Matthias Hahn hat in eigener Initiative einen Schweigemarsch gegen Rechts durch Kulmbach organisiert.
Die Mutter ein Flüchtlingskind aus Schlesien. Eine Schwester verheiratet mit einem Nepalesen, seit langem in dem Land am Himalaya zu Hause. Ein mittlerweile verstorbener Bruder ausgewandert nach Südamerika. Eine Nichte, die in Kürze in Australien einen Iren heiratet: In der Familie von Matthias Hahn ist die offene, tolerante, vorurteilsfreie Gesellschaft von jeher gelebte Realität.
Vielleicht hat Matthias Hahn gerade deswegen eine so abgrundtiefe Abneigung gegen Ausländerfeindlichkeit, rassistische Hetze und Fremdenhass. Und weil er zudem eine ausgeprägte soziale Ader hat, sich seit Jahren in der SPD und im Betriebsrat engagiert, kam irgendwann eins zum anderen und Matthias Hahn ging auf die Straße: Dann zum Beispiel, wenn im Mainleuser Ortsteil Schwarzach die NPD ihren "Bayerntag" veranstaltete oder der "Bund Frankenland", ebenfalls eine Gruppierung aus der rechten Szene, zum "Frankentag" einlud.
Nun demonstrierte er erneut gegen rechte Gewalt - mit dem Aufruf zu einem Schweigemarsch. "Das passt in die Zeit", befand die Jury - und zeichnete Matthias Hahn dafür mit dem Bürgerpreis 2018 in der Kategorie "Zivilcourage" aus.
In der Tat passt seine Aktion in die Zeit. Leider.
Zur Erinnerung: Ende August war am Rande des Chemnitzer Stadtfestes ein Mann durch Messerstiche tödlich verletzt worden. Bei den Tätern soll es sich um Migranten gehandelt haben. In der Folge kam es in Chemnitz zu erschreckenden Szenen: Organisierte Rechte und Neonazis griffen tatsächliche oder vermeintliche Migranten, Gegendemonstranten, Polizisten, Pressevertreter und unbeteiligte Passanten sowie ein jüdisches Restaurant an. Menschen zeigten skrupellos vor laufenden Kameras den Hitlergruß.
"Es waren Szenen wie 1933", erinnert sich Matthias Hahn, der politisch sehr interessiert ist und sich intensiv mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinander gesetzt hat. "Das darf in Kulmbach nicht passieren.", Matthias Hahn zögerte nicht lange und organisierte einen Schweigemarsch gegen Rechts. Im Alleingang - wissend, dass er sich mit dieser Aktion zur Zielscheibe von Pöbeleien und Beleidigungen machen würde. Die gab es dann in der Tat. "Aber ich nehme das nicht sonderlich ernst", sagt der 52-Jährige.
500 kamen
Was für ihn viel wichtiger ist und was ihn sehr freut: "Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Menschen kommen!" 150 Teilnehmer hatten sich über die Internet-Plattform Facebook angemeldet. Gekommen waren dann rund 500. Menschen, die ebenso wie Matthias Hahn Gesicht zeigten.
Ich finde es toll, wenn man eine so international verwobene Familie hat. Diese offene, vorurteilsfreie Realität kann nur gelebt werden wenn man in einem Land wie Deutschland eine gute Bildung genossen hat und in einem gefestigten Elternhaus groß geworden ist. Die Realität ist jedoch eine andere. Gut ausgebildete Menschen verlassen dieses Land, da sie sich von dieser Regierung nicht mehr vertreten sehen. Leistung wird nicht mehr honoriert. Statt dessen werden die Anforderungen immer weiter nach unten korrigiert. Unsere Leitlinien geraten immer mehr in Vergessenheit. Wir tolerieren alles und jeden der in das Land kommt, weil das politisch so gewollt ist. Wer den Mund aufmacht und es wagt sich zur gescheiterten Integrationspolitik und der Schwäche unserer Justiz und Gerichtsbarkeit zu stellen, wird gleich als Hetzer oder Nazi abqualifiziert. Es wäre so wichtig, dass auch Herr Hahn den Realitäten ins Auge blickt und Gesprächsbereitschaft auch mit politisch Andersdenkenden signalisiert.