Thomas Goger, Pressesprecher des Landgerichts Bayreuth, äußert sich zu Verfahren nach dem Jugendstrafrecht und zu Strafrahmen. Anlass ist Kritik an dem Urteil gegen die junge Frau, die nach dem Bierfest 2012 einen Mann angefahren hatte, der an den Folgen starb.
Harte Kritik an dem Urteil, das das Jugendschöffengericht Kulmbach am Dienstag gefällt hat, wurde unmittelbar danach auf Facebook und inFran ken.de laut. Zum Teil wurden dabei Fragen gestellt, die wir an Thomas Goger, Richter am Landgericht Bayreuth und Pressesprecher dort, herangetragen haben:
Wonach richtet sich die Entscheidung, ob ein Verfahren nach Jugendstrafrecht durchgeführt wird?
Thomas Goger: Dies richtet sich nach dem Alter des Angeklagten zur Tatzeit. Wer mindestens 14, aber noch keine 18 Jahre alt ist, auf den wird immer Jugendstrafrecht angewendet. Bei jungen Menschen zwischen 18 und 21 Jahren kommt es darauf an, ob sie in ihrer Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstehen oder ob es sich um eine jugendtypische Tat handelt. In beiden Fällen wird auch bei sogenannten Heranwachsenden Jugendstrafrecht angewendet.
Das Recht, ein Kraftfahrzeug zu führen, spielt bei der Einschätzung keine Rolle?Bei der Frage, ob ein Heranwachsender einem Jugendlichen gleich steht, spielen viele Aspekte eine Rolle. So ist zum Beispiel relevant, ob der junge Mensch sein Leben bereits eigenständig führt oder zum Beispiel noch bei den Eltern wohnt und in einer Ausbildung steht. Die Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ist allenfalls ein Punkt unter vielen, der zu berücksichtigen ist.
Welche Kriterien gelten für den Straftatbestand der fahrlässigen Tötung?Bei der fahrlässigen Tötung muss ein fahrlässiges Verhalten des Täters zu der Tötung eines anderen Menschen geführt haben. Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn der Täter nicht sorgfältig genug handelt und dies auch erkennen kann. Außerdem muss er vorhersehen können, dass sein Verhalten zum Tod eines Menschen führen kann.
Was unterscheidet dieses Sonderstrafrecht vom Erwachsenenstrafrecht?Im Jugendstrafverfahren steht der Erziehungsgedanke im Mittelpunkt. Es geht nicht in erster Linie darum, den jungen Menschen zu bestrafen, sondern so auf den jungen Menschen einzuwirken, dass er künftig keine Straftaten mehr begeht. Den Jugendgerichten stehen hierzu zahlreiche Möglichkeiten offen, die im Erwachsenenstrafrecht nicht bestehen. So können maßgeschneiderte Pakete von Auflagen und Weisungen verhängt werden, die sich ganz auf die spezielle Situation des jeweiligen Angeklagten richten. Anders als bei Erwachsenen kann gegen Jugendliche und Heranwachsende auch Arrest verhängt werden.
Wenn ein Kraftfahrer bei einer Verkehrskontrolle mit 1,4 Promille Alkohol erwischt wird, welche Sanktion droht ihm maximal?
Wenn ein erwachsener Kraftfahrer, ohne jemanden zu gefährden, eine Trunkenheitsfahrt begeht, sieht das Gesetz Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vor. Wer nicht vorbestraft ist, muss in der Regel mit einer Geldstrafe rechnen. Die allgemeinen Strafrahmen gelten im Jugendstrafrecht aber nicht. In beiden Fällen droht jedoch noch der Entzug der Fahrerlaubnis. Nach Ablauf einer Sperrfrist muss diese dann neu beantragt werden.
Was sieht der Strafrahmen für eine Unfallflucht vor?
Erwachsene Täter müssen bei unerlaubtem Entfernen vom Unfallort mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. Auch hier hat der nicht vorbestrafte Ersttäter in der Regel mit einer Geldstrafe zu rechnen. In vielen Fällen wird, wenn der Schaden gering ist, das Verfahren auch gegen Geldauflage eingestellt.
In der Diskussion werden verschiedene Ordnungswidrigkeiten und Straftaten angeführt, ohne dass klar ist, welche Sanktionen drohen. Können Sie uns da bitte eine Orientierung geben: Jemand bezahlt seinen Strafzettel nicht, jemand lädt illegal Musik down, jemand ist einen Monat mit seiner Miete im Verzug und wird von seinem Vermieter wegen Betrugs angezeigt, jemand zündet ein Haus an?
