Die Heizkosten hält Canellou für das kleinere Problem. Ausschlaggebend seien, so sagt sie, die Stromkosten. Licht, Kühltruhen, Back-Shop - das geht ins Geld. Nicht minder wichtig sei allerdings die Akzeptanz in der Bevölkerung. "Wenn die Leute in einem solchen Markt nur das kaufen, was sie beim Einkauf in einem großen Markt vergessen haben, dann rechnet sich das nicht und der Markt hat keine Zukunft."
Canellou, die schon viele solcher Märkte von der Idee bis zur Eröffnung begleitet und die Träger beim Weg durch einen Dschungel an Vorschriften und Förderrichtlinien begleitet hat, rät dazu, auf jeden Fall durch einen Experten eine Standortanalyse vornehmen zu lassen. "Der zu erwartende Umsatz darf eine bestimmte Grenze nicht unterschreiten - sonst ist das Vorhaben zum Scheitern verurteilt."
Bei der Besichtigung der Ladenräume stellt Canellou viele Fragen: Wo können Lieferfahrzeuge entladen werden? Wo ist in dem mehrstöckigen Ladenlokal Platz für Umkleide- und Sozialräume, die Tageslicht benötigen? Wie viel Lagerfläche im Keller ist nötig? Wo könnten die diversen Tonnen für Bio-, Verpackungs- und Restmüll sowie für Fleischabfälle stehen? Und vor allem: Lässt sich eine Alternative finden zum bestehenden Aufzug? Der nämlich ist zu klein für handelsübliche Rollcontainer.
Viele Fragen, viele Probleme - und ein wenig Skepsis, ob der CAP-Markt an der geplanten Stelle entstehen kann. Aber Dagmar Keis-Lechner, der das Engagement für behinderte Menschen privat und politisch ein großes Anliegen ist, will notfalls weitersuchen: "So ein Markt wäre für die Kulmbacher Innenstadt eine tolle Sache!
CAP-Märkte: Was sie sind und wie sie funktionieren
CAP-Märkte gehören zu den sozialen Projekten, die in unserer Region noch einen geringen Bekanntheitsgrad haben, obwohl es sie schon seit 20 Jahren gibt. CAP steht für Chance, Arbeit, Perspektive.
Entwickelt hat das Konzept die gdw, die Genossenschaft der Werkstätten für behinderte Menschen Süd, die ihren Sitz in Stuttgart hat. Sie konzipiert die Märkte, die dann vor Ort von einem lokalen Träger - üblicherweise einem Sozial- oder Wohlfahrtsverband - betrieben werden.
Grundidee der Märkte ist es, dort, wo sich große Lebensmittelgeschäfte aus Innenstädten zurückgezogen haben, einen Versorgungsengpass zu schließen und gleichzeitig Menschen mit Behinderung längerfristig sichere Arbeitsplätze zu bieten.
Diese besetzen bis zu 50 Prozent der Arbeitsplätze in den Märkten. Sie arbeiten dort auf Positionen, die genau auf ihre individuellen Fähigkeiten abgestimmt sind. 107 solcher Märkte gibt es derzeit in Deutschland. Beschäftigt werden dort rund 900 Menschen mit Behinderung. Die Märkte haben ganz unterschiedliche Größen. Der kleinste hat nur 180 Quadratmeter Verkaufsfläche, der größte zehnmal so viel.
Regionalität
Hauptlieferant der Märkte ist die Edeka-Gruppe, die allen Märkten gleiche Einkaufskonditionen bietet, so dass sie auch wirklich wettbewerbsfähig bleiben können. Im Sortiment spielt Regionalität eine große Rolle: Mehl, Honig, Käse und vieles mehr werden, wann immer möglich, von Produzenten aus der näheren Umgebung bezogen.
Der von Kulmbach aus nächstgelegene Markt befindet sich in Stammbach. Ein reiner Ausbildungsmarkt, wie Fachberaterin Maria Canellou erläutert. Betreiber ist das Berufsbildungswerk der Diakonie Hochfranken, die dort etlichen ihrer Schützlinge eine Berufsausbildung ermöglicht.
Einen CAP-Markt gibt es auch in der Kulmbacher Partnerstadt Saalfeld. Die Rahmenbedingungen sind dort ähnlich wie in Kulmbach. Saalfeld hat nur wenig mehr Einwohner. In der Innenstadt gab es keinen Lebensmittelmarkt mit einem Vollsortiment mehr - so wie in Kulmbach nach der Schließung der Kaufland-Filiale. Der Saalfelder CAP-Markt, der von der Arbeiterwohlfahrt auf 250 Quadratmetern Fläche betrieben wird, liegt zentral direkt am Marktplatz. Und er wird gut angenommen, wie Maria Canellou betont: "Das ist einer unserer besten Märkte. Der läuft richtig gut."