Armut, Krankheit, Schicksalsschläge - Einsamkeit hat viele Auslöser. Gerade im hohen Alter fällt es Menschen schwer, sich diesen Situationen zu stellen und Hilfe anzunehmen. Unterstützung gibt unter anderem von der Diakonie.
Kronach Viele genießen es, sehne sich danach und zelebrieren es: Alleine sein. Und andere fürchten es, umgehen es und leiden darunter: Einsam sein. Zwei Begriffe, oft fälschlicherweise gleichgesetzt. Dabei hat diese emotionale Gleichung viele Variablen. "Einsamkeit ist natürlich sehr subjektiv", weiß Burgunde Brauer von der Diakonie. Selbstverständlich müsse nicht jeder ältere Mensch im Seniorenkreis oder der Kirchengemeinde aktiv sein. Es geht nicht um die Vielzahl an sozialen Bindungen, sondern die Qualität. "Jemand kann sich emotional einsam fühlen, auch wenn er täglich unter vielen Menschen ist", so die Pädagogin. Auch wenn ein älterer Mensch im Kreis der Familie lebt, kann er einsam sein und sich als Belastung fühlen.
Mit Fingerspitzengefühl
Doch wie merkt man das? Aufmerksamkeit und Fingerspitzengefühl sind für Brauer der Schlüssel. Bei Stimmungsveränderungen, Schlaflosigkeit und Antriebslosigkeit solle man aufhorchen. "Man merkt ja, wenn da plötzlich Gedanken sind, die nicht stimmig sind."
Ob es nun ein Familienmitglied ist, oder der Nachbar, der plötzlich aus seinen Gewohnheiten bricht - auch Elke Geiger appelliert dazu, seinen Mitmenschen mit offenen Augen und Ohren zu begegnen. "Natürlich immer, ohne aufdringlich zu sein. Mit der Brechstange kann man hier nichts erreichen." Sie rät, bei ernsthaften Sorgen die Familie oder den Hausarzt zu kontaktieren. Geiger ist verantwortlich für das Zentrale Qualitätsmanagement und die Fachberatung Ambulante Pflege bei der Diakonie. Im Hinblick auf demografischen Wandel beschäftigt das Thema Einsamkeit sie sicherlich. Dass insbesondere bei Älteren über 80 ein deutlich höheres Risiko für Einsamkeit und soziale Isolation besteht, hat zuletzt auch eine Untersuchung der Bundesregierung ergeben. Geiger ist seit 1987 im Bereich Pflege tätig und sagt: "In der täglichen Arbeit beobachtet man diese Problematik natürlich."
Da sehe man vor allem Einsamkeit, die aus der familiären Situation heraus entstanden ist. Dazu zählt der Bruch familiärer Bindungen, zum Beispiel durch den Tod des Ehepartners. "Es ist keine Seltenheit, dass Menschen plötzlich alleine sind - und sie die Situation eiskalt trifft", sagt Geiger. Dass der Hinterbliebene sich abschottet, mehr oder minder isoliert ist, komme häufig vor. Schließlich hat er den großen Teil des Lebens gemeinsam mit dem Partner begangen. "Hier ist es auch unsere Aufgabe, empathisch auf die Menschen zuzugehen, Vertrauensverhältnis aufzubauen." Denn außer dem Ehepartner sei ja oft niemand mehr da. Der Besuch des Pflegedienstes: ein Höhepunkt des Tages. In ländlichen Regionen sei es mittlerweile eben üblich, dass jüngere Generationen wegziehen.
"Wo sollen die Älteren denn hin?", fragt Geiger. Sicher sei es auch Ziel der Diakonie, dass die Menschen möglichst lange in ihrem Zuhause bleiben können. In der Realität finden sich ihre Kunden in alten Wohnhäusern wieder, die so gar nicht altersgerecht ausgestattet sind. Womöglich noch im Landkreisnorden, der auch vom Nahverkehr schlecht angebunden sei. Und damit nennt sie zwei weitere Faktoren, die Einsamkeit schüren: fehlende Infrastruktur und bauliche Voraussetzungen.
Steile Treppe als Hindernis
Da werde eine steile Treppe schon mal zum Hindernis, am sozialen Leben teilzunehmen. Doch das muss nicht sein. "Aufklärung und Beratung sind in das A und O." Denn oft fehlen Infosund Antworten auf wichtige Fragen: Welche Angebote gibt es? Was steht mir überhaupt zu? Wie kann ich davon Gebrauch machen?
Brauer sieht hier ebenfalls den Beratungsauftrag von sozialen Einrichtungen als wichtiges Mittel. Bei der Diakonie ist sie verantwortlich für die Soziale Beratung der KAS (Kirchliche Allgemeine Sozialarbeit). "Gerade im Bereich der Wohnumfeldverbesserung sollte man auf die Pflegekasse zugehen", rät sie. Welchen Anspruch auf Unterstützung dem einzelnen anteilig des Pflegrades zusteht, wüssten viele nicht.