Renate Teupert und Anett Klötzer betreiben in Himmelkron einen Lebensmittel- und einen Blumenladen. Bisher hielten die Kunden direkt vor ihrer Tür. Doch jetzt macht ihnen ein absolutes Halteverbot das Leben schwer.
Renate Teupert betreibt ihren Tante-Emma-Laden in Himmelkron schon in der dritten Generation. Seit mehr als hundert Jahren gibt es in der Markgrafenstraße ein Lebensmittelgeschäft. So war es immer - und so sollte es auch bleiben, hat sie sich gewünscht. Sie hat eine Lottoannahmestelle und eine Postagentur integriert. Der Laden läuft und ist auch zukunftsträchtig aufgestellt. "Ich weiß, dass ich nicht mit den Supermärkten und Discountern konkurrieren kann, aber ich habe alles, was man braucht. Und das ist für die Leute, die zu mir kommen, wichtig", sagt Teupert.
Vor allem diejenigen, die morgens schnell mal anhalten, um eine Zeitung oder eine andere Kleinigkeit mitzunehmen, sind treue Kunden. Von ihnen lebt Renate Teupert, die alles im Sortiment hat, was im Alltag notwendig ist: Gewürze, Schnürsenkel, Briefumschläge und -marken, Schokolade und Getränke, Obst und Gemüse.
Plötzlich aber ist alles anders: Seit ein paar Tagen sind direkt vor dem Lebensmittelgeschäft Schilder angebracht worden: absolutes Halteverbot.
Parkplätze reichen nicht aus "Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum das ausgerechnet und nur vor meinem Laden sein muss", schimpft Renate Teupert. Sie hat sich bereits an den Bürgermeister und an das Landratsamt gewandt. Die Neugestaltung des Ortskerns ist vermutlich der Hintergrund für den Sinneswandel der Behörden. Denn direkt neben dem Edeka-Laden ist ein optisch attraktiver Platz angelegt worden, der auch einige Parkplätze vorhält.
Die sind aber meist belegt, oft von Dauerparkern. "Für die letzten vier Nahversorger - Kulmbacher Bank, Metzgerei Pöhlmann, Blumenladen und unserem Edeka-Markt - reichen die Parkplätze jedenfalls nicht aus", moniert Teupert und befürchtet Umsatzeinbußen. "Ich biete derzeit sechs Arbeitsplätze, aber wenn meine Schnellkunden ausbleiben, kann ich das nicht verkraften", glaubt sie.
Ein weiteres Problem ist die integrierte Poststelle im Edeka-Laden. Die holen auch schwere Pakete ab. "Es ist ihnen einfach nicht zuzumuten, dass sie diese vom Parkplatz um die Ecke bis zu mir schleppen", so Teupert.
Dass das absolute Halteverbot zurückgenommen wird, erscheint unwahrscheinlich. "Die Polizei führte aus, dass ein Halteverbot für erforderlich gehalten wird, weil dort stets parkende Autos angetroffen werden", erklärt Regierungsrätin Kathrin Limmer vom Landratsamt Kulmbach in einem Schreiben.
"Von der B 303 kommend bildet die Staatssstraße 2182 an besagter Stelle eine Kurve. Im unmittelbaren Anschluss folgt die rechtsseitige Einmündung Bauhof und unmittelbar danach eine Fußgängerfurt mit einer auf Bedarf schaltenden Lichtanlage für Fußgänger. Durch die parkenden Fahrzeuge werden die Örtlichkeit und die Verkehrssituation unübersichtlich und unfallgefährdend", schreibt Limmer.
Auch das Staatliche Bauamt, das für die Straße zuständig ist, hat die bisherige Verkehrssituation als kritisch bewertet. Aufgrund des hohen Aufkommens parkender Fahrzeuge ohne größere Lücken müsse der Verkehr in Richtung Trebgast an diesen Autos vorbeifahren, ohne an diesen gut vorbeisehen zu können. "Begegnungen mit Fahrzeugen auf Höhe der geparkten werden insbesondere dann zum Problem, wenn sich Autos und Lkw oder zwei Lastwagen begegnen", erklärt das Staatliche Bauamt.
