"Reichsbürger" Hochburg Kulmbach: Kopf der Bewegung im Visier

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Nächste Woche bekommen neun mutmaßliche "Reichsbürger" Post vom Landratsamt Kulmbach: einen Bescheid, dass ihnen der Waffenschein entzogen wird. Grafik: Micho Haller
Nächste Woche bekommen neun mutmaßliche "Reichsbürger" Post vom Landratsamt Kulmbach: einen Bescheid, dass ihnen der Waffenschein entzogen wird. Grafik: Micho Haller
Hans-Peter Gäbelein, Schützengilde Kulmbach: "Leute, die den Staat negieren, dürfen nicht an Waffen kommen." Foto: Archiv
Hans-Peter Gäbelein, Schützengilde Kulmbach: "Leute, die den Staat negieren, dürfen nicht an Waffen kommen." Foto: Archiv
 
Peter Müller würde "Reichsbürger" aus dem Jagdschutz- und Jägerverein Kulmbach ausschließen. Foto: Archiv
Peter Müller würde "Reichsbürger" aus dem Jagdschutz- und Jägerverein Kulmbach ausschließen. Foto: Archiv
 
Schwarzach hat sich vor Jahren mit der Initiative "Schwarzach ist bunt" gegen die NPD gewehrt. Foto: Lucorient/Wikipedia
Schwarzach hat sich vor Jahren mit der Initiative "Schwarzach ist bunt" gegen die NPD gewehrt. Foto: Lucorient/Wikipedia
 
Schwarzach hat sich vor Jahren mit der Initiative "Schwarzach ist bunt" gegen die NPD gewehrt. Foto: Katrin Geyer
Schwarzach hat sich vor Jahren mit der Initiative "Schwarzach ist bunt" gegen die NPD gewehrt. Foto: Katrin Geyer
 
Schwarzach hat sich vor Jahren mit der Initiative "Schwarzach ist bunt" gegen die NPD gewehrt. Foto: Barbara Herbst
Schwarzach hat sich vor Jahren mit der Initiative "Schwarzach ist bunt" gegen die NPD gewehrt. Foto: Barbara Herbst
 
Schwarzach hat sich vor Jahren mit der Initiative "Schwarzach ist bunt" gegen die NPD gewehrt. Foto: Ronald Rinklef
Schwarzach hat sich vor Jahren mit der Initiative "Schwarzach ist bunt" gegen die NPD gewehrt. Foto: Ronald Rinklef
 

Jetzt ist klar, warum der Verfassungsschutz den Mainleuser Ortsteil im Visier hat. Das brisante Thema bewegt besonders Sportschützen und Jäger.

Das Thema ist hochbrisant. Nicht von ungefähr hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Weisung ausgegeben, dass die etwa 1700 "Reichsbürger" in Bayern entwaffnet werden sollen. So einen Vorfall wie im Herbst in Georgensgmünd (Landkreis Roth), als ein Polizist erschossen wurde, darf es nicht mehr geben.

Die Behörden sind alarmiert. Der Verfassungsschutz beobachtet das Milieu - und betrachtet Kulmbach und Mainleus nach Aussage seines Präsidenten Burkhard Körner als Hochburg der "Reichsbürger". Jetzt ist auch klar, warum die Verfassungsschützer das kleine Dorf Schwarzach ins Visier genommen haben. Denn in dem Mainleuser Ortsteil wohnt der Kopf der hiesigen Szene, der mindestens 63 Personen zugeordnet werden. Eine Zahl, die über dem bayerischen Durchschnitt liegt.


Tarnen und täuschen

Der Schwarzacher gilt überdies als eine zentrale Figur in Franken. Er organisiert die regelmäßigen Treffen im Nebenzimmer eines Kulmbacher Wirtshauses mit 30 bis 40 Teilnehmern aus weiten Teilen Frankens. Nach unserem Bericht im November über den Kulmbacher Stammtisch sind die "Reichsbürger" abgetaucht. Sie haben ihre Kontaktdaten im Internet gelöscht. So viel Öffentlichkeit wollen sie nicht haben. Man ist jedoch nicht aus Kulmbach verschwunden. Tarnen und täuschen lautet die Parole: ein anderer Tag, ein anderer Name - aber dieselben Leute im selben Wirtshaus.


Neun besitzen Waffen

Die seltsamen Ansichten der "Reichsbürger", die die Bundesrepublik Deutschland als Staat und ihre Staatsorgane nicht anerkennen und größtenteils ihre Ausweise abgegeben haben, rufen Kopfschütteln hervor. Bei der Gefahr, dass Waffen benutzt werden könnten, hört aber jede Toleranz auf. Im Landkreis Kulmbach sollen neun "Reichsbürger" Waffen besitzen. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich um Sportschützen oder Jäger handeln könnte.

Haben sich die örtlichen Schützenvereine oder Jäger ihre Mitglieder genau angeschaut? Für die befragten Schützenmeister oder Vereinsvorsitzenden steht außer Frage: "Leute, die den Staat negieren, dürfen nicht an Waffen kommen - undenkbar", so Schützenmeister Hans-Peter Gäbelein von der Schützengilde Kulmbach.


Thema am Schützenstammtisch

Er bestätigt, dass das Thema überall an den Schützenstammtischen diskutiert wird. Er spricht von "null Verständnis" und spricht "Reichsbürgern" die Zuverlässigkeit ab, um Waffen besitzen zu dürfen. Sie hätten in Schützenvereinen "nichts zu suchen". Von "solchen Leuten" sei bei der Schützengilde nicht ansatzweise etwas bekannt.

Das gilt genauso für die Schützengesellschaften in Thurnau und Stadtsteinach. Deren Schützenmeister Hermann Schneider und Reinhard Kraus stellen übereinstimmend fest: "Reichsbürger sind bei uns nicht bekannt."

Schützenvorstand Rudi Hanke vom ESV Neuenmarkt würde jemand, der durch "Reichsbürger"-Parolen auffällt, dem Landratsamt melden. Bei einem Treffen mit Kollegen aus ganz Nordbayern hat er gemerkt: "Das Thema bewegt alle."

Auch die Jäger im Landkreis Kulmbach. Deren Vorsitzender Peter Müller, der die Problematik von seiner Tätigkeit bei der Bundespolizei kennt, ist überzeugt, dass sich unter den 320 Mitgliedern im Jagdschutz- und Jägerverein Kulmbach kein schwarzes Schaf befindet: "Da sind wir uns sicher, wir haben ein gutes Netzwerk." Andernfalls würde er sofort handeln und einen Vereinsausschluss in die Wege leiten. Müller betont: "In die Hände von ,Reichsbürgern' gehören keine Waffen, weil sie nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen."


Der Druck nimmt zu

Derweil erhöhen die Behörden den Druck auf "Reichsbürger", die Waffen besitzen. So wird auch der Stammtisch-Chef aus Schwarzach - selbst ein aktiver Sportschütze - nächste Woche Post vom Landratsamt Kulmbach bekommen. Dann gehen neun Bescheide raus, dass den Empfängern der Waffenschein entzogen wird.


Er ist es nicht

In Schwarzach wird gerätselt, wer der "Reichsbürger"-Chef sein könnte? Dessen Name ist der BR-Redaktion bekannt. Um den Landwirt, der seine Wiese an die NPD für deren Sommerfest verpachtet hat, handelt es sich jedenfalls nicht.