Landkreis Kronach will besser bei Ärzten landen

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Die Kommunen müssen sich anstrengen, um Medizinier in die ländlichen Gebiete zu holen: Kinderbetreuung, Hilfe bei Job- und Wohnungssuche und vielleicht sogar Prämien sollen dabei helfen. Foto: Archiv/Hendrik Steffens
Die Kommunen müssen sich anstrengen, um Medizinier in die ländlichen Gebiete zu holen: Kinderbetreuung, Hilfe bei Job- und Wohnungssuche und vielleicht sogar Prämien sollen dabei helfen.  Foto: Archiv/Hendrik Steffens

Um die ärztliche Versorgung zu sichern, wollen die Kommunen bei der Wohnraumsuche helfen und Kinderbetreuung anbieten. Auch Prämien sind im Gespräch.

Wie steht es mit der ärztlichen Versorgung im Landkreis Kronach? Welchen Beitrag können die Kommunen leisten, um künftig eine Sicherstellung zu gewährleisten? Darum ging es am Montag bei der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit im Landratsamt.
Wenn alles nach Plan läuft, so ist bis Mitte 2018 eine Bereitschaftsarztpraxis an der Helios-Frankenwaldklinik eingerichtet. Jürgen Baumgärtner geht noch weiter: "Wir brauchen dringend eine Kinderarztbereitschaftspraxis in der Region!"


Engpässe in der Ferienzeit

Fakt ist, dass die vier Notarztstandorte Steinbach, Steinwiesen, Pressig und Kronach erhalten bleiben. Allerdings, so räumte Astrid Hünner von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) ein, könne es vorkommen, dass zwei Standorte - vor allem in der Urlaubszeit - nicht besetzt seien. Dann müsse die Klinik mit eingebunden werden, denn es sei schwierig, für die Region externe Notärzte zu gewinnen. Unter anderem liege das an den relativ wenigen Einsätzen mit durchschnittlich 1,1 bis 1,5 innerhalb von 24 Stunden, begründet. Die Notärzte wollen einfach "mehr zu tun haben". Hinzu komme, je mehr Einsätze, desto höher die Vergütung. Ein Notarzt erhalte pro Stunde 20 Euro und pro Einsatz 76 Euro.
Für Diskussion sorgte das Thema "Bereitschaftspraxis". Hier sprach Hünner davon, dass bis Juni 2018 eine Bereitschaftspraxis in der Helios-Frankenwaldklinik etabliert werden soll. Ein erstes Gespräch mit der Klinikführung habe es gegeben. Anfang April soll ein weiteres folgen.


Bereitschaftspraxis für Notfälle

Eine klare Absage erteilte Hünner hingegen den Überlegungen, im nördlichen Landkreis Kronach eine weitere Bereitschaftspraxis zu installieren. Sie sprach von einem Radius von 25 Kilometern und von einer Anfahrtzeit von 30 Minuten, den ein Patient in Kauf nehmen könnte, um in eine Bereitschaftspraxis zu kommen. Man sei auch nicht gebunden, bayerische Bereitschaftsarztpraxen aufzusuchen.
Zuvor ging sie auf die Reform des Bereitschaftsdienstes der niedergelassenen Ärzte ein. Durch das neue System soll eine flächendeckende medizinische Versorgung in Bayern gewährleistet werden. Aus den acht Pilotregionen kommen positive Ergebnisse.
Hintergrund ist der, dass immer weniger Ärzte sich entschließen, eine Praxis auf dem Land zu eröffnen. Das stellt auch den Landkreis Kronach vor ein immer größeres Versorgungsproblem. Mittlerweile sind auch Poolärzte beschäftigt. Das sind von der KVB geprüfte und geschulte Ärzte, die über keine eigene Praxis verfügen, diesen Dienst aber übernehmen. Eingesetzt werden sollen zur Entlastung der Bereitschaftsärzte eigene Fahrer für Hausbesuche.
In den Pilotregionen funktioniere das System gut. Die durchschnittlichen 240 Bereitschaftsstunden, die ein Arzt pro Jahr leistet, konnten auf 72 Stunden reduziert werden, erklärte sie.
Der Tettauer Bürgermeister, Peter Ebertsch, fragte an, warum denn kein Notarzt- und Bereitschaftsdienst parallel geleistet werden könnte. In der Rennsteig-Region habe dies gut funktioniert. Um eine bessere flächendeckende ärztliche Versorgung gewährleisten zu können, habe man größere Bereitschaftsdienstbereiche schaffen müssen, erklärte Hünner.


