Landrat Klaus Löffler hat eine ganz neue Idee, um die Notarztversorgung im Kreis Kronach zu verbessern.
In mindestens 80 Prozent der Notfälle - so der gesetzlich geregelte Anspruch - soll nach zwölf (in Ausnahmen 15) Minuten professionelle Hilfe beim Patienten sein. "Die Frist ist formal zwar auch mit dem Eintreffen des Rettungswagens erfüllt", erläutert Manuel Holder, der bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) als Regionalleiter Nordbayern für den Notarztdienst verantwortlich ist. "Aber die zeitnahe Verfügbarkeit eines Notarztes ist notwendig für eine optimale Versorgung."
Allerdings ist eine lückenlose Notarztversorgung im Kreis Kronach, wo eine große Fläche auf demografische Probleme trifft, durchaus eine Herausforderung. "Der Sommer wird nicht einfach, das läuft auf einen Missstand zu", sagt Uwe Fleischmann, Vorsitzender des ärztlichen Kreisverbands. "Wir reden seit zehn Jahren, aber niemand hat ein Patentrezept."
Unbesetzte Dienste
Positiv: Der Kreis Kronach verfügt als einer von ganz wenigen in Bayern über vier Notarztstandorte. Negativ: Die geplanten Notarztschichten können nicht überall besetzt werden. Wurden 2018 bislang in Kronach (99 Prozent) und in Steinbach/Wald (93) sehr gute Werte erreicht, gibt es in Pressig und Steinwiesen (je 85) Lücken. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Warum Notärzte fehlen und was die Kassenärztliche Vereinigung dagegen tutUwe Fleischmann stellt in Frage, ob langfristig vier Standorte zu halten sind. "Mit vier Standorten leisten wir uns Luxus. Vor 30 Jahren gab es die auch nicht, obwohl noch mehr Menschen im Frankenwald wohnten." Zum gleichen Schluss kam bereits 2010 das Münchner Institut für Notfallmedizin und Medizinforschung. In einer Studie gaben die Experten die Empfehlung ab, die beiden Standorte Steinbach und Pressig zusammenzulegen.
Bekenntnis zu vier Standorten
Landrat Klaus Löffler (CSU) will das verhindern. "Hätten wir nur drei Standorte, hätten wir auch nicht mehr Notärzte. Außerdem fahren Ärzte aus Steinbach auch nach Südthüringen zu Einsätzen. Wäre dann in Pressig keiner, wäre das für den nördlichen Kreis schwierig." Löffler will sich dafür einsetzen, die Lücken im System zu verringern. "Wir haben noch keinen Mangel und wollen rechtzeitig vorbeugen", sagt der Landrat, der seine Pläne am Freitag unserer Redaktion schilderte.
Sein erster Ansatz: die Notarztstandorte sichern. "Wir erhielten am Mittwoch die Zusage, dass sich die Verantwortlichen zu allen vier Orten bekennen", verkündet der Landrat das Ergebnis von Gesprächen mit KVB, Zweckverband für den Rettungsdienst (ZRF) und den gesetzlichen Krankenkassen, die die Kosten des Notarztdienstes tragen.
Der zweite Ansatzpunkt: Die Zahl der Ärzte aus der Helios-Frankenwaldklinik, die Notarztdienste übernehmen, soll sich erhöhen. Das fordert auch Landtagsabgeordneter Jürgen Baumgärtner (CSU), der in München im Gesundheitsausschuss sitzt. "Die Organisationsstruktur muss sich ändern, die Klinik muss eine stärkere Rolle spielen." Klinikgeschäftsführer Christian Kloeters sagt: "Wir müssen und wollen Notarztfahrer stellen. Wir können aber nicht jeden niedergelassenen Arzt ersetzen."
Klinik bildet einen Arzt aus
Klaus Löffler berichtet nach Gesprächen mit der Klinik: "Gerade wird ein Arzt ausgebildet, der dann Tagschichten unter der Woche übernehmen und die Lage damit entzerren soll."
Kronach bekommt bald neue BereitschaftspraxisDer dritte Ansatzpunkt des Landrats: Die Bereitschaft niedergelassener Ärzte soll steigen. "Eine gute Daseinsvorsorge ist für die Stärke eines Landkreises eminent wichtig - gerade im Kampf um junge Familien." Zusammen mit Baumgärtner, den Krankenversicherungen, KVB, ZRF und Rotem Kreuz möchte der Landrat eine Gesprächsrunde mit den Notärzten abhalten. "Wir wollen wissen, wo wir helfen können."
Doch das ist noch nicht alles. Zusätzlich zu seinen Bemühungen um strukturelle Verbesserungen hat Klaus Löffler noch eine ganz neue Idee, um in entlegenen Orten Leben zu retten. "Wir wollen das Projekt Telenotarzt nach Kronach holen und werden Mitte der Woche einen Brief an das bayerische Innenministerium und an den Abgeordneten Jürgen Baumgärtner schreiben."
Pilotprojekt in Straubing
Der Telenotarzt, der zum Beispiel in der Integrierten Leitstelle (ILS) in Ebersdorf bei Coburg sitzen könnte, soll den Notarzt nicht ersetzen. Seine Aufgabe ist es, die Zeit zu überbrücken, bis der Notarzt eintrifft.
"Er könnte den Rettungssanitätern Anweisungen geben, wenn die Situation das Fachwissen eines Arztes erfordert, der Notarzt aber noch nicht vor Ort ist", erläutert Andrea Hahn von der Gesundheitsregion Plus, die dem Landrat in der Thematik zuarbeitet. Um helfen zu können, erhält der Telenotarzt die Patientendaten auf seinen Bildschirm.
Löffler: "Unsere Rettungssanitäter übermitteln schon seit acht Jahren von unterwegs Daten an die Klinik. Diese Technik wollen wir auch für den Notarzt nutzen."