Hubert Bähr geht mit der CSU hart ins Gericht - ihm drohte der Parteiausschluss. Jetzt macht er Kreisvorsitzendem Jürgen Baumgärtner große Vorwürfe.
Der Zweite Vorsitzende des CSU-Ortsverbands Marktrodach, Hubert Bähr, nimmt nach internen Querelen seinen Hut und verlässt die Partei. Damit kam er einem Ausschluss durch die Frankenwald-CSU zuvor. Vor allem dem Vorsitzenden des Kreisverbands, Jürgen Baumgärtner, schreibt er im gleichen Atemzug zu, massiven Druck auf ihn ausgeübt zu haben.
Bähr sieht sich mit einer Reihe von Vorwürfen seitens des Kreisvorstands konfrontiert. Da geht es um Beitragserhebungen bei den Mitgliedern des früheren Ortsverbands Zeyern, die der seinerzeitige Vorsitzende Bähr nicht wie vorgeschrieben erhoben habe. Es geht um Facebook-Kommentare Bährs in Ausländerfragen, die Personen aus dem rechten Spektrum als Trittbrettfahrer genutzt haben. Und es geht um Aufforderungen, die eigene Partei nicht zu wählen. Für den Kreisgeschäftsführer der CSU, Bernd Liebhardt, alles Punkte, die von einem Funktionär auf Dauer nicht tolerierbar sind.
Sitz im Rat behalten
Bähr selbst, seit 35 Jahren in der CSU, distanziert sich von dieser Kritik. Er sieht in den Vorwürfen und der Art und Weise, wie mit ihm umgegangen wurde, einen Feldzug. Er habe lediglich von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht und dabei auch niemanden persönlich angegriffen. Ebenso habe er keinen AfD-Jargon in seinen Facebook-Posts angeschlagen, wie es ihm der Kreisvorstand vorgeworfen habe.
Die Ursache für den Zwist macht Bähr daran fest, dass er dem Landtagsabgeordneten Jürgen Baumgärtner ein Dorn im Auge sei. "Ich glaube, er verträgt es nicht, wenn man ihm Contra gibt", spekuliert Bähr. Genau das tue er jedoch immer wieder, wenn er anderer Meinung sei. Die Folge seien Drohungen, massiver Druck und Telefonterror gewesen, erzählt Bähr, der nun rechtliche Schritte ins Auge fasst.
Mit Bähr verliert die CSU jedoch nicht nur ein Parteimitglied und einen Funktionär, sondern auch einen Sitz im Marktgemeinderat. Den will das Noch-Mitglied nämlich auch nach seinem Ausscheiden aus der Partei behalten.
"Verhalten parteischädigend"
Doch was sagt der CSU-Kreisvorsitzende Jürgen Baumgärtner zu diesen schweren Vorwürfen? Gegenüber dieser Zeitung erklärt er: "Das muss man aushalten. Beim Thema Drohanruf muss ich sagen, dass ich mit dem Herren immer im Beisein eines Mitarbeiters telefoniert habe. Solche Vorwürfe sind bedauerlich, das ist leider aber Alltagsgeschäft."
Baumgärtner nennt Bährs Verhalten parteischädigend. Zudem habe sich der frühere Zeyerner CSU-Ortsvorsitzende "radikalisiert". "Das passiert derzeit in der Frankenwald-CSU häufiger, dass Mitglieder auch wegen der Flüchtlingspolitik nach rechts rücken und austreten. Das will ich gar nicht wegdiskutieren", räumt Baumgärtner ein. Doch Bährs extreme Ansichten seien nicht mehr CSU-Positionen: "Wir sind eine Volkspartei, die auch in ihren Themen einen großen Bogen einnehmen muss." Eine gerichtliche Auseinandersetzung mit Bähr wegen des Vorwurfs der üblen Nachrede fürchtet Baumgärtner indes nicht: "Er wird das nicht tun. Und wenn doch, dann stehe ich zu dem, was ich gesagt habe."
Der Offizier der Reserve Baumgärtner ist seit 2013 Landtagsabgeordneter, führt seinen Kreisverband mit fester Hand, organisierte die jüngste Landratswahl sehr erfolgreich. Doch der strahlende Politiker hat eine düstere Vergangenheit: In seiner Jugend war der gebürtige Kronacher bekennender Neo-Nazi, nahm an Heß-Gedenkmärschen in Wunsiedel teil und unterstützte die rechtsextreme Gruppierung "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene". Unter den Rechtsradikalen galt er als Führungsfigur in Franken.
