Das Mitwitzer Wasserschloss ist momentan Kulisse für pikante Geschichten. Gedreht wird eine Dokumentation über das Leben an den europäischen Adelshäusern.
Nicht einen Zentimeter, nicht einmal einen Millimeter wagen sie es, sich zu bewegen. Das Team hinter Volker Schmidt-Sondermann erstarrt, nachdem der Regisseur sein Zeichen für den Start der nächsten Aufnahme gegeben hat. Nur die beiden Akteure vor der Kamera - Caroline von Brauschwaig-Wolfenbüttel und ihre Kammerzofe - bringen Leben in die Szene aus dem Jahr 1795.
Geschuldet ist der plötzliche Stillstand den alten Dielen in den Räumen des Wasserschlosses
Mitwitz. Die Holzbretter atmen nicht nur Geschichte. Bei jeder kleinsten Bewegung knarzen sie laut unter dem Gewicht der Anwesenden. Eine kleine Macke, die man angesichts der ansonsten perfekten Kulisse für die ZDF-Dokumentationsreihe wohl gerne in Kauf nimmt.
Aufnahmen für ZDF-Doku
In drei Teilen widmet sich das Format "ZDFZeit" dem Leben an europäischen Adelshäusern in den vergangenen drei Jahrhunderten. Begonnen hat der Dreh Anfang Mai in den Coburger Schlössern Callenberg und Ehrenburg. Für drei weitere Drehtage macht das Team nun Halt im Mitwitzer Schloss.
"Es ist ein wahres Schmuckkästchen", zeigt sich Claudia Ulrich begeistert von der Schlossanlage. Die Historikerin ist verantwortlich für das Szenenbild, das sowohl geschichtlich als auch stilistisch auf jede Szene penibelst abgestimmt wird. Dass in einer Szene, die in der Zeit des späten Rokoko spielt, ein Accessoire aus dem Jugendstil auftaucht - bei Ulrich ausgeschlossen. "Wir suchen die Sachen für jede Szene dediziert zusammen", erklärt sie. Dabei greifen sie nicht nur auf speziellen
Theaterfundus für Möbel und Kostüme zurück, sondern erhalten oft auch Leihgaben von privaten Sammlern. Einige Requisiten stammen auch aus dem Wasserschloss selbst. Ulrich kennt die Räume schon von früheren Dreharbeiten - und ist neben den entgegenkommenden Mitwitzern auch vom besonderen Flair angetan.
Intime Atomsphäre
"Die Atmosphäre hier ist eher vertraulich", sagt sie. "Das ist ideal für die Szenen in den intimen Damenboudoirs der damaligen Zeit." Genau in einer solchen Szene findet sich auch Schauspielerin Helene Blechinger wieder. Sie spielt die Caroline - später bekannt als Königin von Großbritannien, Irland und Hannover - die zum ersten Mal auf einem kleinen Passepartout das Gesicht ihres zukünftigen Ehemannes erblickt. Der TV-Zuschauer sieht hier später vermutlich den Beginn einer unglücklichen Liebesgeschichte, die von Betrug, Lügen und Intrigen geprägt sein wird.
Arrangierte Ehen und Mätressen - nur einige der weniger gut gehüteten Geheimnisse der Royals, mit denen sich die Doku-Reihe beschäftigen wird. Zu den Themen royale Liebe, royale Kindheit und royale Skandale erzählen ZDF-Redakteurin Ulrike Grunewald und ihr Regisseur jeweils fünf Episoden. "Selbstverständlich sind darunter die besonders pikanten und spektakulären Geschichten aus den vergangenen drei Jahrhunderten", verrät Regisseur Schmidt-Sondermann. Ein vierter Teil wird sich mit dem Leben von Prinz Charles beschäftigen. Während die anderen Teile voraussichtlich im August im ZDF zu sehen sein werden, soll das Portrait erst im November anlässlich des 70sten Geburtstags des Thronfolgers gezeigt werden.
Viermal Charles
Alleine für Prinz Charles wurden vier Schauspieler im Alter von Mitte Zwanzig bis Ende Sechzig gesucht, insgesamt sind rund 70 Talente an der Produktion beteiligt. "Es ist natürlich eine besondere Herausforderung beim Casting, talentierte Schauspieler zu finden, die auch optisch eine Gewisse Ähnlichkeit mit den Royals haben", sagt Fynn Simoneit, Mitarbeiter der Produktionsfirma. Im April hatten die Produzenten noch zu einem großen Casting nach Coburg eingeladen. Die Schauspielerin, die die Caroline mimt, kommt vom Landestheater in Würzburg. Ihre Zofe ist allerdings eine blutige Anfängerin - und dazu noch Gesicht aus der Region.
Die 17-jährige Rahel Fiedler aus Neuensorg im Landkreis Coburg hat spontan am Casting teilgenommen und eine kleine Rolle ergattern können. Die morgendliche Aufregung habe sich schnell gelegt, erzählt sie am Set. "Es sind hier alle total freundlich und wir sind die Szene vorher oft durchgegangen."
Eine Sprechrolle hat die Schülerin nicht. Mit der ehrenvollen Aufgabe, der Adeligen Caroline das Bild ihres Zukünftigen zu überreichen, spielt sie dennoch eine wichtige Rolle in dieser pikanten Adels-Geschichte.