Der Frankenwald als Energieregion

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Energievisionär Mario Münch und die Unternehmerkampagne: Sägewerksbetreiber Stefan Müller-Gei wirbt als "Strompreisbremser" für die Produktion von Eigenstrom. Foto: Matthias Beetz
Energievisionär Mario Münch und die Unternehmerkampagne: Sägewerksbetreiber Stefan Müller-Gei wirbt als "Strompreisbremser" für die Produktion von Eigenstrom. Foto: Matthias Beetz
Andrea Götz aus Seibelsdorf und Mario Münch vor dem Strompreisbremser-Plakat. Foto: Matthias Beetz
Andrea Götz aus Seibelsdorf und Mario Münch vor dem Strompreisbremser-Plakat. Foto: Matthias Beetz
 
Mario Münch und Vertriebsleiter Andreas Engelhardt (rechts) in der großen Halle, die komplett für das Büro der Zukunft genutzt wird. Foto: Matthias Beetz
Mario Münch und Vertriebsleiter Andreas Engelhardt (rechts) in der großen Halle, die komplett für das Büro der Zukunft genutzt wird. Foto: Matthias Beetz
 
Der Warenversand. Foto: Matthias Beetz
Der Warenversand. Foto: Matthias Beetz
 
Auf dem Betriebsgelände wird eifrig gebaut. Foto: Matthias Beetz
Auf dem Betriebsgelände wird eifrig gebaut. Foto: Matthias Beetz
 
Das Elektrotechnik-Lager. Foto: Matthias Beetz
Das Elektrotechnik-Lager. Foto: Matthias Beetz
 
Das Bürogebäude in Blickrichtung Westen, im Hintergrund die Rugendorfer Kirche. Foto: Matthias Beetz
Das Bürogebäude in Blickrichtung Westen, im Hintergrund die Rugendorfer Kirche. Foto: Matthias Beetz
 
Markus Ruckdeschel, Pressesprecher der Energieagentur Nordbayern. Foto: Matthias Beetz
Markus Ruckdeschel, Pressesprecher der Energieagentur Nordbayern. Foto: Matthias Beetz
 

Namhafte Unternehmer haben mit ihren Firmen die Energiewende vollzogen. Sie verfolgen ein Konzept, das Oberfranken eine Vorreiterrolle verschaffen kann. Den Anstoß dazu gab Elektrotechnik Münch aus Rugendorf. Im Artikel finden Sie ein Interview mit Pressesprecher Markus Ruckdeschel.

Die Kilowattstunde Strom für sieben Cent? Den Liter Heizöl für 20 Cent? Und einen ganzen Liter Dieselkraftstoff für läppische 14 Cent? Paradiesisch und unmöglich, urteilt der kostengeplagte Verbraucher. "Problemlos möglich", sagt dagegen Mario Münch. Der mehrfach prämierte Energievisionär mit neuem Firmensitz in Rugendorf bekommt inzwischen sogar prominente Unterstützung: Oberfränkische Wirtschaftsgrößen sind auf großflächigen Werbeplakaten als "Strompreisbremser" und "Stromfreiheitskämpfer" im Einsatz - für das Wohl einer ganzen Region.

Hans-Georg Rießner von den gleichnamigen Gas-Werken tut es. Bäckereiinhaberin Andrea Götz aus Seibelsdorf tut es. Und Stefan Müller-Gei, Sägewerksbesitzer in Wallenfels, war auch sofort dazu bereit.

Als innovative Unternehmer und überzeugte Oberfranken wollen sie ihre Firmen und Arbeitsplätze sichern und den Landstrich jenseits des Attributs "Genussregion" stärken.

Konkurrenzlos

Die Produktion von günstigem Eigenstrom, der auf 25 Jahre Planungssicherheit gibt und Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen hilft, haben sie als probates Mittel der Zukunftssicherung erkannt. Sie sind der Überzeugung, dass das Ziel "Konkurrenzlos günstige Energieregion Oberfranken" erreicht werden kann. Und deshalb wollen sie Unternehmer-Kollegen zum Mittun ermuntern.

Der Ausgangspunkt dafür, dass an sich zurückhaltende fränkische Unternehmer in die Offensive gehen, findet sich in den Büros von Elektrotechnik Münch. Das vor zehn Jahren von Mario Münch in Gössersdorf gegründete Unternehmen, ist längst zu den Großen der Branche aufgestiegen, wenn es um die Erzeugung und die Nutzung erneuerbarer Energien geht. Hunderte von Photovoltaikanlagen in der ganzen Republik künden ebenso davon wie Auszeichnungen von Chef und Firma.

Günstiges Bauland, günstige Energiepreise

Aber vor allem ist es wohl die Tatsache, dass Mario Münch (seiner Zeit) vorausdenkt. Günstiges Bauland für Betriebe und niedrige Energiekosten sind ein Pfund, mit dem sich für die Region wuchern lasse; und dezentrale Stromerzeugung statt riesiger Stromtrassen die Schnittstelle, wo sich Ökonomie und Ökologie treffen. Mario Münchs Ziel: Die Region Oberfranken zum effizientesten Standort in Sachen Energiekosten in Deutschland machen. "Unternehmen und Kommunen können sich freimachen von der täglichen Kostenspirale", unterstreicht der Fachmann.

"Wärme, Strom und Bewegung sind längst Themen, die in der Praxis miteinander verschmelzen", sagte der 33-jährige Meister der Elektrotechnik nicht nur mit dem Brustton der Überzeugung, sondern auch jahrelanger Erfahrung.