Dann habe er nach eigenen Worten Anfang der 90er Jahre die Szene verlassen und sich geändert: "Doch ich weiß, dass mich dieses Thema mein Leben lang begleiten wird. Meine Vergangenheit bietet eine große Angriffsfläche", beteuert der CSU-Kreisvorsitzende, der als seine Strategie angibt, dass es "rechts von der CSU nix geben" dürfe. Während des Kronacher Landratswahlkampfs sorgte er mit dem Satz "Die Leute wissen: Wenn der Baumgärtner da ist, brauchen sie keine AfD" für Diskussionen - auch in der eigenen Partei.
Sogar im CSU-Bezirksverband Oberfranken sind die Vorgänge im Frankenwald bekannt, wie der Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Friedrich einräumt: "Ich habe vergangene Woche eine Nachricht darüber bekommen." Friedrich legt aber Wert auf die Feststellung, dass "jeder Kreisverband seine Dinge selbst regeln müsse", denn es gebe immer wieder Differenzen. Gerade die Flüchtlingskrise sorge für erhitzte, emotionale Diskussionen - auch in der CSU, wie der Ex-Innenminister einräumt. Doch die Frage wird in der Frankenwald-CSU sein, wie rau der Umgangston zwischen den Parteifreunden sein darf.
Hubert Bähr will nach seinem CSU-Austritt im Marktgemeinderat bleiben
Hubert Bähr, Zweiter Vorsitzender des CSU-Ortsverbands Marktrodach, redet Tacheles zu seinem Austritt aus der Frankenwald-CSU. Zunächst im Internet und in einer Stellungnahme an die Medien, dann aber auch im persönlichen Gespräch. Vor allem kritisiert er das Verhalten, mit dem ihm der Kreisvorstand mit Jürgen Baumgärtner an der Spitze zu Leibe gerückt sei. Deshalb erwägt er auch rechtliche Schritte. Die Frankenwald-CSU kann diese Anschuldigungen ihrerseits nicht verstehen. Darum geht es beiden Seiten:
Die Beiträge: Kreisgeschäftsführer Bernd Liebhardt erinnert sich, erstmals in Beitragsangelegenheiten auf Bähr getroffen zu sein. Der habe sich damals schon lange in der CSU engagiert. "Im Prinzip war alles gut." Als es jedoch darum ging, eine beschlossene Beitragserhöhung im damaligen Ortsverband Zeyern umzusetzen, habe sich Bähr als Vorsitzender quer gestellt und "öffentlich rumgemault". Dabei habe sich der Kreisvorstand ja auch nur an die parteiinternen Regeln, also einen Mehrheitsbeschluss, gehalten.
Bähr sah sich bei der Umsetzung der Vorgaben als "Totengräber der CSU Zeyern". Die Mitglieder hätten sich gesträubt, elf von 22 seien in der Folge ausgetreten. Der Kreisvorsitzende habe genau das in Kauf genommen und gesagt, wer nicht zahle, müsse eben austreten. Für Bähr schwer nachvollziehbar. Außerdem habe sich um finanzielle Geschichten ohnehin der Kassier gekümmert. "Mit dem Geld hatte ich nichts zu tun", betont er. Das sieht Liebhardt anders, da der Vorsitzende in allen Angelegenheiten seines Ortsverbands in der Pflicht stehe.
Flüchtlinge: Bähr räumt ein, bezogen auf die überregionalen Aktivitäten der CSU sachliche, aber auch mal zugespitzte Kritik zu üben. Dabei gehe es unter anderem um die "Masseneinwanderungs-Politik" der Regierung. Mit AfD-Nähe hat das Ganze seiner Ansicht nach nichts zu tun. Von dieser Partei will sich Bähr klar distanzieren.
Da er seine Kritik recht unreflektiert in soziale Medien eingestellt habe, habe er damit allerdings auch ein gewisses Umfeld angelockt, stellt Liebhardt fest. "Da steigern sich dann manche rein", spricht er vom Auftauchen fragwürdiger Kommentare. Mehrfach sei Bähr "in ruhigem Ton" und "gutmütig" darauf hingewiesen worden, hier vorsichtiger zu agieren. Doch er habe wenig daraus gelernt.
"Als Funktionär der CSU hätte Bähr sich und seine Forderungen doch einbringen können. Ich lebe genau das vor. Er ist ja an sich ein ruhiger Mensch, aber auf Facebook scheint er diese Eigenschaft zu verlieren, dort zeigt er unverhohlen seine Nähe zu rechtem Gedankengut", stellt Jürgen Baumgärtner fest.
Parteikritik: "Kritik ist in der Frankenwald-CSU erwünscht, gerne auch gegenüber dem Vorsitzenden", betont der Kreisgeschäftsführer. Er erinnert an Posts, die Bähr als Parteifunktionär abgesetzt habe. Darin habe er nicht nur die Kanzlerin beschimpft, sondern auch aktiv zum Nicht-Wählen der CSU und ihrer Kandidaten sowie zum Parteiaustritt aufgerufen. Diese Äußerungen habe man dokumentiert und dem Kreisvorstand vorgelegt.
