Das Gericht verwarf die Berufung eines 29-Jährigen. Er bekam beim Freischießen einen Krug über den Kopfund revanchierte sich mit einer Flaschenattacke.
Für das Amtsgericht in Kronach war die Sache eindeutig: Nachdem ein Mitbewohner einem 29-jährigen Äthiopier auf auf dem Freischießen in Kronach bei einem Streit einen Bierkrug auf dem Kopf zertrümmert hatte, soll sich dieser noch in derselben Nacht an seinem Kontrahenten mit einer ähnlichen Tat gerächt haben.
Der Äthiopier hatte in einer Augustnacht 2015 mit drei Mitbewohnern aus einer Asylbewerberunterkunft in Kronach das Freischießen besucht. Dabei sei ein Streit um einen unechten Geldschein eskaliert, sagte ein Polizeibeamter aus, den der iranische Mitbewohner im Scherz als Fundstück präsentiert habe.
Der Iraner schlug dabei dem 29-Jährigen einen Bierkrug über den Kopf. Mit dem Krankenwagen sei der später angeklagte Äthiopier in die Frankenwaldklinik eingeliefert und ärztlich versorgt worden. Der Äthiopier sagte aus, dass er eine Kopfverletzung davontrug, die - ebenso wie eine Verletzung am Arm - genäht werden musste.
Mit Kopfverband und einen am Körper fixierten linken Armverband wurde der Mann entlassen. Laut Urteilsbegründung des Amtsgerichts Kronach habe der Mann jedoch nur wenige Zeit später seinem Kontrahenten hinter der Tür der Unterkunft aufgelauert. Als der Iraner gegen zwei Uhr morgens das Haus betreten wollte und das Licht anschaltete, soll der Äthiopier ihm eine Bierflasche gegen den Vorderkopf geschlagen haben, so stark, dass sie zerbarst.
Tatmotiv Rache unterstellt
In der Hauptverhandlung im Juni 2016 kam das Amtsgericht deshalb zu dem Schluss, dass sich der Mann für die erlittenen Verletzungen rächen wollte und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten zur Bewährung.
Gegen das Urteil legte der Mann Berufung ein. Er ist seit 2011 in Deutschland und bisher zweimal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Am Dienstag wurde das Verfahren vor der zweiten kleinen Strafkammer am Coburger Landgericht erneut aufgerollt.
Der Anwalt des Angeklagten, dem ein Dolmetscher zur Seite stand, gab eine Erklärung ab: Sein Mandant habe an dem Tag Schmerzmittel bekommen, er sei benommen und verletzt gewesen. Bei der Vernehmung durch die Polizei seien zudem Verständigungsprobleme aufgetreten. "Ich habe den Eindruck, dass mein Mandant, wohl um einen guten Eindruck zu machen, schon mal ,jaja' sagt, obgleich er nichts versteht", erklärte der Jurist. Zudem habe sich die Tat anders abgespielt als angegeben.
Der Angeklagte schilderte seine Version des nächtlichen Zwischenfalls: Nachdem er aus der Klinik gekommen sei, habe er sich auf die Bank vor seiner Unterkunft gesetzt, sagte er aus. Wenig später habe sich sein Kontrahent mit einem unbekannten Begleiter genähert, ihn von hinten an der Schulter gepackt und seinen Namen genannt.
Ausreden
"Ich vermute, er wollte mit mir reden", erklärte der Angeklagte. Er habe Kopfschmerzen gehabt und die seien "zu zweit" gewesen. Beim Versuch, den Iraner von sich wegzuschieben, sei er gestolpert und hingefallen: "Ich hatte Angst, dass sie mich noch einmal schlagen." Daher habe er sich irgendein Glas am Boden gegriffen und es im Weglaufen nach hinten geworfen. Dann sei er zu Bett gegangen.
Der Begleiter des Iraners sagte dagegen etwas ganz anderes: Er habe sich von dem Iraner, der ein Bekannter von ihm sei, Socken leihen wollen und sei ihm deshalb bis zu seiner Unterkunft gefolgt, erläuterte er. Als der Iraner die Tür geöffnet und den Lichtschalter im inneren Eingangsbereich gedrückt habe, habe er eine Flasche auf den Kopf bekommen, die zersplitterte. "Das lief gleichzeitig ab", erklärte der Zeuge. "Es war sehr dunkel, aber die Person, die zugeschlagen hat, hatte einen Verband am Kopf."
Die Polizei stellte später Blutspritzer sowie Glassplitter am Eingangsbereich der Asylbewerberunterkunft fest, sagte ein Beamter aus, der ebenfalls als Zeuge geladen war. Der Polizist hatte beide Gewalttaten vor Ort bearbeitet und deshalb auch zweimal Kontakt mit dem Angeklagten.
Beim Gespräch mit dem 29-Jährigen, den er kurz nach der zweiten Gewalttat aufgeweckt hatte, habe er keine Verständigungsprobleme bemerkt, wie auch vorher nicht. "Ich belehrte ihn, er sei Beschuldigter in einem Strafverfahren, und er hat im Endeffekt die Tat eingeräumt und kooperiert", sagte der Polizist.
Kommunikation problemlos
Auch beim anschließenden Alkoholtest habe es keine Schwierigkeiten gegeben. "Man konnte sich durchaus mit ihm verständigen - ohne, dass man einen Dolmetscher gebraucht hätte", meinte der Beamte.
Nachdem die Zeugen gehört worden waren, nahm der Angeklagte die Berufung zurück. Somit bleibt das Urteil des Amtsgerichts Kronach rechtskräftig.