Die Notarztversorgung im Kreis Kronach ist schwierig. Gründe, warum Ärzte fehlen, gibt es viele. Die Kassenärztliche Vereinigung versucht, gegenzusteuern.
Der Notarztwagen steht vor der Praxis des Hausarztes, der nebenbei in seiner Heimatgemeinde auch Alarmbereitschaft hat. Diese früher in vielen Orten selbstverständliche Regel gilt heute kaum mehr.
Gründe kennt Uwe Fleischmann so einige: "Der demografische Wandel macht auch vor den Ärzten nicht Halt. Mit Mitte 60 setzt man sich nach einem Arbeitstag in der Praxis nicht auch noch in den Notarztwagen", sagt der Vorsitzende des ärztlichen Kreisverbands Kronach.
Bei infranken-Plus: Wie Landrat Löffler die Situation mit einem Telenotarzt verbessern willHinzu kommt ein weiteres Problem: Ein Hausarzt muss beim Alarm seine Patienten in der Praxis sitzen lassen, während seine Kosten weiterlaufen. "Und die Patienten, die nicht davongelaufen sind, behandelt er dann verschwitzt nach dem Einsatz in der Mittagspause."
Hinzu kommt, dass auch die Zahl der teilnehmenden Klinikärzte, das zweite Standbein des Notarztsystems, sinkt. "Die Anforderungen an Notärzte werden kontinuierlich nach oben geschraubt", berichtet Fleischmann, der Chefarzt in der Helios-Frankenwaldklinik ist und selbst regelmäßig Notarzt fährt. So müssten etwa verschiedene Ausbildungsstufen nachgewiesen werden.
Kronach hat bald eine neue BereitschaftspraxisEin weiteres Problem: "Wir haben in der Frankenwaldklinik immer mehr junge Ärzte, die keine deutschen Muttersprachler sind. Sie kennen sich in ihrem Fachgebiet aus, würden sich aber mit der Basiskommunikation eines Notarztes schwer tun."
40 Stunden Arbeit reichen oft
Außerdem seien Fach- und Chefärzte immer schwerer abkömmlich. "Es sind ja Operationen durchzuführen", sagt Fleischmann, der bei jüngeren Ärzten auch einen veränderten Arbeit/Freizeit-Anspruch feststellt: "40 Stunden Arbeit pro Woche reichen den meisten."
Fleischmann: "Das System hängt zunehmend an immer weniger Personen. Wenn ein oder zwei Stützpfeiler ausfallen würden, wäre die notärztliche Versorgung gefährdet." Gerade für den Sommer, wenn einige Klinikärzte im Urlaub sind, hat er Bedenken.
Manuel Holder, als Regionalleiter Nordbayern für die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) mit der Einteilung des Notarztdienstes betraut, sieht die Lage nicht ganz so ernst. "Die Situation im Kreis Kronach ist nicht die schlechteste, wenn auch verbesserungsbedürftig."
Werbung bei Externen machen
Um die Schichten überhaupt zu besetzen, lockt die KVB verstärkt externe Ärzte in den Frankenwald. Bereits jetzt machen sie weit über die Hälfte aus. "Wir bewerben die Region", sagt Holder. Die KVB stelle etwa Fahrer für die Notärzte zur Verfügung oder kümmere sich um Unterkünfte.
Das Problem: Der Kreis Kronach ist nicht besonders rentabel. Für eine Stunde Bereitschaft erhält ein Notarzt knapp 20 Euro. Für einen Einsatz hingegen über 50 Euro, wobei die Bereitschaftsvergütung wegfällt.
Allerdings, so Fleischmann, gebe es in Kronach im Schnitt nur drei bis vier und im Oberland nur einen bis zwei Einsätze am Tag. "Wenn ein Arzt dafür seine Freizeit opfert und noch zusätzliche Versicherungen abschließen muss, dann ist das nicht viel." Fleischmann argumentiert marktwirtschaftlich: "Wenn eine Firma keine IT-Spezialisten bekommt, muss sie mit dem Gehalt nach oben gehen."
Holder stimmt Fleischmann zu, sagt aber: "Uns sind die Hände gebunden. Die Krankenkassen bestimmen die Vergütung."
Weiterer Artikel:
Landkreis Kronach will besser bei Ärzten landen (27.3.2017)