Schlüsseldienst: Warum Matthias Schmidt nicht nur mit verschlossenen Türen zu kämpfen hat

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Mit Fingerspitzengefühl: Um so wenig Schaden wie möglich anzurichten, versucht Matthias Schmidt, die Tür mithilfe eines Drahtes und eine halbierten Ersatzschlüssels zu öffnen. Foto: Marian Hamacher
Mit Fingerspitzengefühl: Um so wenig Schaden wie möglich anzurichten, versucht Matthias Schmidt, die Tür mithilfe eines Drahtes und eine halbierten Ersatzschlüssels zu öffnen. Foto: Marian Hamacher
Matthias Schmidt Foto: Marian Hamacher
Matthias Schmidt Foto: Marian Hamacher
 

Der Kronacher Matthias Schmidt hat sich mit einem Schlüsseldienst selbstständig gemacht. Zu kämpfen hat er in seinem Job allerdings nicht nur mit verschlossenen Türen.

Inzwischen sieht der Schlüssel aus wie ein halbes "P" - mit dem kleinen Unterschied, dass das Bein des malträtierten Schließgegenstands um einiges gezackter ist als das des Buchstabens. Knapp fünf Minuten sind vergangen, seitdem Matthias Schmidt den silbernen Schlüssel in eine kleine Schraubzwinge gespannt und längs durchgeflext hat.

Jetzt schiebt er ihn langsam ins Türschloss, fest fixiert von Damen und Zeigefinger. Vorsichtig führt der 35-Jährige mit der rechten Hand einen schmalen Draht an der glatt gefeilten Schlüsselkante entlang ins Schloss. "Ich versuche, damit die Falle mitzunehmen", erklärt er. "Das ist diese Schließnase, die die Tür verriegelt." Das sehe zwar einfach aus, erfordere dann aber doch nicht nur Können, sondern auch ein bisschen Fingerspitzengefühl.

Schmidt hat beides. Kaum hörbar gleitet die Falle zurück. Die Tür ist offen. "Sehen Sie, zerstörungsfrei. Außer ein Schlüssel für 4,95 Euro ", sagt er und schaut seine Auftraggeberin zufrieden an. Die hat nun ein ebenso breites Strahlen im Gesicht wie der ganz in blau gekleidete Mann mit den kurzen blonden Haaren.

Was Irmgard Rochholz passiert ist, könnte man wohl als Klassiker bezeichnen: Eine stressige Situation, die Tür fällt zu - doch der Schlüssel steckt noch auf der falschen Seite. "Ich habe zwar zur Sicherheit einen Ersatzschlüssel bei meinen Nachbarn, aber weil der andere ja von innen steckte, ließ sich die Tür trotzdem nicht öffnen", erzählt die 84-Jährige. Also muss der Schlüsseldienst ran.

Sonderlich lange ist Matthias Schmidt noch nicht im Geschäft. Erst im März machte sich der Kronacher mit seinem "Schlüsseldienst Kronach" selbstständig. Der Gedanke dazu sei ihm gekommen als der Zylinder seiner Haustür kaputt ging. "Da habe ich gemerkt, dass es in Kronach kaum jemanden gibt, der das reparieren kann", sagt der gelernte Industriemechaniker. Einige Schulungen sowie Investitionen in Ausrüstung und Homepage später, ist es soweit. Es kann losgehen.

Festpreis am Telefon

Ein Schlüsseldienstunternehmen aus dem Nichts aufzubauen, sei zwar ein hartes Brot, dennoch sind ihm die Hürden nicht hoch genug: "Man muss nur Schulungen nachweisen, ein Gewerbe anmelden und braucht ein polizeiliches Führungszeugnis." Gäbe es eine staatliche Prüfung, würde es möglicherweise auch weniger schwarze Schafe geben, mit der seine Branche oftmals in Verbindung gebracht wird, findet er. "Wenn ich zu einer Türöffnung komme, werde ich oft damit konfrontiert, dass ich doch ein Abzocker bin", erzählt er. "Das ärgert mich schon etwas. Denn nur weil es schwarze Schafe gibt, heißt das ja nicht, dass ich auch eines bin.

Er lasse sich am Telefon zunächst die Situation schildern und vereinbare dann einen Festpreis. "Der kann sich aber natürlich erhöhen, wenn ich am Telefon falsche Angaben bekomme." Etwa, wenn sich vor Ort herausstellt, dass die Tür mit einem Zylinder ausgestattet ist, der es einem deutlich schwerer macht, sie zu öffnen. Oder wenn die Fräse zum Einsatz kommt. "Das kostet dann extra", so Schmidt. "Aber ich sage dann immer vorher, was ich mache und was sich am Preis ändern würde." Der Standardpreis für eine Türöffnung im Kronacher Stadtgebiet koste zwischen 79 und 89 Euro für die Öffnung. Je weiter die Anfahrt ist, desto teuerer werde es.

Er rät dazu, im Notfall nicht die erstbeste Nummer im Telefonbuch anzurufen, wenn die Tür nicht mehr aufgeht (siehe Infokasten). "Auf gar keinen Fall sollte man eine 0800-er Nummer wählen oder ein Callcenter anrufen, das einen Schlüsseldienst vermittelt", rät er. Wichtig seien auch Google-Bewertungen und eine Homepage, auf der im Impressum auch die Adresse des Schlüsseldienstes angegeben ist.

