Willkommenskultur soll in Kronach verbessert werden

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Die Aserbaidschaner Ridvan Dadasov (Mitte) und Sulejman Satullajew (rechts) erzählten von ihren Lebensbedingungen im Landkreis Kronach. Mit im Bild ist Gerd Weickert (links). Foto: Heike Schülein
Die Aserbaidschaner Ridvan Dadasov (Mitte) und Sulejman Satullajew (rechts) erzählten von ihren Lebensbedingungen im Landkreis Kronach. Mit im Bild ist Gerd Weickert (links). Foto: Heike Schülein
Cornelia Leiss (links) wurde von Horst Moser und Dekanin Dorothea Richter verabschiedet. Foto: Heike Schülein
Cornelia Leiss (links) wurde von Horst Moser und Dekanin Dorothea Richter verabschiedet.  Foto: Heike Schülein
 
Die Aserbaidschaner Sulejman Satullajew und Ridvan Dadasov (von links) im Gespräch mit dem Küpser Pfarrer Friedrich Seegenschmiedt. Foto: Heike Schülein
Die Aserbaidschaner Sulejman Satullajew und Ridvan Dadasov (von links) im Gespräch mit dem Küpser Pfarrer Friedrich Seegenschmiedt.  Foto: Heike Schülein
 
Cornelia Leiss (links) wurde von Horst Moser und Dekanin Dorothea Richter verabschiedet. Foto: Heike Schülein
Cornelia Leiss (links) wurde von Horst Moser und Dekanin Dorothea Richter verabschiedet.  Foto: Heike Schülein
 
Die Aserbaidschaner Ridvan Dadasov (Mitte) und Sulejman Satullajew (rechts) erzählten von ihren Lebensbedingungen im Landkreis Kronach. Mit im Bild ist Gerd Weickert (links). Foto: Heike Schülein
Die Aserbaidschaner Ridvan Dadasov (Mitte) und Sulejman Satullajew (rechts) erzählten von ihren Lebensbedingungen im Landkreis Kronach. Mit im Bild ist Gerd Weickert (links). Foto: Heike Schülein
 

Die evangelische Kirche in Bayern will die Begegnung mit und die Integration von Flüchtlingen verbessern. Auch in Schmölz beschäftigten sich am Samstag die Synodalen mit dem Thema "Flüchtlinge - willkommen bei uns?!"

"Dabei würden wir so gerne arbeiten! Ich suche mir selbst eine Arbeit und dann darf ich nicht arbeiten, weil es mir verboten wird. Ich verstehe das nicht." - Ridvan Dadasov, der aus Aserbaidschan geflohen ist, ist seit drei Jahren in Deutschland. Er lebt in Küps. In seiner Heimat arbeitete er in einem Tourismusbüro. "Ich spreche vier Sprachen. Aber ich darf hier nicht arbeiten. Das Arbeitsverbot ist für uns alle ein großes Problem", macht er deutlich und ergänzt: "Ich bin 30 Jahre alt. Ich fühle mich hier wie in einem Gefängnis, weil ich nur in einen bestimmten Umkreis fahren darf."

Auch für seinen Landsmann Sulejman Satullajew steht fest, dass die Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge in Deutschland nur auf dem Papier besteht. "Das Ausländeramt macht uns immer Probleme.
Ich will arbeiten, aber man gibt mir keine Arbeit", verdeutlicht der 38-jährige Journalist, der in der Gemeinschaftsunterkunft in Kronach wohnt und seit zweieinhalb Jahren in Deutschland ist.


Ein brandaktuelles Thema

Beide waren Gäste der Dekanatssynode, die sich heuer im Gemeindehaus Schmölz unter der Überschrift "Flüchtlinge - willkommen bei uns?!" eines brandaktuellen Themas annahm. Dabei ging es insbesondere darum, was die Kirche und gerade die Ehrenamtlichen für eine bessere Willkommenskultur tun können.

