Handy am Steuer: Teure Fahrlässigkeit

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Matthias Stöcker von der Kronacher Polizei spricht durch Autofenster mit einer Verkehrssünderin, die mit Handy am Steuer erwischt worden ist. Foto: Anna-Lena Deuerling
Matthias Stöcker von der Kronacher Polizei spricht durch Autofenster mit einer Verkehrssünderin, die mit Handy am Steuer erwischt worden ist. Foto: Anna-Lena Deuerling
Ein Kollege in Zivil beobachtet den Verkehr und gibt Verstöße per Funk weiter. Foto: Anna-Lena Deuerling
Ein Kollege in Zivil beobachtet den Verkehr und gibt Verstöße per Funk weiter. Foto: Anna-Lena Deuerling
 
Matthias Stöcker nimmt die Daten eines Fahrers auf. Foto: Anna-Lena Deuerling
Matthias Stöcker nimmt die Daten eines Fahrers auf. Foto: Anna-Lena Deuerling
 
Foto: Anna-Lena Deuerling
Foto: Anna-Lena Deuerling
 

Die Strafen für Handynutzung am Steuer wurden 2017 erhöht. Dass sie jetzt tiefer in die Tasche greifen müssen, hält viele Fahrer nicht davon ab.

Es war natürlich dringend. Die Schwägerin im Krankenhaus. Da konnte das Telefonat einfach nicht warten - obwohl sie gerade hinterm Steuer saß. Dass sie sich aus der Situation nicht mehr herausreden kann, weiß die Dame im mittleren Alter. Einem Kronacher Polizisten sind der schwarze VW-Kombi und das Kennzeichen noch von früheren Kontrollen bekannt und nicht zum ersten Mal kommt der Dame das Telefonieren am Steuer teuer zu stehen. Zur Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (vorher 60 Euro) kommt seit dem 19. Oktober 2017 ein Punkt in der Flensburger Verkehrssünderdatei. Umso überraschender, dass sie es dennoch mit Humor nimmt und sich lachend auf die Weiterfahrt begibt.


Einsicht bei den Fahrern

"In der Regel sehen die Fahrer es ein", sagt Matthias Stöcker, Sachbearbeiter für Verkehr bei der Polizeiinspektion Kronach. "Es gibt natürlich mache, die wollen es partout nicht einsehen und sind beratungsresistent." Wenn die personelle Situation es zulässt, führen er und seine Kollegen ein bis zwei Mal wöchentlich Handykontrollen in Kronach durch - meist kombiniert mit Gurtkontrollen.
So wie am Mittwoch in Gundelsdorf. Die Wiederholungstäterin ist nicht die erste an diesem Tag, die einer Kontrolle unterzogen wird. Am Ende des zweistündigen Einsatzes wird die Streife elf Handy- und fünf Gurtverstöße aufgenommen haben. Auch wenn der Polizeibus gut erkennbar in der Ortsmitte von Gundelsdorf steht, vergeht auch diese Kontrolle nicht ohne ertappte Handysünder. Ein paar Hundert Meter weiter hält ein Beamter in Zivil - als sogenannter Vorselektierer - Ausschau nach Fahrern, die ihr Handy benutzen. Er gibt Automarke, Kennzeichen und eine kurze Beschreibung der Situation per Funk durch. Die Kollegen, die je nach Verfügbarkeit in beide Fahrtrichtungen auf Verkehrssünder warten, winken die Fahrzeuge heraus.

"Die Leute haben entweder ein zu hohes Informationsbedürfnis - oder zu viel Geld", tippt der Beamte in Zivil. Mit aufmerksamem Blick scannt er die Straße. "Man erkennt das oft an der Handhaltung oder dem typischen Blick nach unten." Gerade Letzteres sei häufig zu sehen - denn telefoniert werde immer weniger. Viel öfter werden Nachrichten gelesen oder geschrieben.

Wie gefährlich der kurze Blick aufs Smartphone ist, haben mittlerweile zahlreiche Studien bewiesen. Doch auch eine einfache Rechnung genügt, um die Fahrlässigkeit der Handysünder zu demonstrieren: Richtet ein Fahrer nur für fünf Sekunden den Blick auf das Handydisplay, legt er gut 70 Meter im Blindflug zurück.


Ins Gewissen reden

Matthias Stöcker wird nicht müde, den herausgezogenen Fahrern nach der Kontrolle noch einmal ins Gewissen zu reden. Ein Fußgänger, der die Fahrbahn überquert, ein spielendes Kind - mit Blick aufs Handy schnell zu übersehen. Das Unfallrisiko steigt enorm an, wenn der Fahrer abgelenkt ist.

Eine andere Fahrerin stellt eine berechtigte Frage, die der Beamte immer wieder zu hören bekommt: "Was ist, wenn ich es leugne - dann steht doch Aussage gegen Aussage oder?" Zwar hat der Fahrer die Möglichkeit, nach Erhalt des Bußgeldbescheids Einspruch einzulegen. Die Erfolgsaussichten solcher Einsprüche seien allerdings eher gering, so Stöcker. Es komme immer wieder vor, dass jemand sich gegen den Bescheid wehrt - und immer wieder lassen sich die Sünder kreative Ausreden einfallen. Von Zigarettenschachteln bis zu Rasierapparaten, die angeblich statt des Handys während der Fahrt in der Hand gehalten wurden, sei vor Gericht schon einiges probiert worden.

Doch Stöcker stellt klar: "Wir haben es nicht nötig, uns die Vorfälle auszudenken, uns etwas aus den Fingern zu saugen." An die Frau mit der Frage gerichtet fügt er an: "Ich kenne sie ja nicht, welche Motivation sollte ich haben, ihnen etwas anzuhängen." Da den Polizisten keinerlei Belastungseifer vorzuwerfen ist, sind gerichtliche Verfahren selten von Erfolg gekrönt. Umso wichtiger sei es aber, dass sich die Kollegen am Vorposten zu 100 Prozent sicher seien. "Nur glasklare Situationen werden weitergeben."

Die höheren Geldstrafen bei Handy-Verstößen machen sich laut Stöcker bei den Kontrollen im Landkreis Kronach übrigens noch nicht bemerkbar. "Es hält die Leute trotzdem nicht davon ab - traurig, aber wahr." Für das vergangene Jahr finden sich im System für die Polizeiinspektionen Kronach und Ludwigsstadt 283 Handyanzeigen, 2018 gab es bisher einschließlich der Kontrolle am Mittwoch 106 Verstöße. Ein Vergleich mit den Vorjahren (2015: 377; 2016: 279) sei mit Vorsicht zu genießen. Denn die Anzahl der durchgeführten Kontrollen variiere und könne im Nachhinein nicht mehr nachvollzogen werden.

Die elf Fahrer, die in die Gundelsdorfer Kontrolle geraten sind, erwartet nun ihr Bußgeldbescheid. Zusammen mit der Bearbeitungsgebühr liegt die Strafe bei 128,50 Euro - die sie wohl besser in eine Freisprecheinrichtung investiert hätten.