In ihrer Familiengeschichte spielte die Stadt Czernowitz eine zentrale Rolle: Die Eltern der Kulmbacherin Annemarie Heidenreich sind dort geboren und mussten im Krieg flüchten.
"Der Tag, als der Krieg zurückkam" titelten wir iin diesen Tagen und erzählten die Geschichte von Liselotte Zimmermann aus Kulmbach, die als junge Frau Ende des Zweiten Weltkriegs aus Danzig flüchten musste. Als Russland die Ukraine angriff und sie im Fernsehen die Bilder von Zigtausenden Flüchtenden sah, wurden schlimme Erinnerungen wach.
Nicht nur die mittlerweile 97-jährige Kulmbacherin kann aus eigenem Erleben nachvollziehen, was die Menschen in der Ukraine durchmachen müssen. In vielen Familien in Kulmbach gibt es noch Angehörige der Kriegsgeneration, die als Kinder mit ihren Eltern, oft nur mit der Mutter, aus ihrer Heimat vertrieben wurden oder flüchten mussten, während die Männer im Krieg kämpften.
Eine von ihnen ist Annemarie Heidenreich, geborene Fotschuk. Berührt von Liselotte Zimmermanns Erinnerungen und den Szenen, die täglich in den Nachrichten zu sehen sind, erzählt sie ein Stück ihrer Familiengeschichte:
Zwei Mal vertrieben
"Was würden meine Eltern sagen, wenn sie das Drama in der Ukraine heute erleben müssten? Immer öfter rückt ein Ort in den Vordergrund, nämlich die Stadt Czernowitz, heute ganz im Westen der Ukraine. Diese Stadt ist der Geburtsort meiner Eltern und meines Bruders, damals zu Rumänien gehörend. Czernowitz war bis zum Jahre 1939 die Bezirkshauptstadt der sogenannten. "Bukowina", dem Buchenland, einem Gebiet mit sehr vielen Volksdeutschen, deren Vorfahren von Kaiserin Maria Theresia unter deren Regentschaft dort angesiedelt wurden."
In der Bukowina sei in den Jahren in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen in der Hauptsache Deutsch gesprochen wurde. Das Gebiet wurde im Zuge des Hitler-Stalin-Pakts 1940 von Soldaten der damaligen Sowjetunion besetzt. Die dort lebenden Deutschen wurden "heim ins Reich" geholt und ins Warthegau in Polen umgesiedelt. "Dort wurde ich geboren."
Flucht und Gefangenschaft
Wurzeln schlagen konnte die Familie Fotschuk dort nicht: "Die nächste Begegnung mit den Soldaten der Sowjetunion gab es schon im Jahr 1944, als meine Eltern nochmals gen Westen flüchten mussten." Neben den unsäglichen Beschwernissen auf diesem Weg gab es noch weitere schreckliche Erlebnisse. Ihre Mutter Marie und ihr Vater Emil gerieten unabhängig voneinander in russische Kriegsgefangenschaft.
Neue Heimat in Melkendorf
"Wenn ich die vielen Mütter mit ihren Kindern jetzt sehe, dann wünsche ich allen, dass sie nicht diese Odyssee erleben müssen, der meine Eltern ausgesetzt waren. Im Grunde waren die von 1939 bis 1947 auf der Flucht. Denn erst 1947 kam meine Mutter nach einer Zwischenstation in Weimar in Melkendorf an und 1950 dann auch endlich mein Vater aus der Gefangenschaft. Wir hatten das Glück, dass wir hier heimisch werden konnten. Hoffentlich haben alle Flüchtlinge ebenso viel Glück."