Steinberg: 104 Liter pro Sekunde zu wenig

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Hubert Spindler überprüft den Wasserstand an der Messstelle in Steinberg. Cindy Dötschel
Hubert Spindler überprüft den Wasserstand an der Messstelle in Steinberg. Cindy Dötschel
Am 7. August lag der Pegelstand bei der Messstelle in Steinberg bei 105 Zentimetern. Grafik: Dagmar Klumb
Am 7. August lag der Pegelstand bei der Messstelle in Steinberg bei 105 Zentimetern. Grafik: Dagmar Klumb
 
Bei der Messstelle in Steinberg steht ein kleines Häuschen, in dem sich die Technik zur Übertragung der Daten befindet. Cindy Dötschel
Bei der Messstelle in Steinberg steht ein kleines Häuschen, in dem sich die Technik zur Übertragung der Daten befindet. Cindy Dötschel
 
Durch den niedrigen Wasserstand ragen die Steine im Flussbett stellenweise bereits aus dem Wasser. Cindy Dötschel
Durch den niedrigen Wasserstand ragen die Steine im Flussbett stellenweise bereits aus dem Wasser. Cindy Dötschel
 
Zur Messung fließt das Wasser durch eine Art in den Boden gelassenes Trapez. Cindy Dötschel
Zur Messung fließt das Wasser durch eine Art in den Boden gelassenes Trapez. Cindy Dötschel
 
Neben einer am Beton befestigten Messlatte wird der Pegelstand außerdem durch ein Radar erfasst. Cindy Dötschel
Neben einer am Beton befestigten Messlatte wird der Pegelstand außerdem durch ein Radar erfasst. Cindy Dötschel
 
Matthias Schrepfermann, Betriebsleiter der Mauthaustalsperre, gibt Auskunft über die Kapazität des Stausees. Cindy Dötschel
Matthias Schrepfermann, Betriebsleiter der Mauthaustalsperre, gibt Auskunft über die Kapazität des Stausees. Cindy Dötschel
 

Nur 17 Liter Wasser fließen derzeit an der Messstelle in Steinberg pro Sekunde vorbei. Die Leidtragenden sind unter anderem die heimischen Fische.

Der Wasserstand ist so niedrig, dass die Steine im Flussbett der Kronach stellenweise über die Oberfläche ragen. Wenige Meter weiter verändert sich die Flussform. Das Wasser fließt durch eine Art in den Boden eingelassenes Trapez aus Beton und Fliesen. "Der Pegelstand beträgt derzeit 104 Zentimeter", sagt Hubert Spindler nach dem Blick auf eine gelbe Messlatte, die am Beton befestigt ist.

Die Wassertiefe entspreche allerdings nicht dem Pegelstand des Flusses, erklärt der Mitarbeiter des Sachgebiets für Gewässerkunde beim Wasserwirtschaftsamt: "Der Wasserstand und der Durchfluss stehen jedoch in einer Beziehung zueinander, beim jetzigen Wasserstand fließen 17 Liter pro Sekunde an der Messstelle vorbei."

Im vergangenen Sommer sei zeitweise gar kein Wasser durch die Messstelle bei Steinbach geflossen. Dennoch findet er den aktuellen Wasserstand bedenklich. "Bei einem mittleren Niedrigwasserstand würde der Abfluss hier noch immer bei 121 Litern pro Sekunde liegen", betont Spindler und weist auf die sehr kritische Lage hin.

Durch einzelne, heftige Regenschauer steigt der Pegel nur für kurze Zeit. "Wir bräuchten einen mehrtägigen Landregen, damit sich der Wasserstand wieder reguliert", erläutert er. Die Flüsse speisen sich auch über das Grundwasser, der Boden sei derzeit allerdings so hart und dicht, dass bei einem Starkregen nichts versickern könne.

Wasserentnahme aus Bächen

Jetzt noch Wasser für den privaten Gebrauch aus den Bächen zu entnehmen, wäre fatal. "Auch der Bau von kleinen Staudämmen kann für Fische und andere Wasserlebewesen problematisch werden", weiß der 57-Jährige.

Die Trockenheit wirkt sich auch auf das Grundwasser aus: "In unserem Amtsgebiet gibt es 40 Messstellen für den Pegel und rund 180 Stellen zur Messung des Grundwassers, überall ist der Stand derzeit niedrig." Zum Amtsgebiet von Spindler und seinen sechs Kollegen gehören neben dem Landkreis Kronach auch die Landkreise Bamberg, Coburg, Forchheim und Lichtenfels.

Eine regelmäßige Messung des Wasserstands ist auch für Angler, Flößer, Versicherungen und Ingenieure wichtig. "Ein niedriger Wasserstand kann zu Interessenskonflikten führen. Wenn die Gewässer aufgestaut werden, sind noch niedrigere Wasserstände unterhalb die Folge. Andere Nutzer können dann beeinträchtigt werden." Was Neubauten oder Versicherungspolicen betrifft, sind vor allem die bei Hochwasser gemessenen Werte relevant.