Wie wichtig das Ehrenamt für Asylsuchende ist, zeigte Gerd Weickert, Berater beim Fachdienst für Migration und Integration des Diakonischen Werks Kronach-Ludwigsstadt/Michelau, auf. "Das Ehrenamt ist ungemein wichtig, es erreicht viel Positives", war er sich sicher und verwies dabei auf Studien, die die Auswirkungen des Ehrenamts für Asylsuchende untersuchte. Dabei ergaben sich Verbesserungen in allen Bereichen - kognitiv, vor allem aber emotional. Der Sozialpädagoge gab einen Überblick über die derzeitige Situation Asylsuchender im Landkreis, ihre Lebensbedingungen sowie über die komplexe Thematik des oft langwierigen Asylverfahrens. Die stark steigenden Flüchtlingszahlen seien kein bayerisches, sondern ein europäisches Problem. Allein in Deutschland gebe es heuer 200 000 Asylsuchende. "Das Asylrecht für politisch Verfolgte steht im Grundgesetz", erklärte er. Erwünscht aber seien Asylsuchende nicht. Europa schotte diese Menschen ab - mit Zäunen und Grenzen. Man könne daher nur illegal nach Europa kommen.


Früh über jeder Wohnung

Asylsuchende sind nach dem Asylverfahrensgesetz zunächst verpflichtet, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen, später in einer Gemeinschaftsunterkunft. In Kronach verfügt diese über 40 Plätze, was - laut Weickert - viel zu wenig sei. So gebe es derzeit viele dezentrale Unterkünfte im Landkreis. Das Landratsamt sei froh über jede hierfür angebotene Wohnung. In der Kronacher Gemeinschaftsunterkunft lebten insbesondere Flüchtlinge aus Äthiopien sowie Aserbaidschan, aber auch aus Bosnien-Herzegowina, Serbien und, Montenegro. Die Gründe für ihre Flucht seien individuell, insbesondere politischer Art.

Aus diesen Unterkünften ausziehen dürften nur die Flüchtlinge, deren Asyl anerkannt wurde beziehungsweise deren behördliches Verfahren abgeschlossen worden ist. Auf Grund der so genannten Residenzpflicht dürften sich Flüchtlinge nur innerhalb des Regierungsbezirks bewegen. Es seien aber eine Reihe neuer Regelungen geplant, die beispielsweise ein Reisen in ganz Bayern ermöglichen sollen. Dies betrifft auch die Erwerbstätigkeit. Derzeit dürfen Asylsuchende in den ersten neun Monaten keine Erwerbstätigkeit ausüben, was auf drei Monate verkürzt werden soll. Nach Ablauf der Frist kann ihnen die Ausübung einer Beschäftigung nachrangig erlaubet werden. Nachrangig heißt, dass zuerst alle bevorrechtigten Arbeitnehmer - beispielsweise Deutsche, EU-Bürger und Ausländer mit einer Aufenthaltsgenehmigung - berücksichtigt werden.

Dieses Prinzip, das auch die beiden Aserbaidschaner angesprochen hatten, fällt derzeit nach zwei Jahren weg. Dies soll ebenfalls verkürzt werden - angedacht ist ein Jahr. Mittlerweile stellt die bayerische Staatsregierung auch Geld für ehrenamtlich geleitete Sprachkurse zur Verfügung - pro Kurs 500 Euro, falls daran mindestens fünf Flüchtlinge teilnehmen. Ein Honorar für die Ehrenamtlichen wird nicht entrichtet. Weickert begrüßte die Initiative der Kirche für eine bessere Willkommenskultur. Er machte aber klar, dass das in unserem Land nicht jeder so sehe.

"Der Grundgedanke in Deutschland ist doch, man will keine Asylanten", meinte der Küpser Pfarrer Friedrich Seegenschmiedt bezüglich des komplexen Asylverfahrens. Dem stimmte Weickert zu. Franz Kluge aus Tettau, der sich ehrenamtlich für Flüchtlinge engagiert, sprach von psychosomatischen Krankheiten der Asylbewerber, bedingt durch den Stress und den unwahrscheinlichen Druck.


