Virus ist in Köpfen der Kronacher angekommen

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Die Kühltheken in Hubei sind leer, die Menschen bewegen sich teilweise mit Schutzmasken durch das Geschäft. Fotos: privat
Die Kühltheken in Hubei sind leer, die Menschen bewegen sich teilweise mit Schutzmasken durch das Geschäft. Fotos: privat

Die Ausbreitung des Coronavirus' wird weltweit mit Argusaugen beobachtet. Bei den Bürgern im Kreis Kronach ist es noch kein großes Thema. Allerdings gibt es einige Bereiche, in denen es den Alltag der Menschen im Frankenwald berührt.

Marco MeissnerAußerhalb des Landkreises Landsberg am Lech dürfte Kaufering bislang nur wenigen ein Begriff gewesen sein. Seit Dienstag ist der knapp 10 000 Einwohner große Markt nun allerdings auch bundesweit bekannt - weil aus ihm jener 33 Jahre alte Mann stammt, der der erste bestätigte Coronavirus-Patient in Deutschland ist. Behandelt wird er auf der Isolierstation des Klinikums Schwabing in München. Inzwischen haben sich auch mindestens drei seiner Kollegen beim Autozulieferer Webasto mit dem in China ausgebrochenen Virus infiziert. Und die Zahl der am Coronavirus Erkrankten steigt täglich weiter. Weltweit sollen sich bislang über 6000 Menschen angesteckt haben. Mehr als 130 sind daran gestorben.

Keine Nachfrage nach Masken

Was nun offenbar dazu geführt hat, dass sich plötzlich Schutzmasken besonderer Beliebtheit erfreuen. In einigen bayerischen Apotheken sind sie sogar schon ausverkauft. Zwar beherrscht das Virus derzeit die Schlagzeilen, von der andernorts schon ausgebrochenen Hysterie wollen sich die Frankenwälder allerdings ebenso wenig anstecken lassen wie vom Virus selbst.

In der Teuschnitzer Stadt-Apotheke ist die Lage beispielsweise noch sehr ruhig - trotz eines vermeintlichen Engpasses. "Es gibt bei uns keine Masken mehr", sagt Apotheker Clemens Richter. Allerdings relativiert er diesen Mangel sofort: "Es gibt bis jetzt auch keine Nachfrage." Er habe sich interessenshalber beim Großhandel umgehört. Dort habe er vom Ausverkauf der Masken erfahren. Und wenn schon für die Metropolen keine mehr im Vorrat seien, sehe es für die dünner besiedelten Gebiete nicht besser aus, so sein Rückschluss. Allerdings ist die Wirksamkeit dieser Schutzmasken unter Fachleuten auch umstritten.

In der Helios-Frankenwaldklinik behalten die Patienten ebenfalls kühlen Kopf. Bislang seien noch keine Patienten "auf uns zugekommen, die eine Infektion mit dem Coronavirus befürchtet haben", sagt Klinik-Pressesprecher Stefan Studtrucker. Bei Nachfragen aus generellem Interesse würden die Ärzte - auch aufgrund der im Winter üblichen Grippeprävention - aktuell verstärkt auf wirksame Hygienemaßnahmen hinweisen. Etwa, sich regelmäßig und gründlich die Hände zu desinfizieren. Wer in seinem häuslichen Umfeld mit Infektionskrankheiten zu tun hat, sollte zudem auf Besuche in der Klinik verzichten, bittet der Pressesprecher. Denn so könne der Übertragungsweg effektiv unterbrochen werden.

Schnell isolieren

Doch wie wäre eigentlich der Ablauf, wenn ein Patient in die Frankenwaldklinik kommen würde, bei dem dann tatsächlich das Coronavirus nachgewiesen wird? "Die Helios-Kliniken folgen bei der Diagnostik und Behandlung von Patienten mit Verdacht auf das Coronavirus den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes (RKI, die Red.), die wiederum auf aktuellen Mitteilungen der Weltgesundheitsorganisation WHO basieren", erklärt Studtrucker.