Um sicherzustellen, dass der Wasserstand kontinuierlich erfasst wird, wird dieser über zwei unterschiedliche Systeme gemessen. In Steinberg kommen ein Radarsensor und eine Drucksonde, die nahe der Messlatte angebracht ist, zum Einsatz. "Es werden immer die Daten von beiden Geräten erfasst und übermittelt, bei größeren Differenzen oder wenn eines der Systeme ausfällt, überprüfen wir dann noch einmal die Lage vor Ort."

Sauerstoff knapp

Für die heimischen Fische ist die aktuelle Situation verheerend. "Die Fische leiden unter dem niedrigen Wasserstand", bedauert Alfred Bittruf. Weil der Sauerstoff fehlt, nehmen die Fische dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kreisfischereivereins Kronach zufolge auch weniger Nahrung auf. Die Folge: Sie werden inaktiv. Dabei sei es besonders für die Brut und die Aufzucht wichtig, dass die Fische genug Zooplankton aufnehmen.

Für den Sauerstoffmangel ist neben der steigenden Wassertemperatur auch die Konzentration der Fadenalgen verantwortlich. Diese haben sich in den letzten Wochen durch die Hitzewellen und den niedrigeren Wasserfluss begünstigt in den Flüssen vermehrt. "Die Algen rauben den Fischen Lebensraum und Sauerstoff und können sogar deren Kiemen verkleben", schildert Bittruf die aktuelle Situation. In den Unterläufen Richtung Bamberg sei die Situation dieselbe.

Vor allem die Forelle, die als Leitfisch der Region gilt, leidet unter dem niedrigen Wasserstand. "Die Forelle fühlt sich bei acht Grad am wohlsten und versucht, sich an die letzten tiefen Stellen, wo noch einigermaßen Sauerstoff vorhanden ist, zurückzuziehen." In niedrigeren Stellen des Gewässers geht von Kormoranen und Reiern außerdem eine zusätzliche Gefahr für die Forellen aus.

Kein Brot füttern

Bittruf weißt außerdem, darauf hin, dass das Füttern von Enten mit Brot und Semmeln die Situation zusätzlich verschlimmern kann: "Das Brot, das die Enten nicht fressen, sinkt auf den Grund und gärt." Was dann dazu führt, dass zusätzlicher Sauerstoff verbraucht wird.

Ködeltalsperre: Genug Trinkwasser für zwei Jahre vorhanden

Wenn die Trinkwassertalsperre Mauthaus, auch Ködeltalsperre genannt, komplett gefüllt ist, fasst diese 20 Millionen Kubikmeter Wasser. "Der mittlere Tiefstand nach einem trockenen Sommerhalbjahr wie zuletzt 2018 liegt bei 13,9 Millionen", berichtet Matthias Schrepfermann.

Die Sorge darüber, dass das Trinkwasser knapp werden könne, sei unbegründet. "Jeder dritte Oberfranke bekommt sein Trinkwasser aus Mauthaus, das sind knapp 400 000 Personen." Die Kapazität der Talsperre ist so ausgelegt, dass diese nach einem Doppeltrockenjahr noch immer zu einem Fünftel gefüllt wäre. In diesem Fall seien dann noch drei Millionen Kubikmeter Wasser im Stausee.

"Als Doppeltrockenjahr werden in der Wasserwirtschaft vier aufeinanderfolgende trockene Halbjahre, also zwei trockene hydrologische Jahre, bezeichnet", erklärt der Kronacher. Ein hydrologisches Jahr wird in zwei Halbjahre unterteilt, das Sommerhalbjahr beginnt am 1. Mai und endet am 31. Oktober. Im letzten Sommerhalbjahr sind insgesamt 936 318 Kubikmeter Wasser in die Talsperre gelaufen. Dieser Wert wurde im laufenden Sommerhalbjahr bereits innerhalb der Monate Mai und Juni zu 98 Prozent erreicht.

Der Betriebsbeauftragte der Talsperre beruhigt: "In der Vergangenheit ist es noch nie vorgekommen, dass ein trockenes Sommer- und ein trockenes Winterhalbjahr aufeinander gefolgt sind. Derzeit fließen 36 Liter Wasser pro Sekunde über zwei Bäche in die Ködeltalsperre. "Über die Tschirner Ködel kommen zwölf und über die Nordhalbener Ködel 24 Liter."

70 Liter pro Sekunde

Durch die Ködeltalsperre wird der Abfluss der Rodach, die im thüringischen Grenzgebiet bei Rodacherbrunn entspringt und nach 53 Kilometern bei Schwürbitz in den Main mündet, reguliert. "Pro Sekunde werden ganzjährlich 70 Liter von der Sperre in den Fluss geleitet", erklärt Schrepfermann. Bei einer Hitzewelle wird die Menge erhöht. Entscheidend sei, dass der Abfluss der Rodach bei der Messstelle Rieblich 225 Liter pro Sekunde beträgt.

Auf den Wasserstand in der Bamberger Umgebung hat der Abfluss der Rodach nur einen geringen Einfluss. "Der Anteil des Wassers, der bei der Messstelle in Trunstadt vorbeifließt, kommt nur zu einem Prozent aus der Rodach."