FT-Redakteurin macht den Selbstversuch: So lief der Corona-Test

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Seit zwei Wochen darf sich in Bayern jeder kostenlos auf das Virus untersuchen lassen. Unsere Redakteurin wagte den Selbstversuch. Foto: Stefanie Gleixner
Seit zwei Wochen darf sich in Bayern jeder kostenlos auf das Virus untersuchen lassen. Unsere Redakteurin wagte den Selbstversuch. Foto: Stefanie Gleixner

Auch ohne Symptome darf sich jeder Bürger Bayerns kostenlos auf Covid-19 testen lassen. Wie das abläuft und warum das Ergebnis nicht wirklich aussagekräftig ist, erklären wir in unserem Selbstversuch.

Corona-Tests für jedermann - und das umsonst. Das hat unser Bayerischer Ministerpräsident vor zwei Wochen angekündigt. "Testen ist die Grundvoraussetzung für alles: um zu wissen, wer ist infiziert, um Infektionsketten zu ermitteln, diese dann auch letztlich zu verfolgen und brechen zu können", erklärte Markus Söder die Entscheidung, für die der Freistaat 272 Millionen Euro locker macht. Wer sich - auch ohne Symptome - testen lässt, soll innerhalb weniger Tage das Ergebnis bekommen.

Doch funktioniert das in der Praxis auch? Ich habe den Selbstversuch gemacht.

Ein wenig mulmig ist mir vor dem Anruf in der Hausarztpraxis meines Vertrauens schon. Nach einem Corona-Test zu fragen, obwohl ich keinerlei Symptome aufweise - wie wird wohl die Sprechstundenhilfe reagieren? Lacht sie mich aus oder herrscht sie mich an, dass sie für so einen Quatsch keine Zeit hat?

Zögerlich erkläre ich der Dame am anderen Ende der Leitung mein Anliegen, erzähle etwas von "Ich habe zwar keine Beschwerden, aber habe viel mit Menschen zu tun..." - Sie unterbricht mich: "Wie schnell brauchen Sie den Test? Reicht Ihnen morgen früh?" Sie verabschiedet sich mit dem Hinweis, dass ich auch ohne Symptome vor der Praxis warten soll, bis ich aufgerufen werde. Ich bin positiv überrascht und fühle mich durchaus ernst genommen.

Generell führen die Hausärzte die Corona-Tests durch, jedoch nicht alle. Vereinzelt kann es vorkommen, dass der eigene Hausarzt keine Tests anbietet. Das kann jeder Mediziner selbst entscheiden. Wer sich auf Corona testen lassen will, sollte in jedem Fall vorher anrufen und einen Termin vereinbaren, da die Corona-Tests in der Regel zu Zeiten stattfinden, zu denen keine anderen Patienten in der Praxis sind. Testet der Hausarzt nicht selbst, kann er an einen Kollegen weitervermitteln. Wer keinen Hausarzt hat, kann sich unter der Nummer 116 117 an den ärztlichen Bereitschaftsdienst wenden.

Wir müssen draußen bleiben

Pünktlich warte ich am nächsten Tag vor der Praxis. Ich bin nicht die Einzige. Nach und nach gesellen sich weitere Patienten hinzu: eine junge Frau, ein Mann im Blaumann und eine ältere Dame. Während wir warten, beäugen wir uns in angemessenem Abstand aus dem Augenwinkel. Nach einer Dreiviertelstunde haben alle Patienten der regulären Sprechstunde die Praxis verlassen. Wir werden nacheinander reingerufen.

Es geht direkt ins Behandlungszimmer. Mein Hausarzt empfängt mich mit Maske, Kittel und Einweghandschuhen. Wo ich Platz nehmen soll, muss er mir nicht zeigen: Der Stuhl hinter einer leuchtend roten Bodenmarkierung springt mir sofort ins Auge. Der Mediziner erklärt mir, dass es sich bei dem klassischen Labortest um eine reine Momentaufnahme handelt: "Das Ergebnis sagt lediglich aus, ob Sie jetzt, in diesem Moment, mit dem Virus infiziert sind." Theoretisch sei es durchaus möglich, dass ich den Erreger bereits in mir trage und der Test trotzdem negativ ausfällt - die Inkubationszeit variiert zwischen zwei und 14 Tagen.

