Kronacher Baumärkte setzen auf Glyphosat-Alternativen

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Es geht auch anders: Grünen-Stadtrat Peter Witton findet schon lange in den Kronacher Baumärkten gute Alternativen zum umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat. Foto: Rainer Glissnik
Es geht auch anders: Grünen-Stadtrat Peter Witton findet schon lange in den Kronacher Baumärkten gute Alternativen zum umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat. Foto: Rainer Glissnik

Grünen-Stadtrat Peter Witton hat sich in Kronach auf die Suche nach dem umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel gemacht. In den Baumärkten wurde er nicht fündig. In der Baywa steht es noch im Regal, der Erwerb ist aber beschränkt.

Die Verpackung sieht aus wie früher. Grüne oder gelbe Flaschen mit Sprühvorrichtung. Ihre Namen: "Vorox", "Unkrautfrei" und auch "Roundup". Genau das Mittel, das durch den Unkrautvernichter Glyphosat bekannt wurde. "Aber selbst das gibt es heute glyphosatfrei", sagt Peter Witton (Bündnis 90/Die Grünen).

Der Kronacher Stadtrat und Arzt, der sich seit einigen Jahren im Kampf gegen Glyphosat engagiert, hat in drei Kronacher Märkten getestet, ob glyphosathaltige Mittel noch verkauft werden. "Ich bin grundsätzlich zufrieden, wünsche mir aber, dass es auch in der Baywa für Privatkunden abgeschafft wird", lautet sein Fazit.

Bei Toom frühzeitig verbannt

Im Toom-Baumarkt wurde Witton auf der Suche nach Glyphosat nicht fündig. "Wir waren der erste Baumarkt Deutschlands, der schon im September 2015 alle glyphosathaltigen Produkte aus dem Verkauf genommen hat", beantwortet Daria Ezazi aus der Unternehmenskommunikation eine Anfrage unserer Redaktion. Stattdessen bietet das Unternehmen, das zur Rewe Group gehört, 16 alternative und umweltverträgliche Produkte an.

Alternativer Pflanzenschutz

Doch Toom bietet nicht nur alternative Unkrautvernichtungsmittel an, sondern wirbt auch mit Methoden, um chemische Mittel komplett überflüssig zu machen. "Die Kunden müssen sensibilisiert werden. Gerade für Kleingärtner gibt es gute andere Methoden", sagt Ezazi.

So könne man Unkräuter einfach entfernen, wenn dies im frühen Entwicklungsstadium geschehe. Auch das Mulchen des Bodens bekämpfe deren Wachstum. Auf befestigten Flächen empfehle Toom den Einsatz von Fugenratzern, Hochdruckreinigern oder Abflammgeräten.

Hagebaumarkt: Neuer Trend

Auch im Hagebaumarkt gibt es schon seit einigen Jahren kein Glyphosat mehr. "Als das Mittel in Verruf kam, haben wir es aus dem Sortiment genommen", berichtet Marktleiter Thomas Stumpf. Auch er beobachtet eine sinkende Nachfrage nach chemischen Mitteln. "Das hat sich unwahrscheinlich gedreht. Der Trend geht zu hin zu mechanischer Unkrautbekämpfung." Es würden eher Geräte zum Ausstechen anstatt Mittel zum Abtöten gekauft.

Die Pflanzenherbizide, die Hagebaumarkt noch verkauft, haben meistens Belargon- oder Essigsäure als Grundsubstanz. "Viele Kunden legen Wert darauf, glyphosatfreie Produkte zu kaufen. Wir Baumärkte haben uns darauf eingestellt", sagt Stumpf. Im Internet hingegen könne man alles bestellen, kritisiert er: "Wir schicken unsere Mitarbeiter auf Schulungen, und sie legen Prüfungen in Pflanzenschutzsachkunde ab. Online geht das aber alles. Da ist ein gesetzlicher Widerspruch."

Baywa ist ein Agrarmarkt

Der einzige Markt, in dem Peter Witton in Kronach Glyphosat-Produkte kaufen konnte, war die Baywa. Deren Pressereferentin Maria Crusius schickte der Beantwortung unserer Fragen eine Einordnung voran. "Der Baywa-Standort Kronach ist kein Baumarkt und damit auch nicht - wie bei Baumärkten üblich - vorrangig auf das Endverbrauchergeschäft ausgerichtet. Vielmehr ist der Baywa-Betrieb ein Agrarfachmarkt mit klarer Ausrichtung auf die landwirtschaftliche Kundschaft."

Neben selektiven Herbiziden, die nur einzelne Pflanzen abtöten, vertreibt die Baywa auch zugelassene glyphosathaltige Produkte für den Einsatz in der Landwirtschaft.