Ärzte mit Geld aufs Land locken?

Die KV gehe die Herausforderung der ärztlichen Versorgung zielführend an, so MdL Jürgen Baumgärtner. Außerdem: "Es gibt keine Alternative!" Und für ihn stehe außer Frage, dass man Geld in die Hand nehmen müsse, um Ärzte in den Landkreis zu holen.
Am Anfang der Sitzung berichtete Andrea Hahn von der Arbeit der Geschäftsstelle von Gesundheitsregion plus, Landkreis Kronach. Unter anderem sprach sie vom Fokus auf Sicherung der wohnortnahen, ambulant-ärztlichen Versorgung. Sie berichtete über die Ergebnisse einer Ärztebefragung. 89 Ärzte im Landkreis seien angeschrieben worden. Die Rücklaufquote betrug 60,1 Prozent.
Als Gründe für die Niederlassung im Landkreis Kronach wurden Heimatverbundenheit, attraktive Lebensbedingungen und ein hohes Maß an Anerkennung genannt. Die Mehrheit der Teilnehmer strebe eine Nachbesetzung der Einzelpraxis an. 18 Ärzte äußerten konkrete Pläne, in den nächsten fünf Jahren ihre Praxis abzugeben, aber nur sechs davon suchen aktiv nach eine Nachfolge.
Diesbezüglich sprach Landrat Klaus Löffler (CSU) von einer "riesigen Herausforderung". Man müsse gemeinsam nach Maßnahmen suchen, um für junge Mediziner attraktiver zu werden. Hier wurden als Beispiele Ausbau finanzieller Förderungen, kommunale Unterstützung bei der Jobsuche des Partners, flexible Möglichkeiten der Kinderbetreuung und Unterstützung bei der Wohnraumsuche genannt.
Der Kardiologe und Kreisrat Gerhard Brühl wies auf den großen Mangel an Fachärzten in der Region hin. Den jungen Ärzten müsse in der Region etwas geboten werden. "Wir haben Potenzial", meinte der Stockheimer Bürgermeister Rainer Detsch. Es sei eine Frage der Kommunikation. Für den Mediziner Matthias Rudolph ist der "Weiterbildungsassistent" eine Möglichkeit, um junge Ärzte in die Region zu holen. Uwe Fleischmann wies darauf hin, dass die Klinik über das Lucas-Crannach-Stipendium versuche, angehende Ärzte auf die Region aufmerksam zu machen.


Regelmäßige Treffen geplant

Oliver Skal wünschte mehr Details. Er hatte Befürchtungen, dass die ganze Diskussion ins Leere läuft. Es gehe ihm darum, "wer macht was bis wann". Landrat Klaus Löffler beauftragte den Geschäftsführer der Wirtschafts- und Strukturentwicklungsgesellschaft Wolfgang Puff und Andrea Hahn hier am Ball zu bleiben, Kontakte mit den Ärzten aufzunehmen, im Gespräch zu bleiben mit den medizinischen Einrichtungen, Rettungsorganisationen etc. Regelmäßig sollen nun auch Sitzungen stattfinden, in denen konkrete Maßnahmen vorgestellt und diskutiert werden sollen.
Letztendlich galt aber sein Dank den "Helfern vor Ort", die einen unschätzbaren Dienst für ihre Nächsten leisten und im Notfall bis zum Eintreffen eines Arztes Ersthelfermaßnahmen durchführen.