Eigene Inseln und Meditation

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Vor allem in den letzten zwei Wochen vor Weihnachten suchen im Kaufhaus Weka noch viele Leute nach den passenden Geschenken.Cindy Dötschel
Vor allem in den letzten zwei Wochen vor Weihnachten suchen im Kaufhaus Weka noch viele Leute nach den passenden Geschenken.Cindy Dötschel

Während Weka-Geschäftsführer Jochen Friedrich den Stress in der Vorweihnachtszeit eher gelassen nimmt, ist Pfarradministrator Waldemar Brysch mit Terminen deutlich mehr ausgelastet als unter dem Jahr.

"Die Arbeit ruht, es ist so weit. Für alle ist nun Weihnachtszeit", lautet das Sprichwort eines unbekannten Urhebers. Doch nicht jeder hat die Möglichkeit, in der Vorweihnachtszeit zur Ruhe zu kommen. Für Politiker, Geistliche oder Inhaber eines Kaufhauses steigt das Stresslevel, wenn Weihnachten näher rückt.

Weka-Geschäftsführer Jochen Friedrich ist gelassen: "Früher hat sich alles auf die vier Wochen vor Weihnachten konzentriert, das ist heute anders. Die Leute kaufen früher und bewusster." Durch Aktionen, wie beispielsweise die Black Week, würden viele Weihnachtseinkäufe schon eher erledigt. Dennoch mache sich in den letzten zehn bis 14 Tagen vor Weihnachten bemerkbar, dass viele noch Geschenke brauchen. "Gerade die Spielwaren- oder die Schmuckabteilung werden natürlich häufiger besucht als sonst", berichtet Friedrich. In den Tagen vor Weihnachten werden deshalb entsprechend mehr Mitarbeiter für die einzelnen Schichten eingeteilt.

Eine Stunde Meditation

Für Waldemar Brysch stehen in der Vorweihnachtszeit deutlich mehr Termine an. "Viele Wochenenden sind dichter, weil neben den Gottesdiensten zusätzliche Konzerte oder Veranstaltungen stattfinden", berichtet der Pfarradministrator, der für Steinberg und Glosberg sowie die Filialen Reitsch, Haig und Friesen zuständig ist. Nächstes Wochenende spiele er beispielsweise bei einem Adventskonzert in Haig auf der Gitarre mit. "Am ersten Advent waren zwei Veranstaltungen zur selben Zeit. So war ich erst bei einem Konzert der Spirit Voices in Reitsch und bin dann weiter zur Waldweihnacht der Steinberger Jugendgruppe", beschreibt Brysch seinen Alltag in der Vorweihnachtszeit.

Um die Ruhe zu wahren macht sich Brysch immer wieder bewusst, dass er nur an einem Ort gegenwärtig sein kann. "Um von allem abzuschalten, meditiere ich jeden Tag mindestens eine Stunde." So könne er abschalten und einfach nur da sein.

Jeder sollte seine Inseln haben

Rainer Detsch weiß, dass es besonders in der Vorweihnachtszeit darauf ankommt, Gelassenheit zu pflegen. "Gerade was Weihnachtsfeiern betrifft, ist es unmöglich, sich zu zerteilen", sagt der Stockheimer Bürgermeister. Dies wäre weder für die eigene noch für die Besinnlichkeit der Veranstaltung von Vorteil.

Entscheidend ist es laut Detsch, nicht noch mehr Druck aufzubauen und trotz allem die Gelassenheit zu wahren. "Man muss schauen, dass man seine eigenen Inseln hat und pflegt." Als Inseln für sich sieht Detsch beispielsweise das Kochen am Abend, Sport oder Zeit mit der Familie. "Auch kann es helfen, sich einfach ein bis zwei Stunden am Tag herauszunehmen und zu reflektieren. Aber auch dabei sollte man gelassen bleiben."