Das lässt sich so allgemein nicht beantworten. Feste "Tarife" für bestimmte Arten von Straftaten gibt es weder im Gesetz noch in der Praxis, da jeder Fall anders gelagert ist. Leider kursieren in der Öffentlichkeit oftmals Strafhöhen für einzelne Delikte, die allenfalls im konkreten Einzelfall zutreffen. Wer einen "Strafzettel" nicht bezahlt, muss übrigens zunächst mit einem Bußgeldbescheid rechnen. Wer dann immer noch nicht zahlt, dem droht unter Umständen Erzwingungshaft von wenigen Tagen.
Warum entsteht Ihrer Meinung nach beim Laien, insbesondere bei Betroffenen, mitunter der Eindruck, Sanktion und Tat stünden im Missverhältnis? Die Öffentlichkeit kennt meist nur einen Teil der Wahrheit. Die Richter müssen aber alle Umstände berücksichtigen, die für und gegen den Angeklagten sprechen. An dem Urteil im konkreten Fall haben übrigens auch zwei Schöffen, das heißt Laienrichter, mitgewirkt.
löst nicht der sanktionsrahmen, wie es wohl richtigerweise im jugend- und heranwachsendenstrafrecht heissen muss aus, vielmehr die verfahrenshandhabung. sanktion steht immer im zusammenhang mit der tat und der persönlichkeit des täters, hat also tat- und schuldangemessen zu erfolgen, mit der konsequenz, dass grundsätzlich kein verfahren mit einem anderen verglichen werden kann.
was aber befremdlich wirkt, ist dass dem grundsatz, so schnell als möglich nach der tat die hauptverhandlung anzuberaumen, um auch hiermit auf den täter einzuwirken, zu wider gehandelt worden ist. es geht beim tode eines menschen wohl schwerlich an, die anterminierung der hauptverhandlung von ausbildungsfragen des täters abhängig zu machen.
auch die frage der vermeidbakeit wird zwei seiten haben, wobei die zweite seite etwas zu kurz gekommen sein dürfte, denn die frage, hätte der fussgänger gerettet werden können, wenn sofort hilfe geholt worden wäre, bleibt irgendwie unbeantwortet, geht im verfahren einfach unter.
120 Stunden gemeinnützige Arbeit als Strafe. Wow, was für ein hartes Urteil.....! Hier kommt mal wieder die Kuscheljustiz zum Vorschein. Was ich aber besonders unglaublich finde, ist die Begründung des Pressesprechers des Landgerichts, Goger.
Wie kann ein jugendlicher "nur" zu 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt werden. Hallo? Diese Dame hatte einen wahnsinnigen Alkoholgehalt im Blut, sie bemerkte, daß sie etwas anfuhr. Sie hielt nicht an. Sie kümmerte sich überhaupt nicht darum, was passiert sein könnte. Das ist schon mal Fahrerflucht. Und erst Stunden später kehrt sie wieder an den Unglücksort zurück und holt dann erst Hilfe. Fahrerflucht mit fahrlässiger Tötung unter Volltrunkenheit....wie kann hier ein Urteil von 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit ausreichend sein.
Außerdem wundert es mich, daß diese Dame ihr Auslandssemester so ohne weiteres weiter machen durfte( komisch, komisch )????? So ein Fall muß schleunigst bearbeitet werden. Mag sein, daß das Opfer auch seinen Teil zu diesem schrecklichen Unfall beigetragen hat, aber er ist leider nicht mehr am Leben! Wer denkt an dessen Angehörigen?
Die junge Dame hätte nicht nur eine fette Bewährungsstrafe verdient gehabt, sie hätte sie auch bekommen müssen! Und ab 18 Jahren müße sowieso nach Erwachsenenstrafrecht geurteilt werden. Aber man will ihr ja nicht die Zukunft verbauen! Hat man schon mal drüber nachgedacht, daß das Opfer vielleicht Frau und Kinder gehabt haben könnte? Wer denkt an dessen Zukunft?
So langsam sinkt das Vertrauen in unsere Justiz!
Es ist eine Frechheit was "im Namen des Volkes" da verkündet wird !
Verglichen mit anderen Vergehen und Straftaten.
Bei Schnee und Eis hieße das, nicht angepaßte Geschwindigkeit. Wenn man einen Menschen totfährt, heißt, der Unfall war unvermeidlich. Bei normaler Reaktionsfähigkeit und zu kurzem Bremsweg kann man bei einer Sicht von 15-20 Metern und 70 km/h einem Hindernis immer noch durch gegenlenken ausweichen. Das sagt der Laie, nicht der Sachverständige. Bei 1,4 Promille und anderem Drogeneinfluß natürlich wg. Fehlender Reaktionsfähigkeit unvermeidlich.