Lieber durchs Fenster

Tipps, die sicher auch Friedrich Rappen (Name von der Redaktion geändert) geholfen hätten. Vor einiger Zeit sei bei einer Nachbarin das Schloss kaputt gegangen. Zwar habe er für sie im Telefonbuch eine Kronacher Nummer herausgesucht, gekommen sei dann aber der Wagen eines Schlüsseldienstes mit Saalfelder Kennzeichen. "Als ich ihn dann fragte, wo er denn nun herkommt, fragte er mich nur, ob ich ein Verwandter sei", erzählt Rappen. "Falls nicht, solle ich sofort verschwinden, sonst mache er gar nichts. Meine Nachbarin ist dann von ihm ordentlich abgezockt worden."

Ein seriöser Schlüsseldienst versuche immer, so zerstörungsfrei wie möglich in die Wohnung zu kommen, betont Schmidt. "Am besten mit dem Draht, einem Spachtel oder der Öffnungskarte." Hätte er die Tür von Irmgard Rochholz nicht auf diese Art aufbekommen, hätte er den Zylinder aufknicken müssen, sagt der 35-Jährige. Ein Vorgehen, dass aber nicht für jede Art Tür ratsam sei.

Ist in der Tür etwa ein Elektroschließzylinder verbaut, hüte er sich davor, diesen zu zerstören. "Der kostet immerhin zwischen 400 und 500 Euro. Da bohre ich dann lieber ein Loch ins Fenster und gelange so in die Wohnung. Das ist um einiges billiger!"

Der Zylinder an Rochholz' Tür hat die Öffnungsprozedur zwar unbeschadet überstanden, ausbauen wird Schmidt ihn bald trotzdem. Das gleiche Missgeschick will die 84-Jährige nämlich nicht noch einmal erleben müssen. Sie bekommt nun ein Schloss, das sich auch öffnen lässt, wenn der Schlüssel wieder von innen stecken sollte.

Die sieben Tipps der Verbraucherzentrale gegen überzogen hohe Rechnungen

Die Verbraucherzentrale gibt sieben Tipps für den Umgang mit Schlüsseldiensten:

1. Bewahren Sie trotz der Notsituation einen kühlen Kopf. Vergleichen Sie vorab die Angebote und Preise. Bedenken Sie, dass ein lokaler Notdienst kürzere Anfahrtszeiten hat. Erfragen Sie beim Anruf, von wo der Monteur kommen wird. Haben Sie einen Notdienst unter Ihrer örtlichen Vorwahl erreicht, so brauchen Sie auch nur die Kosten für An- und Abfahrt innerhalb der Ortsgrenzen zu bezahlen. Darüber hinausgehende Beträge können Sie später von der Rechnung streichen.

2. Fragen Sie vor der Auftragsvergabe nach einem verbindlichen Komplettpreis für die Türöffnung. Vereinbaren Sie einen Festpreis, der auch die Anfahrtskosten und eventuelle Zuschläge enthält.

3. Schildern Sie dem Schlüsseldienst genau, was passiert ist. Ist die Tür nur zugefallen oder ist sie abgeschlossen? Welche Art von Schloss ist betroffen - zum Beispiel ein Sicherheitsschloss? So kann der Notdienst genau kalkulieren.

4. Definieren Sie, was genau gemacht werden soll. Legen Sie in Ihrem Auftrag fest, dass nur die verschlossene Tür wieder geöffnet werden soll. Eine Auswechslung des ganzen Schlosses ist meist nicht notwendig. Führen Sie das Gespräch unter Zeugen, sodass Sie getroffene Vereinbarungen beweisen können.

5. Achten Sie auf Zuschläge. Schlüsseldienste dürfen Zuschläge nur außerhalb der üblichen Arbeitszeiten verlangen. "Sofortzuschläge", "Bereitstellungszuschläge" und "Spezialwerkzeugkosten" sind nicht erlaubt.

6. Zahlen Sie nur, was Sie vereinbart haben. Bevor Sie die Rechnung unterschreiben, sollten Sie die einzelnen Posten genau prüfen. Streichen Sie Passagen, die Sie nicht wünschen oder nicht vereinbart haben. Niemand kann Sie zwingen, nicht vereinbarte Regelungen zu akzeptieren. Sie können auch nur die Erteilung des Auftrags bestätigen. Viele Firmen verlangen eine Barzahlung. Zahlen Sie nur, wenn eine detaillierte Rechnung vorliegt und diese der Vereinbarung entspricht. Wenn Sie nicht genügend Bargeld zur Verfügung haben, bestehen Sie auf eine Zahlung per Rechnung. Fahren Sie nicht mit dem Monteur zum Geldautomaten!

7. Lassen Sie sich von niemanden nötigen. Sollte der gerufene Handwerker Sie unter Druck setzen, etwa indem er droht, die Tür wieder zu verschließen, zögern Sie nicht, die Polizei über den Notruf 110 zu rufen. Zudem sollte man vorbeugen: Damit Sie erst gar nicht vor verschlossener Tür stehen und einen Notdienst brauchen, sollten Sie einen Zweitschlüssel bei einer Person Ihres Vertrauen hinterlegen.