Wer die Integrativgruppe eines Kindergartens besucht hat, wird als Erwachsener angemessener auf Menschen mit Behinderung reagieren. Davon ist man im Fantasia-Haus überzeugt.
Angestarrt, ausgelacht oder missachtet. Eine Mutter berichtete in diesen Tagen in den sozialen Netzwerken beispielhaft von einem Ausflug mit ihrer behinderten Tochter. Andere Kinder reagierten befremdet, so als wäre das Kind irgendwie nicht ganz normal. Vielleicht liegt das daran, dass die anderen Kinder schlichtweg keine Erfahrung mit Kindern mit Behinderung haben.
Rampe und reizarmer Raum Wer als Kind eine Integrativgruppe im Kindergarten besucht hat, der wird sicher angemessener - normaler reagieren. Hier werden Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam betreut und ins Leben begleitet. Eine solche Integrativgruppe gibt es in Kulmbach zum Beispiel im Fantasia-Haus des Kindes. Der Gruppenraum sieht aus, wie alle anderen - abgesehen von der Rollstuhlrampe in den Garten vielleicht.
Außerdem ist der Betreuungsschlüssel - also das Verhältnis von Erzieherinnen zu Kindern - etwas höher und die Gruppe ist etwas kleiner als normale Gruppen. Im Nebenraum befindet sich ein reizarmer Spielbereich, in dem die Kinder ohne Ablenkung spielen können. In den vergangenen 15 Jahren seit dem Bestehen haben 72 Kinder die Gruppe besucht, 13 von ihnen mit Behinderung. Einer von ihnen ist der heute 14-jährige Benjamin Prechl. Als er wieder in seinen alten Gruppenraum des Kindergartens kommt, geht er zielstrebig auf die an der Wand hängenden Fotos zu. "Da bin ich drauf", ruft er aus. Und auch die Legosteine - seine damaligen Lieblingsspielzeuge findet er schnell wieder. Doch was am wichtigsten ist für Benjamin: Auch seine Betreuerin von damals, Ariane Dekiert, ist da.
Beide haben ein enges und vertrauensvolles Verhältnis.
Begleitung auf dem Weg "Wenn diese kleinen Seelen zu uns in die Einrichtung kommen, mit all ihrem Vertrauen, dann wächst einfach so viel Verbundenheit!" so Dekiert. "Wir nehmen die Kinder hier auf, wie sie sind. Es wird nicht bewertet, wir begleiten die Kinder auf ihrem Weg ein Stück". Und schließlich weiß man nie, wie sich Kinder entwickeln und welche besonderen Fähigkeiten sie einst haben werden. Auch für die Eltern von Benjamin Prechl war seine Behinderung zunächst ein großer Schock, zumal Benjamin das jüngste von insgesamt zehn Kindern ist. Doch sein Vater ist stolz: Benjamin hat sich toll entwickelt. Er singt gerne und spielt auch oft Klavier. Dass er damit Herzen bewegen kann, das er hat schon häufiger bewiesen. Zum Beispiel damals vor sechs Jahren.
Damals lag Beate Trapp aus Katschenreuth mit ihrer neugeborenen Tochter Mara im Krankenhaus. Die Diagnose: Das Baby hat Down-Syndrom. "Eine Krankenschwester kam zu mir und sagte: Ich muss Dir unbedingt zeigen, was aus solchen Kindern einmal werden kann", erinnert sich Beate Trapp noch heute.
Und dann schickte die Schwester Benjamin ins Zimmer der Trapps und er sang für die bis dahin völlig Fremden den Titelsong aus "Titanic". Beate Trapp fehlten die Worte. "Das war so schön. Da wusste ich, dass alles gut wird," sagt sie heute. Mara sollte später, genau wie Benjamin, in die Integrativgruppe des Hauses des Kindes Fantasia gehen. Dort hat Mara schnell Freunde gefunden. Ihre engste Freundin sollte Zoey werden.
Das zwei Jahre jüngere "gesunde" Mädchen hat Mara sofort an die Hand genommen. "Die beiden haben sehr gerne gemeinsam mit den Puppen gespielt.
Die Behinderung hat überhaupt keine Rolle gespielt," freut sich Einrichtungsleiterin Elke Engelbrecht. In dieser Gruppe unterstützen sich die Kinder gegenseitig und lernen, und sie lernen, dass eine Behinderung nichts Abstoßendes oder Schreckliches ist, sondern es ganz natürlich zum Leben dazu gehört, dass jeder Mensch ein bisschen anders ist.