Durch das Aus für den Fahrdienst musste beim BRK Kulmbach ein Mitarbeiter gehen. "Die anderen zehn haben andere Aufgaben erhalten", erklärt der Kreisgeschäftsführer. Die Fahrer sind also noch da, die Busse ebenfalls. So könnte das BRK den Dienst jederzeit wieder aufnehmen. Jürgen Dippold sagt: "Wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenverhältnisse ändern, stehen wir Gewehr bei Fuß."
"Gesetze werden wissentlich ignoriert"
Schwarze Schafe gibt es in allen Branchen - aber vor allem im Geschäft mit der Pflege oder Dienstleistungen am Menschen hört man häufig von zweifelhaften Anbietern. Die gibt es auch in Franken. Nachzulesen auf einer öffentlich einsehbaren Bewertungsplattform im Internet. Hier bekommt ein privater Anbieter von Fahrdiensten aus einem Kulmbacher Nachbarlandkreis von etlichen seinen etwa 120 Mitarbeiter bemerkenswert schlechte Kritik.
Vor allem offenbaren die Angestellten, dass es die Geschäftsführung mit gesetzlichen Arbeitszeiten nicht so genau nimmt. So schreibt ein Angestellter: "Als Fahrer gibt es keine festen Arbeitszeiten. Um 6 Uhr aufs Fahrzeug und um 20 Uhr immer noch Fahrten." Ein anderer Kommentar: "Teilweise wird jegliches Arbeitsschutz- Arbeitszeitgesetz wissentlich ignoriert." Zur Frage nach der Work-Life-Balance schreibt ein/e Nutzer/in: "Bei über 260 Stunden im Monat kann keine Rede davon sein."
Zudem hagelt es Beschwerden über die schlechte und vor allem äußerst unpünktliche Bezahlung: "Sieben Monate ohne Geld, vielen Dank dafür" oder "Beleidigungen, man nach zwölfstündiger Arbeit fertig ist, sind an der Tagesordnung." Ein/e Mitarbeiter/in räumt mit einem Trugschluss auf: "Wer denkt, ein Arbeitgeber im sozialen Bereich ist auch sozial zu seinen Mitarbeitern, ist hier falsch."
Unseren Informationen zufolge war das Unternehmen auch in der ambulanten Pflege tätig, hat dieses Geschäft aber wieder aufgeben. So wurde der Geschäftsführer 2018 für Abrechnungsbetrug zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe verdonnert. Seitdem konzentriert sich das Unternehmen nur noch auf den Fahrdienst.
Doch wer schaut bei Verstößen eigentlich hin? Die AOK Bayern schließt nur Verträge mit Unternehmen ab, "die eine Genehmigung nach dem Personalbeförderungsgesetz besitzen, unsere Versicherten direkt zur Haustür begleiten, eine pünktliche Abholung zusichern und ortskundig sind".
AOK-Sprecher Marko Ahrens sagt: "Erreichen uns konkrete Hinweise auf Verstöße gegen das Arbeitsrecht, dann leiten wir diese an die zuständigen Behörden wie zum Beispiel Gewerbeaufsichtsamt oder Zoll weiter. "
Kommentar: Auf dem Rücken der Menschen
Könnten sich die Angestellten in den Pflegeberufen vom öffentlichen Lob und der Anerkennung etwas kaufen, dann würden sie in Geld baden. Gerade in der Corona-Krise haben sich die Politiker im scheinheiligen Schreien nach besserer Bezahlung der Sozialberufe gegenseitig übertroffen. Doch ändern wird sich auch nach Corona nichts, garantiert.
Wer seine Mitarbeiter anständig behandelt und nach Tarif entlohnt , der hat gegen die Billigheimer mit oft unqualifizierten und schlecht bezahlten Kräften keine Chance.
Das ist in der Pflegebranche nicht anders als im Schlachtgewerbe (siehe Fall Tönnies) oder auf dem Bau, wo sich Firmen auf dem Rücken von Arbeitsnomaden aus Osteuropa eine Ausschreibung nach der anderen schnappen - selbst von der öffentlichen Hand. Auch in Kulmbach. Denn es gilt nur das eine Prinzip: der Günstigste gewinnt.
Deshalb: Bei allen öffentlichen Vergaben müsste Tariftreue Grundbedingung sein. Diese Fairness sollte sich die Gesellschaft leisten.
Und wenn schon im Dienst am Menschen Wettbewerb unter den Anbietern gewollt ist, dann darf er nicht auf dessen Rücken ausgetragen werden. Am Ende leiden die Patienten unter dem Preiskrieg in der Branche, denn Billig und Qualität passen nicht zusammen. Damit am Ende nicht nur der Anbieter übrig bleibt, der seine Leute ausbeutet und gegen Arbeitsgesetze verstößt, sind die Behörden gefordert. Gewerbeaufsicht und Zoll, bitte übernehmen!