Zehn Tipps für ein schönes Weihnachtsfest

Essen planen, Weihnachtsbaum schmücken: Spätestens wenn der Adventskalender Halbzeit beim Warten bis zum großen Fest ankündigt, steigt das Stresslevel in vielen Familien. Doch es geht auch anders: 1. Wer zu viel erwartet, kann enttäuscht werden! Das Fest der Liebe soll es sein und einen besinnlichen Jahresausklang einläuten. In der Realität mischen sich oft Hektik und Anspannung hinein. Den Druck machen wir uns ganz alleine; dabei erwartet eigentlich niemand Perfektion. Deshalb gilt: Mut zur Lücke und zu den eigenen Bedürfnissen. Das geht kinderleicht: Schalten Sie ab und gehen Sie in sich. Nutzen Sie die freien Tage lieber für ein wärmendes Bad, ein gutes Buch oder einfach mal, um nichts zu tun. 2. Tapetenwechsel gegen das Weihnachtsfieber Jedes Jahr die Verwandtschaft im Wohnzimmer, immer wieder auf Großtantes Eckbank den Hintern wund sitzen? Das muss nicht sein. Wer kann, darf die Weihnachtstage für eine Auszeit nutzen und den gestressten Daheimgebliebenen eine Karte aus seinem Urlaubsort zusenden. 3. Fit halten, um Festmarathon zu schaffen Winterspeck hat evolutionsbedingt sicher seine Daseinsberechtigung, in der Weihnachtszeit wird das erträgliche Maß an Pölsterchen mitunter überstrapaziert. Dagegen hilft Sport oder zumindest ausreichend Bewegung. Und: Dem Immunsystem schadet es auch nicht. 4. Genießen Sie den politikfreien Raum Geliebte Familienbande, man kennt sich, man mag sich. Solange, bis Politisches auf den Tisch kommt. So wichtig es ist, sich seine Gedanken über die Welt zu machen - wer sich Ärger und Streit beim Familienfest zu sparen hofft, sollte sich vielleicht anderen Themen widmen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. 5. Fröhliches Miteinander statt Geschenke-Irrsinn Nachhaltigkeit, Klimawandel, Chancengleichheit - übermäßiger Konsum steht in diesen Tagen zu recht auf dem Prüfstand. Sich gegenseitig mit gemeinsamer Zeit statt mit allerlei Unnützem zu beschenken, verringert nicht nur den Shopping-Stress, sondern bringt uns einander auch wieder näher. Etwas persönlicheres als seine Zeit kann ein Mensch nicht verschenken.

6. Gut organisiert, ist schon halb stresslos Kochen, Kirche, Kinderchaos: Wir wollen an Weihnachten all unseren Lieben gerecht werden. Ohne gute Organisation wird das zum Stresstest. Es gilt, Prioritäten zu setzen. Auf vielen Hochzeiten tanzen zu wollen, ist so anstrengend wie unrealistisch. Trauen Sie sich, auch einmal Nein zu sagen. Eine effektive Planung hilft. Wer kommt wann, wann essen wir wo? Hilfreich ist eine To-Do-Liste (mittlerweile gibt es dafür selbstverständlich sogar diverse Apps). 7. Mal wieder in der Kirche vorbeischauen Bis auf den Kirchensteuerbescheid haben Sie mit religiösen Riten nicht mehr viel zu schaffen? Spätestens an Weihnachten lohnt sich mal wieder ein Blick in Gottes Häuser - und wenn es dazu dient, seiner Verwandtschaft für einen Moment zu entfliehen. 8. Von der Kunst eines mutigen Weihnachtsmenüs Stets Kartoffelsalat mit Wiener und die alljährliche Weihnachtsgans - die richtige Balance zwischen geliebter Familientradition und überholtem Evergreen zu finden ist nicht leicht. Erlaubt ist, was schmeckt und im besten Fall auch gesund ist. Weniger ist mehr - sonst verbringen wenige wegen allen ihre Feiertage hauptsächlich in der Küche. 9. Dem Ausgeschlafenen gehört das Fest Familienfrühstück, "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel"-Marathon und Mitternachtsmesse - in Festtag voller Termine ist schnell rum. Wie im Alltag gilt auch hier: Ausreichend schlafen beugt nicht nur körperlichem und seelischem Stress vor, sondern bringt auch die nötige Energie fürs Fest. 10. Zu viel Glühwein sorgt für Katerstimmung Zum Mittagsbraten ein Glas Wein, Eierlikör auf dem Pudding und ein Cocktail am Abend: Bei aller Ausgelassenheit sollten Sie den Alkoholgenuss nicht übertreiben. Denn der schlägt nicht nur aufs eigene Gemüt, sondern auch auf die Stimmung unter den Gästen. Nüchtern betrachtet, ist das gerade im Familienverband keine gute Idee. gro