Bereits seit dem Ausbruch des Virus in Deutschland übernahmen die Krankenkassen in der Regel die Kosten für den Test bei Patienten, die Symptome aufweisen. Die beliefen sich - je nach Labor - auf 100 bis 200 Euro. Nun zahlt der Staat und hat entsprechende Sonderkonditionen mit den Laboren ausgehandelt. Ein teurer Spaß bleibt es für die Staatskasse trotzdem: 20 000 Proben sollen täglich ausgewertet werden, perspektivisch sogar 30 000. Bislang kann sich ein Bürger so oft testen lassen, wie er möchte.

Der Labortest funktioniert mit einem Abstrich im Nasen- oder Rachenraum (siehe Infokasten). Mein Arzt wählt letztere Variante. "Die andere ist noch unangenehmer." Für einen kurzen Moment darf ich meine Maske abnehmen. Ich will mir nicht vorstellen, wie sich der Abstrich in der Nase anfühlt. Denn auch die Speichelprobe aus dem Rachen hat es in sich, wie ich schnell merke, als der Mann im Kittel für etwa zehn Sekunden mit dem Wattestäbchen hinter meinem Gaumenzäpfchen herumstreicht. Ich muss mich zusammenreißen, um den Würgereflex zu unterdrücken. Mein Rachen wird sich noch den ganzen Tag über gereizt anfühlen.

Einreise nur mit negativem Test

Dann habe ich es geschafft. Während mir mein Arzt erklärt, dass ich das Ergebnis bereits am nächsten Werktag bekomme, verpackt er das Wattestäbchen in einem beschrifteten Röhrchen. Falls der Test positiv ausfällt, würde er das Gesundheitsamt informieren, das sich in dem Fall telefonisch bei mir melden würde. "Die würden eine Quarantäne aussprechen und erfragen, mit wem Sie innerhalb der letzten zwei Wochen Kontakt hatten."

Das würde eine lange Liste werden, denke ich ohne es auszusprechen und bete innerlich, dass mir das erspart bleibt. Stattdessen frage ich nach, wie oft Patienten ohne Symptome den Test wahrnehmen. "Es sind noch keine Massen an Patienten, aber ab und an kommt das schon vor", erklärt er. Steht ein Urlaub an, würden sich einige Bürger vorsorglich testen lassen.

Bund und Länder haben beschlossen, dass Reisende aus lokalen Risikogebieten wie dem Kreis Gütersloh nur innerhalb Deutschlands reisen dürfen, wenn sie einen negativen Corona-Test vorweisen können. Und auch das Reisen in manche andere Länder ist ohne negativen Corona-Test nicht möglich. "Wenn es ein neues Risiko-Gebiet gibt, schickt das Kultusministerium ein Schreiben an alle Hotels und Herbergen raus", erklärt eine Mitarbeiterin des Jufa-Hotels auf der Festung Rosenberg. Derzeit gilt: Wenn sich in einem Gebiet mehr als 50 Bewohner pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche mit Corona infizieren, wird die Region als Risikogebiet eingestuft.

Eine unruhige Nacht

Auch wenn die Zahl an Corona-Infektionen bei uns derzeit überschaubar ist: Ein mulmiges Gefühl bleibt. Nach einer unruhigen Nacht rufe ich in der Praxis an. Die Sprechstundenhilfe spannt mich dankenswerterweise nicht länger auf die Folter. "Ist negativ." Das war's. So einfach, so unkompliziert. Und so kann ich mich einen kurzen Moment freuen: Ich habe kein Corona - zumindest heute.

Zwei Corona-Tests stehen jedermann zur Verfügung:

Die Speichelprobe aus dem Nasen- oder/und Rachenraum wird im Labor auf das Erbgut des Virus untersucht. Ein bestimmter Abschnitt des Viren-Erbguts wird mit der "Real-time Reverse Transkriptase Polymerase-Kettenreaktion" (kurz RT-PCR) millionenfach kopiert und so sichtbar gemacht. Der Test dauert drei bis fünf Stunden, die Kosten trägt der Staat.

Die Kosten übernimmt die Krankenkasse, sofern er vom Arzt angeordnet wird, etwa bei Verdachtsfällen. Er kostet rund 40 Euro. Dem Patienten wird Blut entnommen und im Labor untersucht. Der Test erfasst die Reaktion des Immunsystems auf den Erreger. Dieses beginnt zu arbeiten, wenn das Virus in den Körper eindringt, und bildet nach ein paar Tagen Antikörper. Sind die im Blut vorhanden, hatte der Patient Kontakt zum Erreger oder war an Corona erkrankt.