Bei Verdachtsfällen würden daher in enger Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden alle Vorkehrungen getroffen, um den Befund zu sichern, die betreffenden Patienten zu isolieren und diese so schnell wie möglich zur Therapie in eine dafür ausgerüstete, spezialisierte Klinik zu verlegen. Solange der Verdacht auf eine Corona- oder Influenza-Virusinfektion besteht, müsse das Personal zu seinem eigenen Schutz zudem eine Schutzausrüstung anziehen. Sollten die Mitarbeiter der Notaufnahme entsprechende Symptome bemerken, würden diese gezielt nach möglichen Reisen oder persönlichen Kontakten in den asiatischen Raum fragen.

Tägliche Berichte

Einen großen Teil dieses Bereichs dürfen Angestellte von Heinz-Glas erst gar nicht mehr betreten. "Für unsere Mitarbeiter haben wir ein Reiseverbot nach China erteilt", teilt die Kleintettauer Unternehmensgruppe auf Anfrage des Fränkischen Tags mit. Was auch bedeutet, dass das in Guangzhou angesiedelte "Sales Office" vorerst nicht vollständig besetzt sein wird. Von der elf Millionen Einwohner großen Stadt Wuhan, von der aus sich der Virus ausbreitete, ist es an die 1000 Kilometer entfernt.

Noch einmal 780 Kilometer mehr trennen Wuhan und die Provinz Liaoyang im Nordosten von China. Dort ist der Neuseser Automobilzulieferer Dr. Schneider seit Mitte 2014 mit einem Produktionswerk vertreten, in dem nach Angaben der Unternehmensgruppe mehr als 200 Mitarbeiter angestellt sind.

Der Coronavirus sei aus diesem Grund seit der vergangenen Woche im Neuseser Stammsitz auch ein wichtiges Thema, betont Pressesprecherin Ria Schuberth. Die Geschäftsführung sowie die Verantwortlichen für das Personal stünden in engem Kontakt mit der Werksleitung in Liaoyang. "Von dort erhalten wir täglich eine Berichterstattung über die Ausbreitung des Virus sowie die aktuellen Geschehnisse vor Ort in China. Auf diese haben wir mit konkreten Maßnahmen reagiert, um ein Risiko für unsere Mitarbeiter hinsichtlich einer möglichen Infektion mit dem Coronavirus zu vermeiden oder zumindest zu minimieren", erklärt Schuberth.

Zu den konkreten Sicherheitsmaßnahmen zählen der Verzicht auf Entsendungen und Geschäftsreisen nach Südost-Asien, das Rückholangebot an alle bereits Entsendeten sowie ein Regelwerk für die Mitarbeiter, um die Ansteckungsgefahr möglichst gering zu halten.

"Alle Betroffenen im Werk China sowie die Verantwortlichen an unseren deutschen sowie internationalen Standorten wurden umgehend informiert. Wir haben dabei stets versucht, keine Panik zu erzeugen. Unser Fokus lag auf einer umfassenden Aufklärung und Information der betroffenen Mitarbeiter", erklärt Schuberth weiter.

Keine Panik verbreiten

Inzwischen sei ein Merkblatt erstellt worden, auf dem erklärt wird, wie man sich vor einer Infektion schützen kann und welche Regeln dafür befolgt werden müssen. "Alle Betroffenen im chinesischen Werk, aber auch die Verantwortlichen an unseren deutschen sowie internationalen Standorten wurden umgehend informiert." Dabei sei stets versucht worden, keine Panik zu erzeugen. Ein Reiseverbot nach China gibt es bei Dr. Schneider folglich derzeit nicht.

Ganz anders stellt sich die Situation für Stefan Schedel aus dem Kreis Kronach dar. Dessen Freundin ist gerade in China und lieferte ihm Bilder aus Hubei, die er uns zur Verfügung stellt. "Die Wohnung kann man nur verlassen, wenn man Lebensmittel kaufen möchte", schildert er die Eindrücke, seiner Freundin. Und er fügt an: "Wenn dann noch was da ist." Doch die Fotos zeigen, dass viele Truhen und Regale nur noch spärlich besetzt sind.