Kulmbacher Kuratoriumsvorsitzender: "Die Freiheit verteidigen"

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Wolfram Brehm ist aktuell Vorsitzender des Kreiskuratoriums Deutsche Einheit. Foto: privat
Wolfram Brehm ist aktuell Vorsitzender des Kreiskuratoriums Deutsche Einheit. Foto: privat

Vor 60 Jahren wurde die Mauer gebaut. Wolfram Brehm plädiert für Erinnerung, aber auch für gemeinsame Zukunftsprojekte.

Das Kreiskuratorium "Tag der Deutschen Einheit" versucht, die Erinnerung an Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands wach zu halten. Aus Anlass der 60. Wiederkehr des Beginns des Mauerbaus durch die DDR am 13. August haben wir mit seinem Vorsitzenden Wolfram Brehm gesprochen.

Herr Brehm, 60 Jahre Mauerbau - was geht Ihnen als Vorsitzender des Kreiskuratoriums "Tag der Deutschen Einheit" da durch den Kopf?

Wolfram Brehm: Der Bau der Mauer war eine Zäsur in der deutschen Geschichte und deutlich sichtbares Zeichen des "Kalten Krieges", in dem sich zwei rivalisierende Machtblöcke nahezu unversöhnlich gegenüber standen. Sie war aber auch ein Akt der Hilflosigkeit. Mit der Mauer wollten die Machthaber der DDR die eigene Bevölkerung an der Ausreise hindern. Die Geschichte hat gezeigt, wie stark der Wunsch nach Freiheit ist und ein Volk sich auf Dauer nicht einsperren lässt. Ich bin selbst mit der Mauer aufgewachsen und froh, dass es sie heute nur noch als Museum gibt.

Welche Beziehung kann man denn aus dem historischen Datum zur heutigen Zeit herstellen, was können wir für den aktuellen gesellschaftlichen Diskurs mitnehmen?

Die Kernbotschaft hat sich nicht verändert: die Freiheit ist ein hohes Gut, das es zu verteidigen gilt. Viele Menschen in unserem Land sehen ihre persönliche Freiheit als naturgegeben an. Doch die letzten Jahre haben gezeigt, wie verletzlich ein freiheitlicher Rechtsstaat sein kann und wie schnell einfache Parolen Platz greifen. In Weißrussland wird die Opposition weggesperrt und von der Straße geprügelt. Und selbst in vermeintlich stabilen Staaten innerhalb der EU oder in den USA gibt es Entwicklungen, die uns Sorgen bereiten müssen. Die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands ist eine Geschichte mit Happy End, die allen weltweit unter Unterdrückung lebenden Menschen zeigt, dass Veränderung möglich ist. Das kann Hoffnung geben.

Welche Möglichkeiten sehen Sie denn als Vorsitzender des Kreiskuratoriums, die Themen Mauerbau, Unrechtsstaat DDR und Deutsche Einheit hier in Kulmbach stärker in die Öffentlichkeit zu bringen?

Die deutsche Teilung und auch der Fall der Mauer müssen Anlass sein, an das durch die DDR-Unrechtsherrschaft entstandene Leid zu erinnern. Es gibt immer weniger Zeitzeugen, die aus der eigenen Erfahrung berichten können, und neue Generationen wachsen mit neuen, anderen Herausforderungen auf. Wir müssen verhindern, dass neue Mauern in den Köpfen entstehen. Unser Ziel muss es sein, wieder mehr Menschen zu einem eindeutigen Bekenntnis für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu bewegen, junge Menschen für politische Themen und politische Streitkultur zu interessieren - und noch deutlicher daran zu erinnern, dass unsere demokratische Grundordnung eben nicht selbstverständlich ist und verteidigt werden muss.

Am 3. Oktober gibt es eine jährliche Feierstunde - wie könnte sich denn die Veranstaltung verändern, um mehr Menschen für die Thematik zu interessieren?

Die jährliche Feierstunde am Mahnmal an der Berliner Brücke ist bisher eine reine Gedenkveranstaltung, die wir weiterentwickeln wollen. Schließlich ist der 3. Oktober unser Nationalfeiertag, an dem wir mit gutem Gewissen auch fröhlich ein Deutschlandfest feiern können, ohne dabei die mahnende Erinnerung zu vernachlässigen. Corona hat uns da leider bisher einen Strich durch die Planungen gemacht. Zugleich laden wir aber auch alle gesellschaftlichen Gruppen in Stadt und Landkreis ein - Kultur, Kirchen, Schulen, Jugendorganisationen, Politik und viele mehr - mit uns gemeinsam Initiativen zu entwickeln, um für die Demokratie und eben die Freiheit als hohes Gut zu werben.

Die gemeinsamen Aktivitäten von Kulmbach und seiner thüringischen Partnerstadt Saalfeld sind aktuell sehr überschaubar. Könnte ein weiterer Ansatz sein, sich zu der Thematik stärker auszutauschen und gemeinsame Aktivitäten abzustimmen?

Mit ihrer Partnerstadt Saalfeld pflegt die Stadt Kulmbach einen sehr engen Austausch. Die Städtepartnerschaft wurde schon 1988 besiegelt, also noch zu DDR-Zeiten. In den vergangenen Jahrzehnten sind viele Begegnungen erfolgt und Freundschaften entstanden. Vor allem die Freiwilligen Feuerwehren und die Fotoclubs tun sich da hervor. Die geringe räumliche Entfernung ist sicher ein Vorteil. Eine zentrale Herausforderung ist aber auch hier, vom reinen Erinnern weg zu gemeinsamen Zukunftsprojekten zu kommen, um die Menschen mitzunehmen. Das Kreiskuratorium kann dabei nur Steigbügelhalter für die politisch Verantwortlichen in Kulmbach und Saalfeld sein, die solche Projekte diskutieren und verabschieden müssen.