Kinder am Handy: Eltern sind gefordert

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Tunnelblick auf das Handy: Eltern sollten Kindern Grenzen setzen, sagt Katrin Gnamm vom Diakonischen Werk. Symbolbild: Jean Kobben/adobe.com/Archiv
Tunnelblick auf das Handy: Eltern sollten Kindern Grenzen setzen, sagt Katrin Gnamm vom Diakonischen Werk.  Symbolbild: Jean Kobben/adobe.com/Archiv
Katrin Gnamm
Katrin Gnamm
 

Sind Kinder, die über Stunden am Smartphone hängen, süchtig? Eine Frage, die Katrin Gnamm vom Diakonischen Werk beleuchtet.

"Leg das Ding jetzt weg!" Ein Satz, der wohl in vielen Familien fällt, wenn das Kind vom Smartphone nicht mehr wegzubringen ist. Moralpredigten sind aber oft der falsche Weg, um übermäßigem Handykonsum entgegenzuwirken. Eltern müssten das eigene Medienverhalten überprüfen, um ihrer Vorbildfunktion gerecht werden zu können, dem Nachwuchs Aufmerksamkeit schenken und Alternativen bieten. Aber auch klare Grenzen setzen, sagt Suchtberaterin Katrin Gnamm vom Diakonischen Werk Bayreuth, das eine Außenstelle in Kulmbach hat. Frau Gnamm, ab wann würden Sie jemanden als handysüchtig bezeichnen? Katrin Gnamm: Die Smartphone-Sucht ist anders als die Spielsucht im Internet noch keine anerkannte Diagnose. Doch gibt es bei den Kriterien schon Parallelen. Wer ständig am Handy ist, es nicht schafft, das Smartphone auch mal wegzulegen, und andere Interessen mehr und mehr vernachlässigt, dem kann man zumindest eine Suchtgefahr attestieren. Wie lange sollten Eltern ihre Kinder am Handy lassen? Eine pauschale Antwort kann man da nicht geben. Das hängt von vielen Faktoren ab, auch davon, ob ein Kind schon als verantwortungsbewusst eingestuft werden kann oder es noch verspielt ist. Es gibt Experten, die raten, dass man pro Lebensjahr zehn Minuten Medienkonsum gewähren sollte. Da sind dann aber auch die Zeiten inbegriffen, in denen die Kinder vor dem PC und Fernseher sitzen.

Äußerst bedenklich halte ich es, wenn Jungen und Mädchen schon zum Schulstart ein Smartphone geschenkt bekommen. Bei allen Überlegungen sollte man nämlich beachten, dass Kinder bis zum Ende der Pubertät zu keinem kontrollierten Umgang mit Medien fähig sind. Sie benötigen eine Begleitung, um einen verantwortungsvollen Umgang zu lernen.

Was Eltern zum Nachdenken anregen sollte, ist ein Vergleich: Wer mit einem Tunnelblick auf einen Bildschirm schaut, dessen Wahrnehmung ist etwa so eingeschränkt, als hätte er ein Promille Alkohol im Blut. Bei den Hausaufgaben ist das Handy sicherlich ein No-Go, oder?Bei den Hausaufgaben sollte das Handy raus aus dem Zimmer. Und auch dann, wenn man das Mathebuch zugeschlagen hat, sollte man nicht gleich zum Smartphone greifen, denn das menschliche Gehirn braucht Zeit, um das neu erworbene Wissen zu verarbeiten und abspeichern zu können. Eltern haben eine Vorbildfunktion. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang deren eigener Medienkonsum?Es ist wichtig, dass Eltern ihr eigenes Verhalten unter die Lupe nehmen. Wer selbst ständig am Handy ist, muss sich nicht wundern, wenn die Kinder es auch nicht mehr weglegen. Was Vater und Mutter vorleben, macht der Nachwuchs in vielen Lebensbereichen nach. Welche Maßnahmen können Eltern ergreifen, um die Kinder vom Smartphone wegzubekommen?Man sollte klare Grenzen setzen, handyfreie Zonen und Zeiten festlegen. Dann dürfen aber auch Vater und Mutter das Handy nicht benutzen. Eltern sollten sich auch fragen, ob die Kinder einen Internetzugang brauchen. Wenn sie diese Frage mit Ja beantworten, kann man sich auch überlegen, sie mit einem Teil ihres Taschengeldes an der Finanzierung des Handyvertrags zu beteiligen. Sind Moralpredigten der falsche Weg? Moralpredigten sind wohl nur selten hilfreich. Wichtig ist es vielmehr, dass die Eltern den Kindern Aufmerksamkeit schenken, mit ihnen über die Gefahren der virtuellen Welt reden und mit ihnen den Blick auch auf analoge Dinge richten. Wer sich mit ihnen beschäftigt, sich Zeit für Gemeinschaftsspiele oder spannende Aktivitäten in der freien Natur nimmt, der zeigt ihnen alternative Freizeitmöglichkeiten auf. Wenn sich Kinder aus Langeweile mit dem Handy oder am PC die Zeit vertreiben, dann kann es gefährlich werden.