Hinzu komme, dass in diesem Bereich verstärkt Menschen mit Behinderung verkehren oder Sehbehinderte - wegen der Nähe zu den Himmelkroner Heimen. Das Staatliche Bauamt hält es deshalb für zumutbar, zu den 30 bis 50 Meter entfernten Parkplätzen zu laufen. "Die Sicherheitsaspekte haben hier Vorrang vor eventuellen wirtschaftlichen Interessen", sagt Kathrin Limmer.
"Nicht vom Himmel gefallen" Hinzu komme, dass das absolute Halteverbot nicht urplötzlich vom Himmel gefallen, sondern seit vielen Jahren geplant sei, und jetzt einfach umgesetzt werde. "Die Entscheidung wurde so lange zurückgestellt, bis der Parkplatz der Gemeinde fertig gestellt war, so dass jetzt die Möglichkeit des Parkens in unmittelbarerer Nähe zur Ortsmitte und den Geschäften erhalten bleibt", so die Regierungsrätin und bekräftigt, dass das Halteverbot bestehen bleibt.
" ... dann wird hier gerast" Die Gewerbetreibenden verstehen das nicht. "Die Leute sind es gewohnt, dass hier kurz geparkt wird. Wenn das wegfällt, wird hier gerast, und die Leute halten mit quietschenden Reifen an der Ampel", kommentiert Heinz Teupert.
Auch die Betreiberin des Blumenladens, Anett Klötzer, ist mehr als verärgert. "Mich regt dieses absolute Halteverbot natürlich auf. Wer hält denn hier? Nur unsere Kunden, die kurz mal Blumen raustragen und einladen oder eben schnell einen Strauß abholen. Die parken ja nicht dauerhaft hier."
An eine Existenzbedrohung will Klötzer noch gar nicht denken. Tatsächlich haben die Geschäftsbetreiber aktuell noch keine Umsatzeinbußen zu verzeichnen, denn die Halteverbotsschilder hat schlicht und ergreifend noch niemand bemerkt - oder bemerken wollen.
Selbst Maxhuni Jeton, der täglich für die Post Pakete abholt, weiß nichts von der Änderung der Verkehrsregelung. Er darf mit dem Postauto ohnehin auf den Gehweg fahren und lädt dort ein und aus. "Aber kurze Wege sind natürlich wichtig. Bei uns hat das auch etwas damit zu tun, dass wir Zeiten einhalten müssen", sagt er.
Auch Anwohner Thomas Russol kann nur mit dem Kopf schütteln. "Die Leute rasen hier durch", klagt er. "Wenn hier Autos parken, fahren die anderen vorsichtiger. Das ist eine natürliche Verkehrsberuhigung. Die Leute fahren doch nicht in den Parkplatz und laufen dann her, die fahren dann einfach vorbei", sieht Russol schwarz für den Lebensmittelladen. Besonders unverständlich finden Betroffene und Anwohner die Anordnung auch deshalb, weil bei der nahegelegenen Sparkasse und beim Metzger, der direkt in einer Kurve liegt, kein absolutes Halteverbot gilt.
"Da hält man dann nicht mehr" Kunde Sebastian Ramming schleppt unterdessen einen Six-Pack mit 1,5-Liter-Flaschen aus dem Geschäft. Mit seinen 23 Jahren ist er gut zu Fuß, keine Frage. Sicherlich könnte er die Getränke bis zum Parkplatz tragen. Aber: "Das ist doch doof. Wenn ich hier schnell was einkaufe, dann will ich doch nicht erst um die Ecke laufen. Da hält man dann nicht mehr." Außerdem, so Ramming, würden hier vor allem ältere Menschen einkaufen. Für die sei es wichtig, direkt anfahren zu können.
Nun bleibt den Geschäftstreibenden nur die Hoffnung, dass die Situation noch einmal beurteilt wird. Sie wären ja schon mit einem eingeschränkten Halteverbot zufrieden...