?" Mit diesem Formulierungsvorschlag ist der Angeklagte einverstanden. Er bittet um Verständnis, dass er sich nicht so gut ausdrücken könne, und betont: "Aber verletzten oder töten wollte ich ihn nicht."

Auf eine erneute Entschuldigung des Täters verzichtet der 36-jährige Geschädigte und Nebenkläger. Er bestätigt aber auf Befragen des Verteidigers, Rechtsanwalt Jürgen Koch aus Bayreuth, dass er nach der ersten Verhandlung 7500 Euro Schmerzensgeld bekommen hat.

Der Prozess wird nächsten Donnerstag fortgesetzt.