Baywa ist ein Agrarmarkt
Der einzige Markt, in dem Peter Witton in Kronach Glyphosat-Produkte kaufen konnte, war die Baywa. Deren Pressereferentin Maria Crusius schickte der Beantwortung unserer Fragen eine Einordnung voran. "Der Baywa-Standort Kronach ist kein Baumarkt und damit auch nicht - wie bei Baumärkten üblich - vorrangig auf das Endverbrauchergeschäft ausgerichtet. Vielmehr ist der Baywa-Betrieb ein Agrarfachmarkt mit klarer Ausrichtung auf die landwirtschaftliche Kundschaft."
Neben selektiven Herbiziden, die nur einzelne Pflanzen abtöten, vertreibt die Baywa auch zugelassene glyphosathaltige Produkte für den Einsatz in der Landwirtschaft.
Unbegrenzt kaufen könne diese aber nicht jeder. "Die Baywa vertreibt Pflanzenschutzmittel ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften und unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen", betont Crusius. Grundlage sei die 2012 erfolgte Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes.
Privatkunden erhielten Glyphosat-Artikel nur mit einer Haus- und Kleingartenzulassung, die in der Regel an kleine Verpackungsgrößen bis zu maximal einem Liter gebunden ist. Die Kunden würden ferner beraten, dass sie die Produkte ausschließlich auf Kulturland und ausschließlich mit Hilfe der Pumpspritze ausbringen dürfen.
Wer Pflanzenschutzmittel in größerer Menge kaufen möchte, braucht einen Sachkundenachweis. Crusius: "Landwirte müssen nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis geschult sein und regelmäßig Sachkundelehrgänge absolvieren. Dies ist eine bindende Voraussetzung für den Erwerb von Pflanzenschutzprodukten."
Glyphosat darf nur eingeschränkt verwendet werden
In Deutschland sind zur Bekämpfung von Unkräutern einzelne glyphosathaltige Produkte auch für den Haus- und Kleingartenbereich zugelassen. Allerdings dürfen diese Breitbandherbizide nur auf Freilandflächen angewendet werden, die landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden.
In der Nähe von Gewässern und auf versiegelten Flächen wie gepflasterten Wegen oder Terrassen ist Glyphosat ohne behördliche Ausnahmegenehmigung verboten. Bei Regen könnte es wegschwemmen, in Gewässer gelangen und sie chemikalisch belasten. Wer trotzdem sprüht, den kann das bis zu 50 000 Euro kosten.
Bei der Glyphosat-Debatte stehen sich die zwei Lager diametral gegenüber
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Die politische Debatte um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist eine Diskussion mit zwei Wahrheiten. Zumindest gewinnt man den Eindruck, wenn man mit Beteiligten beider Lager spricht.
Im Landkreis sind der Kronacher Grünen-Stadtrat Peter Witton (siehe oben) und Erwin Schwarz, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), zwei Protagonisten in der Diskussion, bei der wissenschaftliche Studien zugunsten des anderen jeweils stark angezweifelt werden.
"Es ist bedenklich, wenn einfach etwas gestreut wird, und jeder glaubt es", sagt Erwin Schwarz über die Bedenken, Glyphosat sei gesundheits- und umweltschädlich. "Die Risiken werden durch die fehlerhafte Zulassung von Studien heruntergespielt und geleugnet", argumentiert Peter Witton.
Für den Grünen-Stadtrat ist die Krebsgefahr von Glyphosat die Spitze des Eisbergs. Die anderen Schäden an Menschen und Tieren, der biologischen Artenvielfalt, der Bodenqualität und der Wasserqualität seien möglicherweise viel schlimmer, hätten aber einen geringeren Stellenwert, meint Witton. Jahrzehntelang sei eine konkrete Aufklärung verhindert worden. "Es stimmt einfach nicht, dass Glyphosat unschädlich ist."
Glyphosat-Vorteile überwiegen
Erwin Schwarz sieht das komplett anders. Zwar sei das Mittel ganz gering toxisch, aber: "Es ist ein umweltfreundliches Mittel, nur der Zielorganismus stirbt ab. Die Vorteile überwiegen den Nachteilen", sagt der Bauer, der in Burggrub einen Milchviehbetrieb mit 180 Kühen hat. "Wenn alles, was ein bisschen schädlich ist, nicht mehr erlaubt ist, darf keiner mehr Auto fahren; dann gibt es keine Zivilisation mehr."
Glyphosat sei wesentlich besser als alles, was zuvor eingesetzt wurde. Es unterbreche die grüne Brücke, sorge dafür, dass neu gesätes Getreide nicht in alte Krankheiten hinein wachse. "Wenn ein Arzt auf einem nicht sterilen Tisch operiert, sind die Bakterien auch da."
Schwarz ist von der Unbedenklichkeit überzeugt. "Wenn es so schlecht wäre, würde nichts mehr wachsen und wir hätten auch kein intaktes Bodenleben." Zwar glaubt er, dass Glyphosat aufgrund des öffentlichen Drucks in fünf Jahren verboten sei, hält dies aber für falsch. Zum Witton-Argument, man müsse Landwirte für ihre Produkte besser bezahlen, dann bräuchten sie keine chemischen Mittel zur Ertragssteigerung, meint Schwarz: "Eine Milchmädchenrechnung. Wir haben immer weniger Flächen, aus denen wir den Ertrag herausholen müssen."