Der gebürtige Mainleuser Matthias Wendel und seine Frau Margrit führen seit Februar wieder die GmbH des Eishockey-Zweitligisten EHC Bayreuth.
Der Pleitegeier kreiste mehrfach über dem Bayreuther Eishockey. Es ist dem gebürtigen Mainleuser Matthias Wendel und seiner Frau Margrit zu verdanken, dass er sich nicht ein weiteres Mal im Tigerkäfig niedergelassen hat. Die neue Saison in der DEL2 scheint so finanziell gesichert. Die BR sprach mit beiden über eine Leidenschaft, die manchmal auch Leiden schafft.
Wann hat Sie beide der Eishockey-Virus befallen?Matthias Wendel: Ich war schon vor 30 Jahren bei den Heimspielen in Bayreuth, damals noch zu Zeiten des SVB. Dann kam die erste Pleite - und damit hatte sich das Ganze für mich erst einmal erledigt. Vor sechs Jahren schließlich hat meine Frau gesagt: Lass uns mal wieder zum Eishockey gehen. Das war zu Bayernliga-Zeiten.
Margrit Wendel: Ich weiß noch: Bei meinem ersten Besuch im Bayreuther Eisstadion hatte es unter minus 20 Grad. Ich habe es genau ein Drittel ausgehalten - ich war schlicht falsch angezogen, und es war einfach zu kalt (
lacht). Aber es hat mich gepackt, und später haben wir nicht ein Heimspiel versäumt, nicht mal, als wir eigentlich hätten krank daheimbleiben sollen.
Wie kam der Wechsel vom Zuschauer zum Unterstützer und schließlich Geschäftsführer?Matthias Wendel: Bis vor dreieinhalb Jahren waren wir normale Fans und hatten keinerlei weiteren Ambitionen auf Posten. Damals hat uns der Vorsitzende angesprochen, ob wir uns vorstellen könnten, dem Verein etwas zu helfen. Es stand durchaus kritisch. Erst später war uns klar, wie bedrohlich die Schieflage für das Bayreuther Eishockey wirklich war. Schließlich haben wir unsere Unterstützung soweit ausgeweitet, dass wir das ganze Unterfangen mehr oder minder saniert haben. Es lag so viel im Argen, dass es in den drei Jahren drei weitere Insolvenzen hätte geben können. Das wollten und konnten wir verhindern.
Haben Sie Ihr Engagement an Bedingungen geknüpft?Matthias Wendel: Wenn man so viel Geld in den Sport reinsteckt, dann wollten wir dem Verein - und später der GmbH - klare Strukturen geben. Ansonsten hätten wir wohl zusehen können, wie die Misere sich in zwei oder drei Jahren wiederholt. Wir hätten nichts gekonnt - und das Geld wäre auch weg gewesen. Zum Glück half der sportliche Erfolg mit: Der Aufstieg in die DEL2 bedeutete aber natürlich auch eine Wahnsinnsherausforderung. Ein paar Jahre vorher spielte Bayreuth Bayernliga - und auf einmal wartete eine Liga mit professionellen Strukturen auf den Club und damit verbunden der Aufbau einer GmbH.
Wie stark ist Ihr finanzielles Engagement für die GmbH?Matthias Wendel: Es ging mit 50 000 Euro los. Dann haben wir gemerkt, welche Begeisterung seitens der Fans und der Mannschaft vorhanden ist. Dann hat es meine Frau und mich selber nicht mehr losgelassen.
Sie haben den nötigen juristischen Hintergrund als Rechtsanwalt.Matthias Wendel: Richtig, auch wenn ich den Beruf seit 17 Jahren nicht mehr ausübe. Ich bin später in die freie Wirtschaft gegangen und habe mir als Ziel gesetzt: Mit 60 möchte ich aus dem Berufsleben ausscheiden. Das habe ich im November geschafft.
Das war genau jener Monat, in dem sie als Geschäftsführer der Tigers GmbH zurückgetreten sind. Als Grund nannten Sie persönliche Anfeindungen gegen Ihre Frau.Margrit Wendel: Es gab diesen offenen Brief des Fanclubs "Mainkurve" gegen mich, der mich als Privatperson betraf und in dem ich als "Sonnenkönigin" gebrandmarkt wurde.
Matthias Wendel: Genau das. Wir waren uns einig, dass wir uns das unter diesen Umständen nicht länger antun wollen. Wir halten Kritik aus, aber sie muss im gewissen Rahmen bleiben. Unser Einsatz hat nichts mit persönlicher Eitelkeit zu tun. Uns geht es rein um den Sport. Der Rückhalt im Club ist vorhanden.
