Prognosen: Erreicht die wirtschaftliche Delle auch den Kreis Kronach?

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Die Automobilbranche musste 2018 harte Schläge einstecken. Negative Entwicklungen in dieser Branche können auch auf die Zulieferer aus dem Landkreis Kronach durchschlagen. Foto: Oliver Berg/dpa
Die Automobilbranche musste 2018 harte Schläge einstecken. Negative Entwicklungen in dieser Branche können auch auf die Zulieferer aus dem Landkreis Kronach durchschlagen. Foto: Oliver Berg/dpa

Die mäßigen Wirtschaftsprognosen für 2019 werden im Landkreis Kronach ernst genommen. Panik lösen sie nicht aus.

Winterzeit ist Prognosenzeit. Und mit Blick auf das Jahr 2019 wird die deutsche Wirtschaft geradezu damit überschwemmt. Der Währungsfonds senkte seine Wachstumsvorhersage von 1,9 auf 1,3 Prozent, Experten sehen eine sich deutlich verschlechternde Stimmung in der Wirtschaft, und selbst die Bundesregierung erwartet eine Wachstumsdelle. Wie geht die heimische Industrie mit solchen Vorhersagen um?

"Wie ich bei den Unternehmen heraushöre, gibt es jetzt schon erste Warnzeichen, was die Erwartungen an die Geschäftsentwicklung 2019 betrifft", stellt Hans Rebhan fest. Der IHK-Vizepräsident hat den Blick hinter die Kulissen, den mehrere Firmen auf unsere Anfrage nach Einschätzungen und konkreten Folgen der aktuellen Prognosen noch nicht gewähren konnten oder wollten. Einige Unternehmen verwiesen auf die Absenz des zuständigen Ansprechpartners, einige auf weiteren Analysebedarf in den eigenen Reihen.

"Es gibt Betriebe, die fahren schon Kurzarbeit", erklärt Rebhan, dass die globalen Entwicklungen als Eckpfeiler der Prognosen bereits deutlich früher Auswirkungen auf die betriebliche Wirklichkeit im Frankenwald gezeigt haben. Der IHK-Vize stimmt aber nicht in den Einheitschor der Unkenrufer ein, der zurzeit in allen Medien trällert. Die Lage auf dem Markt sei "indifferent", meint Rebhan. Sprich: Während manche Betriebe schon auf die Bremse treten, melden andere durchaus noch gute Auftragslagen.

Als ungeschriebenes Gesetz darf man die Zahlenspiele der Experten sicher nicht einstufen, doch sollte man sie auch nicht als graue Theorie abstreifen. Rebhan meint: "Das Ergebnis ist nicht dramatisch, aber man sollte schon aufhorchen. Ein negativer Trend zeichnet sich ab." Wenn dann noch eine gerade für die heimische Region wichtige Branche wie die Automobilindustrie von Rückschlägen betroffen ist, "dann ist eine ganze Wertschöpfungskette betroffen".

Relativ gelassen verfolgt Rebhan das "politische Pokerspiel" um den Brexit. Er glaubt, dass die notwendigen Weichen rechtzeitig gestellt werden und sich auch die Logistiker sowie Dienstleister in den Häfen entsprechend vorbereiten, um am Tag X nicht die gesamte Wirtschaft gegen die Wand zu fahren.

Was Rebhan als problematisch erachtet, ist jedoch die Verunsicherung, die momentan in der Bevölkerung grassiert. Auch in dieser Hinsicht kommt er auf den neuralgischen Bereich Automobil zu sprechen, der die vielen Zulieferer in der heimischen Region unmittelbar tangiert. Wenn es um die Zukunft der Mobilität geht, sieht Rebhan die Menschen in Deutschland in einer Zwickmühle, wodurch letztlich die Wirtschaft ausgebremst wird. Wer wird am Ende Recht behalten im Reigen der Experten und Politiker, wenn es um Diesel, Benzin und E-Mobilität geht? "Viele warten ab, wohin die Reise geht - und dadurch stagniert der Markt", lautet Rebhans Einschätzung.

Fette Jahre vorbei?

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Von einer anderen Warte aus verfolgt Betriebsseelsorger Eckhard Schneider die Entwicklungen in den Betrieben. Für ihn steht die Sichtweise der Belegschaften im Mittelpunkt. Seine Eindrücke decken sich jedoch in vielerlei Hinsicht mit denen des IHK-Vizepräsidenten. Auf der einen Seite erkennt er positive Aspekte in den heimischen Betrieben. So spricht er von Vorgesetzten, die sich heute oftmals offener als früher präsentieren. "Das Betriebsklima allgemein ist mit dem Blick auf den Führungsstil besser geworden", erklärt er ein spürbares Dazulernen in den Chefetagen.

Gerade in einer Zeit schlechter Prognosen sei das wichtig. Schneider sagt: "Die Leute werden besser mitgenommen als früher. Man versucht auch, die Angst rauszunehmen." Berechtigterweise. Er stellt momentan nämlich bei vielen Beschäftigten ein Umdenken fest. "Zuletzt hatte man die Sorge am Arbeitsplatz, jetzt geht es wieder um die Sorge um den Arbeitsplatz." Das Menschliche im Berufsleben dürfe daher nicht von Diskussionen um Lohnhöhen und Renditen verschluckt werden.

Das System hinterfragen

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Im Bereich der Stammbelegschaften erkennt der Betriebsseelsorger zurzeit noch keine Anzeichen für eine drohende Entlassungswelle wegen der Wirtschaftsperspektiven. Er vermutet aber, dass die Kleinsten ein rückläufiges Wirtschaftswachstum ausbaden müssten. "Zeitarbeiter, Leiharbeiter und Werksverträgler, die fallen als Erste raus", befürchtet Schneider für den Fall, dass die Prognosen Wirklichkeit werden. Und nach 30 fetten Jahren sei jetzt wohl immer wieder mit Einbrüchen zu rechnen.

Nicht nur das lässt ihn über Sinn und Unsinn des Wachstumsdrucks in der Gesellschaft nachdenken. "Dürfen wir uns ein permanentes Wachstum mit Blick auf die Kinder, die Enkel und die Schöpfung überhaupt leisten? Es ist letztlich eine Systemfrage, die zu stellen ist - da muss jeder sein eigenes Verhalten überprüfen."

Acht Herausforderungen

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"Es liegt nicht nur an diesem Jahr, da kommen mehrere Aspekte zusammen", sagt Eckhard Schneider und nennt Herausforderungen für die Unternehmen der Region:

1. Unsicherheit beim Brexit

2. Handelskrieg (USA/China)

3. Energiepolitik

4. Dieselskandal

5. Anderes Einkaufsverhalten

6. Firmen in Dauerkrisen

7. Missmanagement

8. Arbeit 4.0 schlägt unerwartet schnell durch