Unbegrenzt kaufen könne diese aber nicht jeder. "Die Baywa vertreibt Pflanzenschutzmittel ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften und unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen", betont Crusius. Grundlage sei die 2012 erfolgte Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes.

Privatkunden erhielten Glyphosat-Artikel nur mit einer Haus- und Kleingartenzulassung, die in der Regel an kleine Verpackungsgrößen bis zu maximal einem Liter gebunden ist. Die Kunden würden ferner beraten, dass sie die Produkte ausschließlich auf Kulturland und ausschließlich mit Hilfe der Pumpspritze ausbringen dürfen.

Wer Pflanzenschutzmittel in größerer Menge kaufen möchte, braucht einen Sachkundenachweis. Crusius: "Landwirte müssen nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis geschult sein und regelmäßig Sachkundelehrgänge absolvieren. Dies ist eine bindende Voraussetzung für den Erwerb von Pflanzenschutzprodukten."

Glyphosat darf nur eingeschränkt verwendet werden

In Deutschland sind zur Bekämpfung von Unkräutern einzelne glyphosathaltige Produkte auch für den Haus- und Kleingartenbereich zugelassen. Allerdings dürfen diese Breitbandherbizide nur auf Freilandflächen angewendet werden, die landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden.

In der Nähe von Gewässern und auf versiegelten Flächen wie gepflasterten Wegen oder Terrassen ist Glyphosat ohne behördliche Ausnahmegenehmigung verboten. Bei Regen könnte es wegschwemmen, in Gewässer gelangen und sie chemikalisch belasten. Wer trotzdem sprüht, den kann das bis zu 50 000 Euro kosten.

Bei der Glyphosat-Debatte stehen sich die zwei Lager diametral gegenüber

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Die politische Debatte um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist eine Diskussion mit zwei Wahrheiten. Zumindest gewinnt man den Eindruck, wenn man mit Beteiligten beider Lager spricht.

Im Landkreis sind der Kronacher Grünen-Stadtrat Peter Witton (siehe oben) und Erwin Schwarz, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), zwei Protagonisten in der Diskussion, bei der wissenschaftliche Studien zugunsten des anderen jeweils stark angezweifelt werden.

"Es ist bedenklich, wenn einfach etwas gestreut wird, und jeder glaubt es", sagt Erwin Schwarz über die Bedenken, Glyphosat sei gesundheits- und umweltschädlich. "Die Risiken werden durch die fehlerhafte Zulassung von Studien heruntergespielt und geleugnet", argumentiert Peter Witton.

Für den Grünen-Stadtrat ist die Krebsgefahr von Glyphosat die Spitze des Eisbergs. Die anderen Schäden an Menschen und Tieren, der biologischen Artenvielfalt, der Bodenqualität und der Wasserqualität seien möglicherweise viel schlimmer, hätten aber einen geringeren Stellenwert, meint Witton. Jahrzehntelang sei eine konkrete Aufklärung verhindert worden. "Es stimmt einfach nicht, dass Glyphosat unschädlich ist."

Glyphosat-Vorteile überwiegen

Erwin Schwarz sieht das komplett anders. Zwar sei das Mittel ganz gering toxisch, aber: "Es ist ein umweltfreundliches Mittel, nur der Zielorganismus stirbt ab. Die Vorteile überwiegen den Nachteilen", sagt der Bauer, der in Burggrub einen Milchviehbetrieb mit 180 Kühen hat. "Wenn alles, was ein bisschen schädlich ist, nicht mehr erlaubt ist, darf keiner mehr Auto fahren; dann gibt es keine Zivilisation mehr."

Glyphosat sei wesentlich besser als alles, was zuvor eingesetzt wurde. Es unterbreche die grüne Brücke, sorge dafür, dass neu gesätes Getreide nicht in alte Krankheiten hinein wachse. "Wenn ein Arzt auf einem nicht sterilen Tisch operiert, sind die Bakterien auch da."

Schwarz ist von der Unbedenklichkeit überzeugt. "Wenn es so schlecht wäre, würde nichts mehr wachsen und wir hätten auch kein intaktes Bodenleben." Zwar glaubt er, dass Glyphosat aufgrund des öffentlichen Drucks in fünf Jahren verboten sei, hält dies aber für falsch. Zum Witton-Argument, man müsse Landwirte für ihre Produkte besser bezahlen, dann bräuchten sie keine chemischen Mittel zur Ertragssteigerung, meint Schwarz: "Eine Milchmädchenrechnung. Wir haben immer weniger Flächen, aus denen wir den Ertrag herausholen müssen."