"2G-Plus wäre wie Lockdown"

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Noch ist es für Bayern nicht fix: Die Gastronomie muss womöglich künftig die 2G-Plus-Regelung umsetzen.
Noch ist es für Bayern nicht fix: Die Gastronomie muss womöglich künftig die 2G-Plus-Regelung umsetzen.
Julian Stratenschulte/dpa

Für Kulmbacher Gastronomen sind die gestrigen Corona-Beschlüsse ein Tiefschlag. Noch besteht die Hoffnung, dass sich der Freistaat der Regelung nicht anschließt.

Die 2G-Plus-Regel, die Bund und Länder gestern beschlossen haben, trifft die Gastronomie hart. Darin sind sich die Kulmbacher Gastronomen einig, die hoffen, dass Bayern einen Sonderweg fährt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht die Vorgabe "skeptisch" und will überprüfen lassen, ob diese auch im Freistaat angewendet wird.

"2G-Plus wäre für uns quasi ein Lockdown", sagt Jürgen Stübinger, der Geschäftsführer der Himmelkroner "Frankenfarm" ist. "Theoretisch könnten wir dann pro forma schließen", meinen Arnd Fischer und seine Frau Katrin, die die Kulmbacher "Stadtschänke" betreiben.

Ein großes Problem, das Arnd Fischer vor allem für seine Mitarbeiter sieht: keine Öffnungszeiten - kein Anrecht auf Kurzarbeitergeld. "Es gibt die Möglichkeit, unsere Zeiten drastisch zu reduzieren. Man kann überlegen, mittags zwei und abends zwei Stunden aufzumachen, fertig. Nur: Das ändert nichts an den laufenden Kosten für Strom, Heizung etc. und dass ich meine Küche besetzen muss. Das wird bei allen politischen Überlegungen offenbar immer vergessen." Sollte 2G-Plus auch in Bayern kommen, hofft der "Stadtschänken"-Wirt auf die Geboosterten, für die es keine Einschränkungen geben würde. "Davon gibt es ja schon viele."

Apropos Einschränkung: Die Abstandsregelung im Lokal sei zuletzt hinfällig gewesen, sagt er. Es habe auch keine Nachverfolgung mehr gegeben. "Ich könnte es leichter bewerkstelligen, zu diesen Regelungen zurückzukehren, also wieder Trennwände aufzustellen, als nun eine verschärfte Zugangsregelung mit Testpflicht umzusetzen", sagt Fischer und führt an: "Von Januar bis März hält sich der Kundenverkehr ohnehin in Grenzen. Da wäre es leichter, einen Tisch halt mal nicht zu besetzen und damit Abstand zu gewährleisten, als Leute von vorneherein auszuschließen, weil sie getestet sein müssen." Fischer hoffe auf die Dehoga und wünscht sich eindeutige Regelungen. "Von der Behörde kommt die eine Maßgabe, vom Verband die andere - und beide widersprechen sich in gewisser Weise. Es kann nicht sein, dass ich als Gastronom mir aus unterschiedlichen Quellen zusammensuchen muss, was ich einzuhalten habe."

Immerhin gebe es Fortschritte bei den Corona-Hilfen. "Mein Steuerberater hat im Dezember die Überbrückungshilfe III für November und Dezember beantragt. Sie ist immerhin schon mal bewilligt - Geld geflossen ist noch keines."

Winfrid Fritsch vom "Fränkischen Hof" in Mainleus befürchtete, "dass weiter angezogen wird". Dabei könne er nicht sehen, dass ausgerechnet die Gastronomie mit ihren Hygienekonzepten ein solcher Pandemietreiber sein soll, als der sie dargestellt werde. "Wir haben Abstände zwischen den Tischen eingehalten, wir kontrollieren die Gäste. Wir tun alles, was verlangt wird."

"Einige schließen wohl von sich aus"

Bisher gilt bei ihm wie vorgeschrieben 2G - also Zugang für Geimpfte und Genesene. "Wir kamen damit zuletzt halbwegs zurecht, es wurden aber gerade vor Weihnachten viele Feiern abgesagt. Es lief für uns als Betrieb mehr schlecht als recht." Eine Verschärfung der Regelung durch eine Testpflicht käme für Fritsch einem Pseudo-Lockdown gleich. "Da werden wohl manche in der Branche sich überlegen, ob sie nicht von sich aus schließen, wenn keiner mehr kommt."

Er selber könnte sich dann vorstellen, eigene Tests im Lokal anzubieten - als Service für den Gast. "Die könnte ich zum Selbstkostenpreis machen, das würde bei manchen vielleicht die Entscheidung erleichtern, doch vorbeizuschauen." Die Tests würde er persönlich vornehmen, dann müsste er dafür keine zusätzliche Servicekraft abstellen.

Dass die Verschärfung ein weiterer Rückschlag wäre, betont der Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes, Stephan Ertl. "Die zusätzlichen Umsatzeinbußen würde man gleich im Geldbeutel spüren", prophezeit der Verbandssprecher, der davon überzeugt ist, dass sich ein Großteil der Geimpften oder Genesenen für einen Wirtshausbesuch nicht extra testen lassen würde. Spontanbesuche würden ausfallen, viele Familien nicht mehr gemeinsam am Sonntag Essen gehen, "weil meist immer jemand ungeimpft ist". Was sich die Politik ausdenke, sei oft nicht mehr nachvollziehbar, sagt Ertl, der sich etwa fragt, warum Geboosterte einen Sonderstatus genießen, wenn doch auch Personen, die erst vor wenigen Wochen die zweite Impfung hatten, einen Schutz haben müssten. Die Corona-Kontrollen seien für die Betriebe zudem mitunter eine Herkulesaufgabe.

Ertl weiß, dass sich nicht wenige Kollegen lieber einen mehrwöchigen Lockdown statt einer 2G-plus-Regelung wünschten. Wie er deutlich macht, können all die, die einen Umsatzverlust von mehr als 30 Prozent gegenüber 2019 verzeichnen, derzeit weiterhin mit einer staatlichen Unterstützung rechnen. Bei Wirten, bei denen der Umsatz komplett wegbreche, würden im Maximalfall 90 Prozent der Fixkosten für Strom, Wasser, Gas oder auch Pacht gewährt. "Wer gar nicht öffnet, weil es sich betriebswirtschaftlich überhaupt nicht rechnet, oder wer weniger Umsatz hat, kann zudem einen Kapitalzuschuss von 20 Prozent der Fixkosten erhalten. Das ist dann quasi der ,Unternehmensgewinn', von dem wir dann leben müssen."

Dass 2G-Plus für die Gastronomie quasi ein Lockdown wäre, stellt der Geschäftsführer der Himmelkroner "Frankenfarm", Jürgen Stübinger, fest. "Da ginge kaum eine Familie mehr essen", pflichtet er Stephan Ertl bei. Man könnte dann noch mit maximal 20 Prozent des gewöhnliches Umsatzes rechnen. Eines hat er seinen Mitarbeitern versprochen. "Wir werden, auch wenn 2G-Plus kommen sollte, keine Kurzarbeit mehr anmelden", sagt Stübinger und führt an: "Würden wir Beschäftigte erneut in Kurzarbeit schicken, würden sich viele wohl verabschieden und einen anderen Job außerhalb der Gastronomie suchen."