Über das neue Pflegestärkungsgesetz II sprachen wir den BRK-Experten Peter Schulz und Carmen Fehn.
Ab dem 1. Januar tritt das neue Pflegestärkungsgesetz II in Kraft. Was es damit auf sich hat, was sich für die Pflegebedürftigen, für deren Angehörigen, für die Pflegeheime und was sich für die ambulanten Pflegestationen ändert, darüber sprechen wir mit dem Heimleiter des BRK-Seniorenhauses, Peter Schulz und der Leiterin der BRK-Sozialstation "Oberer Frankenwald", Carmen Fehn.
Pflegestärkungsgesetz II - was verbirgt sich dahinter?
Carmen Fehn: Die Pflegebedürftigkeit hat sich bisher vor allem auf die körperlichen Beeinträchtigungen bezogen und wurde deshalb pflegebedürftigen Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen nur teilweise gerecht.
Demenzkranke wurden kaum berücksichtigt.
Was ändert sich nun?
Carmen Fehn: Aus drei Pflegestufen werden fünf Pflegegrade. Bei der Begutachtung werden die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit geprüft. Dazu gehören unter anderem die Mobilität, kognitive Fähigkeiten, beispielsweise was die Orientierung über Ort und Zeit betrifft, Verhaltensweisen, inwieweit man sich selbst versorgen kann ... Der minutiöse Hilfebedarf wird künftig bei der Einstufung der Pflegegrade nicht mehr wie bisher eine Rolle spielen.
Nun befinden sich ja Tausende von Bürgern bereits in Pflegestufen. Was passiert mit denen?
Peter Schulz: Die Bürger, die bereits Pflegegeld beziehen, werden vorerst ohne Nachbegutachtung automatisch eine Pflegestufe höher gestellt.
Wurde bereits eine "eingeschränkte Alltagskompetenz" durch den Medizinischen Dienst festgestellt, wird er zwei Pflegestufen höher eingestellt.
Was ändert sich durch das Pflegestärkungsgesetz II in der ambulanten Pflege?
Carmen Fehn: Jeder ambulante Pflegedienst kann neben körperbezogenen Pflegemaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung auch pflegerische Betreuungsmaßnahmen anbieten. Zum Jahreswechsel werden die Pflegestufen unserer Patienten in die Pflegegrade übergeleitet. Der Grundsatz gilt: Kein Patient darf schlechter als bisher gestellt werden.
Was ändert sich für Pflegebedürftige im Pflegeheim?
Peter Schulz: Bisher war es bei Pflegebedürftigen im stationären Pflegeeinrichtungen so, dass mit der Einstufung in eine höhere Pflegestufe die
Pflegeversicherung zwar mehr zahlte, der von den Betroffenen zu tragende pflegebedingte Eigenanteil aber ebenfalls stieg. Das Pflegestärkungsgesetz II regelt, dass es in den Pflegeeinrichtungen einen einheitlichen Eigenanteil für die Pflegegrade 2 bis 5 gibt. Wir haben bereits die Pflegegrade unserer Heimbewohner mit den Pflegekassen ermittelt.
Wird durch das neue Pflegestärkungsgesetz alles komplizierter?
Carmen Fehn: So kann man es nicht sagen. Der Gesetzgeber will mit den neuen Regelungen den ambulanten Pflegebereich stärken. Die Familienangehörigen sollen mehr in die Pflege mit eingebunden werden, gleichzeitig aber auch entlastet werden. Die Pflegeversicherung wird für einen größeren Personenkreis Rentenbeiträge entrichten.
Dabei kommt es darauf an, in welchem Umfang die Pflege erbracht wird und in welchen Pflegegrad der Pflegebedürftige eingestuft ist.
Wodurch werden die Neuerungen finanziert?
Peter Schulz: Der Beitrag zur Pflegeversicherung wird um 0,5 Prozentpunkte steigen. Ein Teil davon wird für die Finanzierung des neuen Pflegestärkungsgesetzes verwendet, der andere Teil wird in einen Ausgleichsfonds angelegt. Es soll dafür Sorge tragen, dass die Kosten im Pflegebereich auch dann nicht explodieren, wenn die sogenannten Babyboomer in die Jahre kommen.
Hört sich doch alles gut an, so als ob alle profitieren?
Carmen Fehn: Die Pflegebedürftigen, die bereits eingestuft sind, haben mehr Pflegegeld beziehungsweise mehr Leistungen zur Verfügung.
Die Voraussetzungen für die Einstufung in einen Pflegegrad haben sich aber grundlegend geändert.
Es wird immer nur von Pflegegrad 2 bis 5 gesprochen. Und was fällt eigentlich unter Pflegegrad I?
Carmen Fehn: Darunter fallen Beratungsleistungen und ein Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich.
Was raten Sie den Pflegebedürftigen beziehungsweise deren Angehörigen?
Peter Schulz: Sich zu informieren und beraten zu lassen. Beratungen bieten nicht nur die Leistungsanbieter, sondern auch die Pflegekassen an. Wichtig ist vor der Beantragung eines Pflegegrades, für den Betroffenen eine individuelle Beratung.
Denn, jeder Pflegefall ist anders.
Die Fragen stellte
Veronika Schadeck
Vorträge
Zum Pflegestärkungsgesetz II finden Vorträge statt am ...
16. November, Mittwoch, um 19 Uhr im BRK-Seniorenheim Ludwigsstadt.
30. November, Mittwoch, um 15 Uhr: BRK-Kreisverband
Kronach.
Fragemöglichkeit Nach den Vorträgen stehen die Experten für persönliche Fragen zur Verfügung. Man kann sich auch an Carmen Fehn (Telefon 09263/9546) oder an Peter Schulz (Telefon 09263/ 990630) oder an andere Leistungserbringer wenden.
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