Kontakt aufnehmen

Wie aber können nun Ehrenamtliche solchen Menschen helfen? "Das ist eine höchstpersönliche Angelegenheit. Das Wichtigste ist, erst einmal Kontakt zu diesen Menschen aufzunehmen, sich mit ihnen zu unterhalten, ihnen vielleicht einmal das Dorf zu zeigen", regte Weickert an. Insbesondere brauche es eine neue Haltung gegenüber den Flüchtlingen.

Dies hatte auch Dekanin Dorothea Richter eingangs der Dekanatssynode betont. Im Dekanat könne man das Flüchtlingsproblem sicherlich nicht lösen. Aber man könne - darin war sie sich sicher - einen Beitrag dazu leisten, den Menschen ihre Situation zu erleichtern.

Laut Karin Pfadenhauer, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks Ludwigsstadt-Kronach/Michelau, unterhält man in unserer Region drei Gemeinschaftsunterkünfte in Coburg, in der circa 200 Asylsuchende betreut werden, sowie eine in Kronach mit circa 40 Personen. Weitere 100 Asylsuchende seien dezentral in Kronach untergebracht.


Eine Fahrt organisiert

Um die Menschen aus ihrer "isolierten Insel" Kronach zu holen, habe man eine Fahrt organisiert. "Die Flüchtlinge wollten ins Deutsche Museum in Nürnberg sowie ins Grenzlandmuseum in Mödlareuth. Sie wollten verstehen, wo sie sind. Das hat mich tief beeindruckt", erklärte sie. Man suche immer wieder Übersetzer und weitere ehrenamtliche Mitarbeiter, die sich in vielen Bereichen einbringen könnten. Auch auf Spenden sei man weiterhin angewiesen. Besonders würden sich die Flüchtlinge über gebrauchte Fahrräder freuen. Diese würden auch abgeholt. Abschließend war sie sich sicher, dass die Flüchtlinge ein großer Gewinn für unsere Region sein könnten - insbesondere auch in der Ausbildungssituation. Dafür müsse man sie gut in der Gesellschaft positionieren.

In drei Arbeitsgruppen diskutierten - unter der Leitung von Dekanin Dorothea Richter, Pfarrer Albrecht Bischoff beziehungsweise Pfarrerin Alina Ellgring - die Synodalen, was man persönlich als Ehrenamtliche für eine bessere Willkommenskultur tun könne. An den Diskussionsrunden nahmen auch Gerd Weickert, die beiden Aserbaidschaner sowie Christine Witton, Verena Täuber sowie Franz Kluge, die ehrenamtlich in der Asylarbeit tätig sind, teil. Die Dekanatssynode wurde mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der St. Laurentius-Kirche sowie einem Abendessen beschlossen.


Rückblick und Vorschau

Im Rahmen der Dekanatssynode ließ Dekanin Dorothea Richter das vergangene Jahr im Dekanat Revue passieren. Die Jahresrechnung des Dekanatsbezirks für das Jahr 2013 wurde mit 470 900,79 Euro beschlossen, der Haushalt 2014 (beides einschließlich der Effeltermühle) mit 431 570 Euro beschlossen. Am Reformationstag lädt das Dekanat heuer zu zwei Fest-Gottesdiensten ein: In der Michaeliskirche in Ludwigsstadt predigt Peter Taeger, Superintendent aus Rudolstadt, über das Thema "Ein festes Fundament". Im Süden lädt man zum 60-jährigen Bestehen der Dr.-Martin-Luther-Kirche in Hummendorf mit Pfarrer Christoph Teille.
Weiter Termin: Sonntag, 9. November 2014, 17 Uhr: Festgottesdienst in der Lorenzkirche Probstzella anlässlich 25 Jahre Grenzöffnung Ludwigsstadt - Probstzella.


Verabschiedung

Cornelia Leiss aus Ludwigsstadt gibt aus persönlichen Gründen ihre kirchlichen Ehrenämter auf. Sie war seit 2010 im Präsidium der Dekanatssynode das Gesicht des Nordens. Ebenfalls verabschiedet wurde der Kindergottesdienstbeauftrage David Reinhold.