Gärtnern für die Wissenschaft

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Lara Kammers (vorne), Fortuna Teku und Yasin Aslantürk säen Sojabohnen und Wildkräuter im Schulgarten.
Lara Kammers (vorne), Fortuna Teku und Yasin Aslantürk säen Sojabohnen und Wildkräuter im Schulgarten.
Dagmar Besand

Ein Experiment für mehr Unabhängigkeit: Mainleuser Schüler beteiligen sich an einem Soja-Anbauversuch der Universität Hohenheim. Sie wollen herausfinden, welche Sorten in unserem Klima gute Ernten versprechen.

Neugierige Blicke richten sich auf den Inhalt eines großen Briefumschlags, den Lehrerin Marga Passing vor Dritt- und Viertklässlern der Grund- und Mittelschule Mainleus ausbreitet. Darin stecken zehn kleine Tütchen, in denen sich jeweils 50 Sojabohnensamen befinden, außerdem ein paar Päckchen Blumensamen. Es ist das Startpaket für ein ganz spezielles Projekt im Schulgarten: einen wissenschaftlichen Versuch, mit dem die Schüler die Forschungsarbeit der Universität Hohenheim unterstützen möchten.

Die Schule beteiligt sich am Soja-Experiment "1000 Gärten", das die Landessaatzuchtanstalt der Uni gemeinsam mit dem Bio-Tofuhersteller Taifun auf die Beine gestellt hat. Das deutschlandweite Projekt mit hilfsbereiten Hobbygärtnern startete 2016. Zum dritten Mal sind Mainleuser Schüler beim Anbauversuch dabei und dokumentieren jeden Entwicklungsschritt der Pflanzen von der Keimung der Samen bis zur Ernte.

Am Ende werden dann Proben aller Sorten zur Analyse nach Hohenheim geschickt. Dort prüfen die Forscher den Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen wie Eiweiß und Öl. Parallel dazu werten sie die von den Gärtnern gesammelten Daten aus.

Genauigkeit ist wichtig

Ein großes Beet im Schulgarten mit insgesamt sechs Quadratmetern Fläche widmen die Schüler dem Projekt. Sie legen die Bohnen in die vorbereiteten, jeweils einen Meter langen Saat-Rillen. Dabei zählen sie die kleinen Kügelchen, damit wirklich in jeder der zehn Reihen exakt 50 Bohnen landen. Der Abstand zwischen den Reihen beträgt 50 Zentimeter, der Abstand zwischen den einzelnen Bohnen zwei Zentimeter. Genauigkeit ist wichtig in der Wissenschaft.

Die jungen Gärtner bedecken die Saat-Rillen mit Erde und treten diese vorsichtig fest. Sie wollten ja nicht, dass Vögel die kleinen Körnchen aus der Erde pickten. Zwischen einem Teil der Soja-Reihen säen die Schüler noch Lein oder Ackerringelblumen. Warum? - Sie locken zum einen Bestäubungsinsekten, zum anderen wird getestet, ob sich diese natürlichen Beikräuter auf den Ertrag der Kulturpflanzen auswirken.

Die Aussaat wird einmal kräftig angegossen, das muss reichen. Denn auf den Feldern kommt auch niemand mit der Gießkanne. Die Pflanze müssen mit dem Regenwasser zurechtkommen.

Nun heißt es warten, beobachten und die Entwicklung genau dokumentieren. Nach und nach geht die Saat auf - und dazwischen jede Menge Unkraut. Dieses zu jäten und damit dafür zu sorgen, dass sich die Sojapflanzen gut entwickeln können, ist Aufgabe der Schüler, der sie gewissenhaft nachkommen müssen, auch wenn sie mal keine Lust dazu haben.

Für Sojaanbau stirbt der Regenwald

Lara Kammers ist eine der Schülerinnen, die sich gerne um das Projekt kümmert. Sie stammt aus Brasilien, einem der größten Soja-Anbauländer der Welt. "Wenn wir Sorten finden, die hier gut wachsen, müssen wir das Soja nicht von weit weg holen", sagt die Schülerin, die sich sorgt, weil in ihrer Heimat der Regenwald abgeholzt wird, um große Anbauflächen zu schaffen. "Das Klima in Deutschland ist ganz anders. Deshalb müssen wir Sorten finden und züchten, die hier gut wachsen."

Lara Kammers, Fortuna Teklu, Ida Herzog und Yasin Aslantürk zählen in jeder Reihe, wie viele Samen nach der ersten, zweiten und dritten Woche aufgegangen sind. Sobald sich die ersten Blüten zeigen, wird auch das genau notiert.

Marga Passing leitet ihre Schüler genau an. In früheren Versuchen waren ältere Kinder beteiligt, die Jüngsten brauchen etwas mehr Regie. "Aber man kann nicht früh genug anfangen zu lernen, wo unsere Nahrung wächst, was es braucht, damit Pflanzen sich gut entwickeln und man am Ende eine gute Ernte hat."

Sojabohnen enthalten viel Eiweiß und spielen nicht nur für die menschliche Ernährung eine Rolle, sondern auch als Viehfutter. Weltweit werden enorme Mengen verbraucht. "Eines der wichtigsten Studienziele ist für uns, frühreife Sojastämme zu identifizieren", erklärt Volker Hahn von der Landessaatzuchtanstalt der Uni Hohenheim.

Die Wissenschaftler suchen also nach Pflanzen, die schnell reifen und somit auch für den Anbau in Regionen Deutschlands geeignet sind, in denen der Sommer kürzer und kühler ausfällt. Der Grund: In den derzeitigen Hauptanbaugebieten werden Regenwälder gerodet und Böden ausgebeutet, da Soja großflächig in Monokulturen angebaut wird. Durch den Anbau in Deutschland könnte man unabhängiger von Importen werden. "Mit dem 1000 Gärten-Projekt möchten wir viele Menschen an diesem Prozess teilnehmen lassen und gleichzeitig die Chance nutzen, an so zahlreiche Daten zu kommen, wie es uns sonst nie möglich wäre."

Gespannt aufs Eregbnis

Die Mainleuser Schülerinnen und Schüler sind nun gemeinsam mit ihrer Lehrerin sehr gespannt, wie sich ihr Mini-Feld entwickelt und welche Sorte letztlich die meisten und hochwertigsten Bohnen bringt. Am Ende des Projekts haben sie das Schwarz auf Weiß, denn natürlich bekommt die Schule eine Auswertung des Versuchs.