Er habe sich den Mund nicht verbieten lassen, betont Bähr. Er habe weiter seine Meinung gesagt, "ohne jemanden zu diffamieren".
Folgen: Mit der Zeit habe sich die Situation hochgeschaukelt, beschreibt Bähr das Hickhack zwischen ihm und dem Kreisvorstand. Ausschlaggebend ist aus seiner Sicht, dass er Baumgärtner zu oft mit einer unterschiedlichen Meinung in die Quere gekommen sei. "Ich glaube, dass er es nicht verträgt, wenn ihm jemand Contra gibt", meint er. Die Folgen seien gewesen, dass ihm der Mund verboten werden sollte, dass er Drohanrufe und Telefonterror erlebt habe. Ein "menschenverachtendes Verhalten" wirft Bähr dem Kreisvorsitzenden deshalb vor. Als Beispiel nennt er unter anderem, dass man ihn bei der Organisation des Barbara-Stamm-Besuchs urplötzlich ausgebootet und ihm nicht einmal ein Grußwort zugestanden habe.
Liebhardt unterstreicht, die Führung der Frankenwald-CSU habe wiederholt das Gespräch gesucht, sei damit allerdings gescheitert. Gerade Baumgärtner habe dennoch immer wieder Milde in dieser Angelegenheit walten lassen. "Ich hätte eher die Reißleine gezogen", stellt der Kreisgeschäftsführer fest, dass Bährs Verhalten aus seiner Sicht längst nicht mehr tolerierbar für eine Volkspartei gewesen sei.
Gemeinderat: "Wenn er sein Mandat behält, ist das rechtlich in Ordnung - wenn er es mit seinem Gewissen vereinbaren kann", erklärt Liebhardt zu Bährs Sitz im Marktgemeinderat. Bähr erwidert, dieses Amt behalten zu wollen: "Ich bin von den Bürgern gewählt, nicht von der CSU."
Stimmen zu dem Thema
Jens Korn Der stellvertretende CSU-Kreisvorsitzende bedauert die Geschehnisse. Bähr habe für die CSU viel geleistet. Eine Volkspartei müsse eine inhaltliche Diskussion aushalten. Anders sehe es aus, wenn ein Funktionsträger die sozialen Medien unterschätze und der Partei schade ("Facebook ist kein Stammtisch - das ist öffentlich."). Korn stellt weiter klar, dass Baumgärtner "kein Öl ins Feuer gegossen hat".
Norbert Gräbner Der Bürgermeister von Marktrodach erklärt, dass die CSU auch mit künftig zwei Ratsmitgliedern ihren Fraktionsstatus behalten werde. AfD-Nähe könne er sich bei Bähr nicht vorstellen, da der ja sogar im Arbeitskreis für die Flüchtlinge aktiv sei.
Glaubt man denn beim FT in Bamberg, dass es in Kronach interessiert, wenn zum 25.Mal die Jugendsünden eines heute sehr erfolgreichen Abgeordneten Jürgen Baumgärtner wiederholt werden. Danke lieber FT, den ich seit fast 40 Jahren lese, es langweilt !
Wenn ich den Bericht so lese kommt es mir vor das hier ein " Diktator " als Landtagabgeordneter sich darstellt. Baumgärtner nennt Bährs Verhalten parteischädigend. Zudem habe sich der frühere Zeyerner CSU-Ortsvorsitzende "radikalisiert". Sagst du heute deine Meinung wo den Herrschaften nicht gefällt wirst du gleich in die rechte Ecke gestellt. Leute, gehts noch, was zieht sich der Herr Abgeordnete für Medikamente rein?? Wie es ausschaut darf man in der CSU seine Meinung nicht mehr öffentlich sagen. Und beim Drohanruf war bei den Herrn Abgeordneten immer jemand 24 Stunden anwesend. Mein Großvater sagte immer, Politik ist die " Größte Hure " und das stimmt. Und unsere Politiker egal welche Partei, wollen nur an die Macht, dass Volk ist ihnen schon längst wurst, nur zur Wahl brauchen sie es.
Unzulässig
"Beim Thema Drohanruf muss ich sagen, dass ich mit dem Herren immer im Beisein eines Mitarbeiters telefoniert habe."
Das Zuschalten einer weiteren Person ohne Zustimmung des Telefonpartners ist rechtlich unzulässig und demzufolge rechtsunerheblich.
Ich denke eher, er meint dass sich noch ein weiterer Mitarbeiter im selben Raum befunden hat als er telefonierte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich noch jemand weiteres in die Leitung zugeschaltet hat, um mitzuhören.