Raúl Teo Arias, Andreas Lucke, Branko Kabadaic und Karlheinz Busch musizierten auf Einladung des Lions-Clubs.
Streichquartett-Konzerte haben etwas ungemein Kultiviertes an sich. Vielleicht scheiden sich deshalb daran so die Geister - entweder man liebt sie oder vermeidet sie. Im Historischen Rathaussaal in Kronach hatte sich die Fraktion der Liebhaber versammelt. Die wussten aber auch, was sie tun, denn schon zum achten Mal kam das Bamberger Streichquartett aus Raúl Teo Arias, Andreas Lucke, Branko Kabadaic und Karlheinz Busch auf Einladung des Kronacher Lions-Clubs zum Benefizkonzert. So standen die Zeichen auch dieses Mal wieder auf uneingeschränktem Hörgenuss mit launigen Moderationen vom Cellisten Karlheinz Busch.
Haydn gefällt
Dieser stimmte das Publikum sogleich auf die Besonderheit des Streichquartetts innerhalb der Kammermusik ein. Etabliert hat es sich seit der Wiener Klassik, seine stilprägende Form gab ihm Joseph Haydn mit seinem Opus 33, aus dem die Bamberger mit dem Quartett in Es-Dur Nr. 2 den Abend eröffneten.
Das Stück trägt den Beititel "The Joke" und tatsächlich, ganz am Schluss des letzten Satzes kam er heraus, der Witz: der Komponist foppt die Zuhörer regelrecht, so ruckelt und stottert der Satz seinem Ende entgegen - sehr zur Erheiterung des Publikums.
Insgesamt 83 Quartette komponierte der alte Haydn, die Bamberger können also noch viele Jahre nach Kronach kommen, ohne sich zu wiederholen. Dies tat Haydn übrigens auch nicht: der Reiz seiner Kompositionen liegt insbesondere darin, dass er sich nicht selbst zitiert oder kopiert, sondern aus einem unermüdlich sprudelnden Quell frischer Einfälle schöpfen konnte. So zeigt auch "The Joke" viele Facetten: Dem melodiehaften Cantabile im ersten Satz folgt ein kräftig zupackendes Scherzo, im Largo sostenuto überrascht die originelle Stimmführung, bei der die Bratsche den Anfang macht, den Abschluss macht das tänzerische Presto mit der Schlusspointe.
Beethoven rüttelt auf
Wie anders geht es danach bei Beethovens Quartett in G-Dur op. 18 Nr. 2, dem "Komplimentierquartett" zu. Anders als die Generation vor ihm, deren musikalisches Ziel die Unterhaltung des Publikums auf hohem Niveau war, hat Beethoven Höheres im Sinn: Seine Musik soll aufrütteln, die Seele erschüttern, als wolle er sagen: "Ihr müsst bessere Menschen werden". Nachdrücklich musikalisch formulierte er dieses Ziel in der 9. Sinfonie "Alle Menschen werden Brüder." Ein beiläufiges Zuhören ist bei Beethoven nicht möglich, im Gegenteil wäre es schade, der wunderbaren Musik nicht die volle Aufmerksamkeit zu widmen: Die Instrumente spielen gleichberechtigt nebeneinander, die Kapazität der Klangkörper wird vollends ausgeschöpft und die Bögen leisten bisweilen Schwerstarbeit. Das dynamische Spektrum reicht vom leistesten Pianissimo bis ins wütendste Fortissimo - das reißt mit und macht Appetit auf den Pausensekt.
Dvorak bewegt
Gestärkt geht es in die Romantik mit Antonin Dvorak. Tschechischen Musikern war es erst nach einer Verfassungsänderung durch den österreichischen Kaiser im Oktober 1860 erlaubt, eigene Musik zu komponieren. Welch glückliche Koinzidenz, dass Dvorak genau dann seine aktive Schaffenszeit hatte!
Als zweiter Glücksfall erweist sich, zumindest musikalisch, sein mehrjähriger Aufenthalt in Amerika. Die größten Meisterwerke entspringen meistens großen Gefühlen und Dvoraks Heimweh war immens. In diesem Sinne entstand seine berühmte Sinfonie aus der Neuen Welt, ebenso wie das aufgeführte Quartett in F-Dur op. 96 "Das Amerikanische", nach den Worten Karlheinz Buschs "eine Liebeserklärung an Böhmen mit Anklängen an Indianertänze".
Musikalisch hat dieses grandiose Konzert die Herzen der Zuhörer geöffnet und hoffentlich auch deren Geldbeutel. Denn der Erlös des Benefizkonzerts kommt in diesem Jahr der Jugendarbeit der Stadt und des Landkreises Kronach zugute.