Kleine Läden: Service zählt mehr als der Umsatz

3 Min
Maria Schwaig kauft gerne Kleinigkeiten "beim Kreuzter" ein. Ihr Geld lässt sie sich von Verkäuferin Bertina Haber aus dem Geldbeutel zählen - man kennt sich, und man vertraut sich. Fotos: Katharina Müller-Sanke
Maria Schwaig kauft gerne Kleinigkeiten "beim Kreuzter" ein. Ihr Geld lässt sie sich von Verkäuferin Bertina Haber aus dem Geldbeutel zählen - man kennt sich, und man vertraut sich. Fotos: Katharina Müller-Sanke

Nach der Schließung des Edeka-Marktes gibt es in der Siedlung keinen großen Lebensmittelmarkt mehr. Aber nicht alle Bewohner nutzen das Angebot der kleinen Läden.

Zwei Brötchen, einen Liter Milch - das macht dann 1,78 Euro. Maria Schweig kauft gerne in der Bäckerei Kreuzer in der Siedlung ein. Dort gibt es neben Brot und Brötchen auch Waren des täglichen Bedarfs von Nudeln über Joghurt bis zum Katzenfutter. "Wir haben zwar keine riesengroße Auswahl", sagt Verkäuferin Helga Rösner, die schon seit vielen Jahren "beim Kreuzer" in der Siedlung hinter dem Verkaufstresen steht, aber eigentlich ist alles da.

Doch die großen Supermarktketten lassen sich von kleinen Summen in kleinen Läden nicht beeindrucken. Hier 1,78 Euro, da mal 3,15 Euro - für solche Umsätze interessieren sich Edeka, Lidl und Co. einfach nicht.
Die Verkäuferin kann´s verstehen: " Wegen des guten Umsatzes wird das Lebensmittelgeschäft sicher nicht betrieben", sagt sie " unsere Chefs sehen es wohl mehr als guten Service am Kunden."

Vor allem alte Menschen sind darauf angewiesen, dass sie die Lebensmittelgeschäfte gut erreichen.
Und da sind die Möglichkeiten für die Bewohner der Siedlung nach der Schließung des Edeka-Marktes in der Bayreuther Straße doch recht eingeschränkt. Betina Haber hat dort gearbeitet - in der Filiale der Firma Kreuzer, die sich im Edeka-Markt befand. Nun steht sie in der Siedlung hinterm Ladentisch. Sie fühlt sich wohl in dem kleinen Laden und betont, dass man, was die Vielfalt des Sortiments angehe, nicht mit den Discountern mithalten könne. "Aber beim Preis, da muss der Kunde kaum Abstriche machen."

Rund 4000 Menschen leben in der Siedlung. Eigentlich ein riesiges Potenzial. Dennoch: Die Schließung des Edeka-Ladens hat dem kleinen Geschäft nur unwesentlich mehr Kunden beschert, ist zu erfahren. Eine ältere Dame, die gerade auf der Straße unterwegs ist sagt, ihre Söhne fahren sie einmal die Woche zum Einkaufen, im Lädchen kaufe sie nur das Nötigste. Und der Stadtbus fahre schließlich auch alle halbe Stunde - falls einmal außer der Reihe etwas zu besorgen sei.

Post und Kleinigkeiten

Die Frau ist nicht die einzige, die das so sieht. Das weiß man auch bei der Stadt Kulmbach. "Wir versuchen oft, wenn sich große Supermarktketten in der Stadt ansiedeln wollen, sie dazu zu bringen, auch in den Wohngebiete kleine Zweigstellen zu eröffnen. Aber die meisten weigern sich. Der Umsatz ist wohl zu gering", sagt Pressesprecher Simon Ries.

Im Siedlerladen ein paar hundert Meter weiter sieht die Lage nicht besser aus: Dort gibt es eine Post-Filiale und Getränke, aber auch ein paar Lebensmittel. "Wenn ich etwas vergessen habe oder wenn ich sowieso zur Post muss, dann kaufe ich hier ein paar Kleinigkeiten - vor allem um den Laden zu unterstützen", sagt Tina Ernstberger, die auf dem Heimweg vom Familiencafé in der Stadt mit ihrer Tochter kurz hier angehalten hat.

Auch der Kulmbacher Komiker Stefan "Das Eich" Eichner wohnt mit seiner Familie in der Siedlung, schaut fast jeden Abend im "Siedlerladen" vorbei und gibt dort seine Post ab. "Lebensmittel kaufen wir dort aber kaum", sagt er. "Als das Sortiment vor einigen Jahren noch größer war, mit ein bisschen Obst und Gemüse aus heimischem Anbau, da sind wir eher mal hier vorbei".

Ein fataler Kreislauf: Je weniger Lebensmittel angeboten werden, umso weniger Menschen kommen. Je weniger Kunden da sind, umso kleiner fällt das Sortiment aus. Thomas Vogt, der täglich im "Siedlerladen" steht, den seine Frau betreibt, betont: "Von dem Erlös aus dem Laden könnten wir nicht leben!" Seine Frau hat noch einen anderen Job; er selbst kann aus gesundheitlichen Gründen nicht in seinem früheren Beruf arbeiten.

Die Vogts betreiben den Laden als Familienunternehmen. Auch Vater Hans packt mit an, wenn es Not tut: Er ist vor allem für das Ausfahren der Getränke zuständig. Die gibt´s vom Siedlerladen nämlich ohne Aufpreis nach Hause geliefert, doch auch dieser Service wird nur schlecht angenommen.

Sie jammern nur

"Viele alte Leute quälen sich lieber selbst zum Aldi oder Lidl oder lassen sich von großen Ketten beliefern, anstatt sich die Sachen von uns bringen zu lassen," sagt Vater Hans. Und Sohn Thomas ergänzt: "Die Leute jammern, dass die kleinen Läden zumachen, aber dort einkaufen tun sie auch nicht - das passt doch irgendwie nicht zusammen."

Stefan Eichner hat beobachtet: "Das Gesicht der Siedlung ändert sich - es findet ein Generationenwechsel statt. Viele Häuser werden renoviert. Junge Familien ziehen her."

Vielleicht ist das ein gutes Zeichen. Für die kleinen Geschäfte in dem Stadtteil. Aber auch für das traditionsreiche Wirtshaus "Siedlerheim". Auch das hat geschlossen. Vorläufig jedenfalls.