Athener Frauen proben in Trebgast den Aufstand

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Die Athener Frauen wollen ihre Männer dazu bringen, den Krieg mit Sparta zu beenden (von links: Henrike Reineke, Silke Ködel, Christine Kammerer, Julia Krolak, Annika Ködel). Foto: Dieter Hübner
Die Athener Frauen wollen ihre Männer dazu bringen, den Krieg mit Sparta zu beenden (von links: Henrike Reineke, Silke Ködel, Christine Kammerer, Julia Krolak, Annika Ködel). Foto: Dieter Hübner
Regisseur Rainer Streng. Foto: Dieter Hübner
Regisseur Rainer Streng. Foto: Dieter Hübner
 

Ungemütliches Wetter, Kälte, Schneegestöber - die Aktiven der Naturbühne Trebgast sind trotz dieser Widrigkeiten nicht von ihrem Hobby abzuhalten. Nach der Devise "Nach der Spielzeit ist vor der Spielzeit" haben auf dem Wehlitzer Berg bereits die Proben für die Saison 2015 begonnen.

Wir haben uns bei Regisseur Rainer Streng und den zehn Frauen und vier Männern umgesehen, die mit viel Elan die Komödie "Lysistrata" von Aristophanes einstudieren.

Auch wer nicht unbedingt ein Faible für klassische Literatur hat, kennt Goethe, Schiller und Shakespeare. Aber wer bitte weiß, wer Aristophanes ist? Nun, das war ein griechischer Dichter, der 411 vor Christus, im zwanzigsten Jahr des Peloponnesischen Krieges zwischen Athen und Sparta, der sieben Jahre später mit der Niederlage Athens endete, seine bekannteste Komödie "Lysistrata" zur Aufführung brachte. Und zwar bei den Lenäen. Das waren Festspiele, die im alten Athen zu Ehren des Gottes Dionysos abgehalten wurden.


Kampf gegen den sexuellen Notstand


Thema dieses Stückes ist der Kampf einiger Frauen gegen die Männer als Verursacher von Krieg und des damit verbundenen sexuellen Notstands bei
Mann und Frau. Die Frauen Athens unter Führung der Titelheldin Lysistrata (zu deutsch: die Heeresauflöserin) verschwören sich mit ihren Artgenossinnen in Sparta und verweigern sich fortan ihren Männern, um den Frieden zu erzwingen.

Das führt auf humorvolle Art und Weise zu den absurdesten, auch ein Stück weit sexistischen Szenen. Obwohl einige liebestolle Frauen und erboste Männer mehrfach versuchen, sich über diese Sanktionen hinwegzusetzen, ist die Aktion letztlich erfolgreich und die Männer kriechen zu Kreuze (und zum Frieden).


Untertitel "Macht Liebe(r), keinen Krieg"


"Obwohl das Stück bereits vor über 2400 Jahre geschrieben wurde, ist das Thema nach wie vor topaktuell. Es ist zeitlos und könnte genauso im Mittelalter spielen. Oder in der Neuzeit, in heutiger Kleidung mit Anzug und Krawatte. Oder in Barock-Kostümen", ist Regisseur Rainer Streng überzeugt. Um das zu verdeutlichen, könne schon mal ein Ausspruch vorkommen, den es damals noch gar nicht gegeben haben kann. Deshalb ist für ihn der Untertitel "Macht Liebe(r), keinen Krieg" sehr wichtig. "Der Geschlechterkampf, die Gegenüberstellung Mann gegen Frau - das ist die Grundaussage dieses Stückes. Und das will ich bewusst herausstellen, und damit die Fantasie der Leute anregen."

Diese Doppeldeutigkeit nach dem Motto der 1970er Jahre, "Make love, not war!", will er ohne große Verfremdung oder Anzüglichkeit, sondern über den Wortwitz deutlich machen. Das Ganze mit einer spärlichen Kulisse und unter Einbeziehung des gesamten Bühnenareals. Eine rein griechische Inszenierung würde seiner Meinung nach nicht auf diese Naturbühne passen.


Kein langweiliges Sprechstück


"Es ist eine astreine Komödie, etwas Unterhaltsames, kein langweiliges Sprechstück", betont Streng, "mit zehn Frauen und vier Männern geht es auf der Bühne ab". Mit Action, einem Schwertkampf gleich am Anfang, mit Festen, mittelalterlichen Tänzen, teilweise freizügigen, aber nicht anstößigen Frauen, und einer Prise "Sex-Crime" will er den Leuten die Angst vor dem Begriff "Klassiker" nehmen, der oft mit dem Attribut "alt" verbunden wird. "Die Leute sollen hinterher sagen: Das ist eine einfache, klare, lustige Geschichte. Die verstehe ich."

Die Besucher erwartet mit dem Stück "Lysistrata" - Premiere ist am 12. Juni - eine fantasiereiche, klassische Komödie mit durchaus antiken Wurzeln, die auch, aber nicht hauptsächlich, in den Kostümen zum Ausdruck kommen. Zwar ein altes Stück, das aber bis heute Gültigkeit hat. Fazit: Ein Spaß für alle, die nicht nur über das andere Geschlecht, sondern auch über sich selbst lachen können.

Zwei Details am Rande: Im Januar 1961 wurde vom Bayerischen Rundfunk die Ausstrahlung einer Bearbeitung dieser Komödie durch Fritz Kortner mit der Begründung boykottiert, das Stück verletze das sittliche Empfinden der Bevölkerung. Und: 1918 wurde ein vom deutschen Astronomen Max Wolf entdeckter Asteroid nach der Titelfigur "Lysistrata" getauft.