Am kommenden Mittwoch wird im Kulmbacher Badhaus eine aufregende Ausstellung mit 60 Bildern des Bauhauskünstler Egon Engelien eröffnet. Von den Nazis wird er als "entartet" verfolgt. Nach dem Krieg lässt er sich in Wildenstein, später in Kulmbach nieder.
Steigt man die Treppe im Badhaus hoch, wird man erst mal kritisch geprüft. Es ist der Blick eines misstrauischen Intellektuellen, der dem bürgerlichen Betrieb skeptisch gegenübersteht, auch wenn er sich mit seinem Anzug, feinem Kragen und der penibel gesteckte Briefablage anpasst. So stellt sich Egon Engelien in seinem Selbstbildnis der 20er Jahre dar.
Daneben hängt das Porträt seiner Ehefrau Inka. Eine aparte Erscheinung mit feingeschnittenen Gesichtszügen, frechem Bubikopf und modischem Kleid mit U-Boot-Ausschnitt. Ein exquisiter, antik anmutender Raum umgibt sie. Der Vorhangschleier rechts im Hintergrund verweist auf ihre Tätigkeit als Kunstweberin. Sie ist eine der emanzipieren, couragierten "Bauhausfrauen", über die zum 100-jährigen Bestehen der damals berühmtesten Kunstschule der Welt viel geschrieben worden ist.
Einmaliger-Bestand auf der Plassenburg
Über 60 Exponate Egon Engeliens sind der Ausstellung im Badhaus versammelt, die am kommenden Mittwoch, 27. November, eröffnet wird. Viele sind großartig, Meisterwerke der Moderne.
Sie lassen verstehen, dass Engelien bei internationalen Ausstellungen bis in die 30er Jahre neben Kandinsky, Feininger, Klee und Mataré gehängt wurde. Jetzt wird erstmals eine umfangreiche Werkschau gezeigt. Jürgen Treppner, der Leiter des Obermain-Museums, und der Historiker Wolfgang Schoberth haben sie, unterstützt von Helmut Angermann, aus dem Depot der Plassenburg zusammengestellt. Nachdem die Witwe Engelien der Stadt Kulmbach 1970 den künstlerischen Nachlass vermacht hat, besitzt die Stadt rund 200 Exponate - Bilder, Grafiken, Skizzen, Möbelentwürfe, Bühnenbilder und Bauzeichnungen.
"Liegende Katze" - mit 13 gezeichnet
Einen breiten Anteil haben Bilder, die aus den Jahren am Weimarer Bauhaus stammen (1919-1923) oder die Tendenzen weiterführen. Ein zweiter Schwerpunkt sind Arbeiten aus seiner Kulmbacher Zeit (ab 1951). Erhalten sind auch einige ganz frühe Arbeiten, die während seiner Ausbildung in seiner Heimatstadt Stettin entstanden sind. Die früheste, eine Buntstiftzeichnung, stammt von 1909. Der damals 13-jährige Schüler hat eine liegende Katze porträtiert, erstaunlich reif und technisch gekonnt.
Am Bauhaus begegnet der 23-jährige Engelien der europäischen Avantgarde - Paul Klee, Wassily Kandinsky, Lyonel Feininger, Oskar Schlemmer, Theo von Doesburg. Er übt sich in der Aktzeichnung (zwei vorzügliche Männerakte sind in der Ausstellung zu sehen), experimentiert mit Techniken und Stilrichtungen: Expressionismus, Kubismus, Neue Sachlichkeit. Besonders inspirieren lässt sich Engelien von Oskar Schlemmer, der das Verhältnis von Person und Raum zu seinem großen Thema gemacht hat. In seinem Aquarell "Badende" nimmt Engelien dies auf: eine Frau im blauen Badeanzug, halbhoch auf einem Sprungturm aus geometrischen Flächen und Farbmustern, die hinunter blickt auf die Wellen des Meeres.
Ein weiterer wichtiger Impulsgeber ist der Bauhaus-Dozent Theo van Doesburg, Gründer der niederländischen Künstlervereinigung De Stijl. Er proklamiert den Konstruktivismus, eine gegenstandslose Kunst, die nur aus geometrischen Formen, Farben und Linien besteht und für Jedermann in der technisch-wissenschaftlichen Welt erfahrbar sein soll. Engelien macht sich den Ansatz nie radikal zu eigen, doch "Konstruktive" Tendenzen durchziehen sein Werk.