Nach dem Aus des Bistros "MainStil" liegt ein Schatten auf der Kitzinger Kneipen-Szene.
Plötzlich ist das Licht aus. Die Türen bleiben verschlossen. Aus dem "MainStil"-Bistro am Fuß der Alten Mainbrücke ist zum 1. Oktober alles Leben gewichen. Finanzielle Gründe haben den Ausschlag für die Schließung gegeben. Kitzingen hat also wieder einen Treffpunkt für junge und junggebliebene Leute weniger. Wie kann das sein?
Gehen die Kitzinger weniger weg als früher? Vor 15, 20 Jahren war die Kneipendichte tatsächlich größer, vom Irish-Pub an der Ecke Falterstraße/Luitpoldstraße zogen sich mehrere Lokale durch die Altstadt, bis hinaus zum Kastanienhof mit seinem idyllischen Biergarten in der Bahnhofsstraße. Auch dieser ist mittlerweile seit vielen Monaten geschlossen.
Warum ist es anscheinend so schwer geworden, in Kitzingen erfolgreich "Erlebnisgastronomie" im weitesten Sinn anzubieten? Petra Andres kennt sich aus im Gastro-Geschäft. Seit 23 Jahren gehört sie quasi zum Inventar des Bistros Gambrinus in der Oberen Kirchgasse, vor gut sieben Jahren hat sie dessen Leitung übernommen. "Es gibt ein paar Gründe dafür, dass die Situation schwieriger geworden ist. Der wichtigste ist: Die Pacht ist in Kitzingen generell sehr hoch, oft zu hoch. Und auch die gestiegenen Nebenkosten - Strom, Gas - kann man nicht einfach auf die Preise und damit die Kunden umlegen", erklärt die 47-Jährige.
Dass sie selbst sich kaum Zukunftssorgen macht, liege an "meinen lieben, treuen Gästen, die mir längst ans Herz gewachsen sind", stellt Petra mit einem Lächeln fest - und auch an einem guten Mittagsgeschäft.
Abends hingegen werde es schwieriger, ein Pub in Kitzingen gewinnbringend zu betreiben. "Je weniger Auswahl an Lokalitäten die Leute haben, desto weniger zieht es sie in ihrer Freizeit nach Kitzingen."
Deshalb bedauere sie die Schließung des MainStils auch sehr. "Jedes Lokal, das zumacht, ist ein Anreiz weniger, nach Kitzingen zu kommen.
Viele Leute fahren dann gleich nach Würzburg." Petra Andres stellt klar: "Von wegen Konkurrenz: Ich bin froh um jede Kneipe in Kitzingen!" Bringen nicht die Hotelschiffe, die im Sommer zahlreich in Kitzingen anlegen, zusätzliche Gäste in die Altstadt? Petra Andres schüttelt den Kopf. "Für die Gastronomie ist das kein großer Gewinn. Die haben alle `all-inclusive` gebucht und trinken an Land höchstens mal einen Schoppen oder einen Kaffee.
In den Bistros und Cafés lassen diese Urlauber kaum Geld."
Petra Andres ist froh darüber, dass die Bewohner der Häuser neben dem "Gambrinus" vergleichsweise tolerant sind. Wo dies nicht der Fall sei, könne sich die allzu strikte Einhaltung der Sperrstunde durchaus als großer Hemmschuh erweisen. "Die Leute gehen heutzutage oft nicht vor 21 Uhr weg." Wenn sie dann um 22 Uhr das letzte Getränk serviert bekommen und die laue Sommernacht im malerischen Biergarten ein vorschnelles Ende findet, trage das nicht gerade zur Attraktivitätssteigerung eines Lokals bei.
"Da war noch was los" Ganz ähnlich sieht dies Clemens Traut, der seit diesem Sommer die Kneipe "KulTour" in der Rosenstraße betreibt.
Gut erinnert er sich noch daran, dass früher jeden Abend "was los war in der Altstadt". Als die Herrnstraße noch befahrbar war, habe Kitzingen eine richtige nette, kleine Kneipenszene gehabt. "Normalerweise hält die Kneipenkultur eine Stadt am Leben", sieht Traut eine enge Verbindung von netter Gastronomie und der Beliebtheit einer Stadt.
Was kann ein Wirt tun, um sein Lokal attraktiv zu machen? "Man muss sich wahnsinnig anstrengen und viel Einsatz bringen!" Statt am Sonntag einen Ruhetag einzulegen, steht Traut also früh auf und serviert seinen Gästen Weißwürste zum Frühstück. In den nächsten Wochen folgen "italienische Tage" und Live-Musik-Events. "Ähnlich wie Petra im Gambrinus greife ich aktuelle Themen auf und biete dazu kulinarisch und musikalisch etwas", erklärt Traut seine Strategie.
Konkurrenz unter den Kneipiers sieht er nicht: "Wir unterstützen uns gegenseitig und sprechen Veranstaltungen ab." Das MainStil-Ende bezeichnet er als "harte Sache".
"Ich finde es total traurig, dass der Chris zugemacht hat", bedauert auch Philipp Marshall das Aus des Brückenbistros. Der Geschäftsführer der "Genusswelt" (Restaurant-Bar-Events) in der Ritterstraße war früher Koch im MainStil und hat sich im April selbstständig gemacht. "Ich habe das Glück, dass der Verpächter mich unterstützt - sonst wäre die Genusswelt nicht zustande gekommen."
Um heute bei den Gästen zu punkten, müsse man ihnen etwas Besonderes bieten - auch deshalb dürfe die Vielfalt der Gastronomie nicht aussterben. Philipp Marshall wünscht sich, dass die Gastronomen noch stärker mit der Stadt zusammenarbeiten, um Einheimischen und Touristen bunte "Events" bieten zu können - und sie damit in Kitzingen zu halten.