Was technisch inzwischen alles möglich ist, das wird Mario Münch am neuen Firmensitz in Rugendorf in die Praxis umsetzen. "Auch Dinge, die man sich vielleicht noch nicht vorstellen kann." Die Firmenzentrale wird damit zum "modernsten Standort in Sachen Erzeugung und Nutzung regenerativer Energien in der Bundesrepublik".

Eine Million Kilowattstunden Strom, 400 000 Liter Heizöl oder 5,5 Millionen Fortbewegungskilometer (pro Jahr und zum Sonderpreis) werden in Rugendorf nicht nur "hergestellt", sondern durch die Optimierung von Arbeits- und Tagesabläufen so effizient wie möglich genutzt.

Autos als mobile Energiespeicher

Dass bei dieser Maßgabe die Elektroautos von Firma und Mitarbeitern neben dem Zweck der Fortbewegung sogar als externe mobile Speicher fungieren, die Büro oder Eigenheim mit Strom versorgen, ist nur ein Nebenschauplatz.

Das Büro der Zukunft

Während die Mitarbeiter im provisorischen Container-Großraumbüro neue Konzepte für "Strompreisbremser" entwickeln, wird nebenan in der großen Halle bereits am Büro der Zukunft gearbeitet. Innerhalb des nächsten Jahres wird dort eine Art Arbeitslandschaft nach dem Vorbild von Google und Yahoo entstehen, in der sterile Einzelzimmer oder als Schreibtischketten getarnte Produktionsfließbänder nichts zu suchen haben. Die von den Mitarbeitern erwartete Kreativität soll sich in verschiedensten Arbeitssituationen und vor allem durch Kommunikation entfalten können - auch im firmeneigenen Wirtshaus. Die Kinderbetreuung für die Ferienzeiten ist im Konzept ebenfalls fest eingeplant.

"Wir müssen in der Branche flexibel und schnell sein. Und wir müssen den Mitarbeitern hier auf dem Land etwas bieten, um dem demographischen Wandel in der Region gezielt entgegenzuwirken", sagt Mario Münch über seine Philosophie.

Interview

Die Firma Elektrotechnik Münch und namhafte Unternehmer aus der Region werben für die Produktion von Eigenstrom. Wie die Energieagentur Nordbayern Kampagne und Inhalt einstuft, haben wir bei Presse-Sprecher Markus Ruckdeschel nachgefragt.

Welchen Stellenwert misst die Energieagentur der Stromproduktion über Photovoltaik zu, welchen Anteil hat sie an der Gesamtproduktion erneuerbarer Energien in Nordbayern?
Markus Ruckdeschel: Photovoltaik wird gemeinsam mit der Windkraft die tragende Säule der Energiewende im Stromsektor sein, auch in unserer Region. Derzeit sind in Oberfranken etwa 30 000 Anlagen am Netz. Auch wenn sich der Zubau inzwischen deutlich verlangsamt hat, wird der Siegeszug anhalten. Sonnenstrom ist konkurrenzlos günstig geworden. Früher hörte man oft "Eine PV-Anlage kann ich mir nicht leisten". In Zukunft wird es sich kaum noch jemand leisten können, auf diese günstige Energiequelle zu verzichten. Weltweit erlebt die Photovoltaik einen unglaublichen Boom, der den Energiesektor revolutionieren wird.

Kann Oberfranken als Energieregion tatsächlich ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal erreichen?
Das kommt darauf an, wie wir uns anstellen. Sicher nicht, wenn jetzt alle die Arme verschränken und selbstzufrieden feststellen "Wir haben jetzt schon genug gemacht für die Energiewende - jetzt sollen mal die anderen ran". Wir brauchen dringend ein paar mehr Unternehmer vom Schlage eines Mario Münch.

Was muss ihrer Ansicht nach passieren?
Endlich die Chancen dieser Wende zur Kenntnis zu nehmen. Wir können umsteigen auf weitgehend kostenlose und CO 2 -freie Primärenergie. Wenn wir es schaffen, diese vor Ort in unseren eigenen Anlagen zu erzeugen, ist es die beste Wirtschaftsförderung, die wir je hatten. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Ideologien über Bord werfen und nüchtern diskutieren: Was kann die Energiewende unserer Region bringen?

Verringert die Eigenproduktion von Strom tatsächlich die Notwendigkeit neuer Stromtrassen durch die Region?
Ganz vereinfacht ausgedrückt: Jede Kilowattstunde, die auf meinem eigenen Dach produziert und direkt verbraucht wird, muss nicht über weite Entfernung transportiert werden. Aber leider tut uns die Sonne nicht den Gefallen, dass sie rund um die Uhr scheint, und im Winter ist das Angebot meistens auch nicht sehr üppig. Dann könnte Windkraft in die Bresche springen. Und trotzdem gibt es Tage, wo eben weder Wind noch Sonne zur Verfügung stehen. Die Energiewende braucht also Leitungen, um diesen Ausgleich zu schaffen.

Mario Münch ist Energievisionär und liegt auf Konfrontationskurs zur den etablierten Stromversorgern. Ihre Prognose für den Energiemarkt?
Die Verteilungskämpfe in der Energiewirtschaft fangen gerade erst an. Es geht um Marktanteile in einem Milliardengeschäft, und die gibt keiner gerne auf. Aus meiner Sicht haben lokale Versorger Zukunft. Viele Menschen würden gerne Strom kaufen, der ökologisch und günstig vor Ort erzeugt wird. Lokale Versorger könnten das bieten, wenn man endlich den gesetzlichen Rahmen dafür schafft.