Wie kam es dann zum Rücktritt vom Rücktritt?Matthias Wendel: Es kamen 24 Gesellschafter auf uns zu und diverse Sponsoren, die für das Eishockey in Bayreuth gewonnen werden konnten. Sie alle bekundeten: Wir machen weiter - aber nur, wenn ihr auch weitermacht. Fest steht: Profi-Eishockey wäre erledigt gewesen, der Absturz in die Bezirksliga die Folge. Nicht zu vergessen: Die komplette Mannschaft hat betont, nicht in Bayreuth bleiben zu wollen, wenn wir nicht weitermachen. Das hat uns sehr bewegt.
Margrit Wendel: Auch nach unserem Ausscheiden haben wir den Spielern die Treue gehalten und sind zu jedem Match. Ich muss sagen: Es sind einfach unsere Jungs, zu denen wir stehen, als wären es unsere Kinder.
War die Gefahr der neuerlichen Pleite bereits während der Premierensaison in der DEL2 gegeben?Matthias Wendel: Ganz klar ja. Im Februar war es ganz eng, dann haben wir nochmals einen Beitrag geleistet. Somit konnte der Hauptverein die Saison sogar mit 16 000 Euro auf der Habenseite abschließen.
Ist die GmbH-Struktur eine Grundvoraussetzung?Matthias Wendel: Es geht nicht anders. Sie können nicht 1,6 Millionen Umsatz mit Mitteln des Vereinswesens stemmen.
Wie viel von dieser Summe stammt aus Ihrer Privatschatulle?Matthias Wendel: Mittlerweile nichts mehr.
Sie galten aber als der größte Gläubiger der Tigers mit einem sechsstelligen Betrag. Ist das so? Matthias Wendel: Auf diese Gelder haben wir verzichtet, oder besser gesagt: Die GmbH hat die Verbindlichkeiten übernommen und an uns zurückgezahlt. Wir haben das wiederum an die GmbH zurückgegeben, um das Stammkapital zu erhöhen. Wir reden hier von rund 70 000 Euro Darlehen.
Es gibt ein Buch des langjährigen Eishockey-Journalisten Günter Klein, der schon vor 25 Jahren von der Unmöglichkeit sprach, den unfinanzierbaren Sport Eishockey zu finanzieren. Hat er Recht?Matthias Wendel: Es ist schwierig, keine Frage. Deswegen ist es unabdingbar, das Ganze professionell wie ein Unternehmen zu führen. Ich weiß, was ich einnehme und ausgeben kann. In der zweiten Liga muss man mit dem Etat bei mindestens 1,5 Millionen Euro liegen. Dann stellt sich die Frage: Was kann der - in der Region sicherlich begrenzte - Pool an Sponsoren tragen? Was lässt sich realistisch aus den Zuschauereinnahmen generieren? Dann ist es finanzierbar. Bayreuth ist sicher nicht das Armenhaus der DEL2, aber eben auch nicht der Krösus. Frankfurt etwa hat den dreifachen Etat. Das ist aber auch nicht unser Anspruch. Wir wollen sauberes Eishockey spielen und den Fans guten Sport bieten.
Wie schwer war es, die Lizenz zu bekommen? Es gab Auflagen seitens der Eishockeyspielbetriebsgesellschaft ESBG für die Tigers.Matthias Wendel: Das Lizenzierungsverfahren ist knallhart. Da wird genau geprüft, wo es Schwachstellen gibt. Das nötige Startkapital von 290 000 Euro für die GmbH lag vor, einbezahlt durch die Gesellschafter, so dass wir erstens keine Schulden hatten und zweitens eine saubere Planung. Wir mussten nur sicherstellen, dass der Verein nach Herauslösen der GmbH überlebensfähig bleibt. Daher mussten wir Altverbindlichkeiten des Vereins über die GmbH auslösen. Alle Gesellschafter haben nun einstimmig beschlossen, dass wir neuer ESBG-Gesellschafter sind anstelle des Vereins.
Waren zu Beginn ihres Engagements vor 18 Monaten schon die dunklen Wolken am Horizont sichtbar? War Ihnen klar, dass durch den Club und sein Umfeld quasi ein Riss geht?Matthias Wendel: Das haben wir schnell erkennen müssen. Wir wollten aber unter keinen Umständen ein "Weiter so". Dass es Leute gibt, die man davon nicht überzeugen kann, ist halt so. Davon haben wir uns nicht beirren lassen.
Wäre ein Engagement der Wendels für eine andere Sportart oder einen anderen Verein denkbar gewesen?Matthias Wendel: Nein. Ich spiele selber seit Jahrzehnten Tischtennis, aber Eishockey in Bayreuth ist für uns was Besonderes, nicht zuletzt dank der Begeisterung nach dem Aufstieg in die zweite Liga und der damit verbundenen Euphorie.
Sie sind auch sozial engagiert.Margrit Wendel: Das stimmt, und daran ändert auch die Unterstützung für die Tigers nichts. Aus unserer Stiftung konnten wir kürzlich erst ein Projekt für den Kulmbacher Tierschutz mit einer fünfstelligen Summe fördern.