Die KAB hatte zum Thema "Sie planen Deine Altersarmut" eingeladen. Drei Bundestagskandidaten diskutierten über die gesetzliche Rente in Deutschland.
Eine Sockelrente als "Espresso", eine Erwerbstätigenversicherung als "Milchkaffee" sowie als "Milchschaum" eine betriebliche und private Vorsorge - so sieht das Rentenmodell der KAB aus, das "Cappuccino-Modell". Die Rente stelle, so der Geschäftsführer des KAB-Diözesanverbands Bamberg, Ralph Korschinsky, für seinen Sozialverband einen Schwerpunkt des Bundestagswahlkampfes dar.
Zur Diskussion begrüßte er die Bundestagskandidaten Doris Aschenbrenner von der SPD, René Hähnlein von den Linken sowie Thomas Müller von der ÖDP. Die CSU ließ sich entschuldigen, die FDP hatte nicht auf die Einladung reagiert. Die AfD habe man nicht eingeladen, da deren Programm nicht mit den Prinzipien der KAB in Einklang gebracht werden könne.
"Wer einen schlechten Lohn bekommt, hat auch im Alter wenig", prangerte der Geschäftsführer insbesondere die ständig wachsende Anzahl prekärer Beschäftigungen an. Der Mindestlohn sei weit entfernt von den von der KAB geforderten 12,50 Euro. Eine private Vorsorge könnten sich Schlechtverdienende nicht leisten. Das sinkende Rentenniveau werde 2030 nur noch 43 Prozent betragen und führe oftmals zu Renten zwischen 400 Euro und 600 Euro.
Verweis auf Österreich
"Man arbeitet ein Leben lang und erhält eine Rente, von der man nicht leben kann", kritisierte er. Gerade davon betroffen seien Frauen, die deutlich weniger als Männer verdienten. Das Rentensystem erachtete er generell als gut. Es müsse aber nachjustiert werden. Ziele der KAB seien eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung. Man wolle mehr Solidarität schaffen und Altersarmut verhindern. Hierzu gehöre auch eine bessere Anerkennung der Erziehungs-, Pflege- und Bildungszeiten. Zudem fordere man einen Einbezug aller Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung, was auch von den drei Bundestagskandidaten so unterstrichen wurde. Das KAB-Rentenmodell habe - laut Hähnlein und Müller - viele Gemeinsamkeiten mit dem ihrer Parteien. Hähnlein verwies auf Österreich. Stelle man die Eckrente (Standardrente) zwischen deutschen und österreichischen Rentnern gegenüber, so erhielten ein Mann und eine Frau in Österreich 2247 Euro und 1274 Euro Rente, in Deutschland 1162 Euro und 916 Euro. Eine Rente bis 67 Jahre lehne seine Partei komplett ab. Zudem fordere man eine solidarische Mindestsicherung von 1050 Euro und eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze. "Wenn jemand leistungsfähig ist, kann er mehr leisten. Millionäre brauchen keine gesetzliche Rente, aber die gesetzliche Rente braucht Millionäre", mahnte er.
Dem schloss sich Müller an. Wie ein Rentensystem ohne Beitragsbemessungsgrenze funktioniere, mache die Schweiz vor. "Ich halte unser Rentensystem nicht mehr für gerecht. Wir brauchen ein neues. Alles andere wären nur kosmetische Operationen", forderte er. Die einzigen, deren Rente sicher sei, seien Beamte und Politiker. Die Ungerechtigkeit zeige sich bei der Gegenüberstellung von Beamtenpensionen und gesetzlicher Renten. Die Höhe der Pension richtet sich nach dem letzten Verdienst. Bei Rentnern wird der Durchschnittsverdienst ihres ganzen Arbeitslebens zugrunde gelegt.
"Wir müssen an die Rente ran", forderte Aschenbrenner. Das bestehende System werde seit Jahren gegenfinanziert. Die Menschen erhielten teilweise eine Hungerrente. Im reichen Deutschland herrsche Altersarmut. Die SPD habe ein eigenes Konzept, das gleich in der nächsten Legislaturperiode umsetzbar wäre: eine "doppelte Haltelinie". Demzufolge möchte man das Rentenniveau bei 48 Prozent eines Durchschnittslohns halten und den Beitragssatz bei 22 Prozent deckeln. Das Konzept beinhaltet auch eine Solidarrente für Geringverdiener von 10 Prozent über der Grundsicherung.
Die vielen Besucher brachten sich im Katholischen Pfarrzentrum mit einer Reihe von Redebeiträgen ein. "Unser Rentensystem funktioniert seit über 125 Jahren und hat schwierigste Zeiten überstanden", würdigte Heinz Hausmann. Eine Überprüfung und Anpassung sei aber unabdingbar. Als Rentenberater wisse er, dass Selbständige im Alter oft die ärmsten Leute seien. Ein Einbeziehen in die gesetzliche Rentenversicherung wäre schon aufgrund ihrer eigenen Sicherheit wünschenswert.
"Wo war die Politik in all den Jahren?", hieß es im Publikum. Dass Frauen weniger verdienten und Rente erhielten, sei kein neues Problem. Auch die Frage nach einem bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) kam auf. Hähnlein verwies auf Finnland, wo heuer ein Experiment mit dem BGE gestartet wurde. "Die Rente ist ein komplexes System", entgegnete Aschenbrenner. Was in einem anderen Land mit einem anderen System gelinge, funktioniere nicht automatisch in Deutschland. Gefragt sei "eine Prise Realismus" - konkret eine solide Berechnung unterschiedlicher Experten. Sie selbst kenne keine vorliegenden Daten, wie ein BGE in Deutschland funktionieren könne. Dagegen sprach sich Müller aus, der einen "sozialen Kahlschlag ohne Ende" befürchtete. Zudem brauche der Mensch Anreize, selbst etwas zu leisten.
Scharf prangerte Mathilde Hutzl die prekären Arbeitsverhältnisse an. Es könne nicht sein, dass Leiharbeiter schlechter als Stammarbeiter bezahlt würden. Mini-Jobs seien als Überbrückung vorgesehen gewesen, nicht das ganze Leben hindurch. Hier gelte es an der Schraube zu drehen, ebenso wie bei der Tatsache, dass Frauen 20 Prozent weniger als Männer verdienten. "Wir lehnen die Leiharbeit ab", betonte Hähnlein, während sich Aschenbrenner gegen eine grundsätzliche Abschaffung aussprach. Jedoch müsse man sich über die Entlohnung massiv unterhalten, wobei insbesondere die Gewerkschaften gefragt seien. "Die Leiharbeit-Firmen verdienen sich dumm und dusslig. Die Rahmenbedingung sind falsch", mahnte Müller. Abschließend warf KAB-Diözesansekretärin Maria Gerstner ein, dass man eine Gruppe von Menschen, die gerne arbeiten würde, komplett davon ausschließe - und damit auch von der Einzahlung in die Rentenversicherung: Die Flüchtlinge, die von vielen Firmen lieber heute als morgen eingestellt würden.