Mutter und Tochter müssen sich wegen Betrugs und Urkundenfälschung vor Gericht verantworten. Sie hatten sich in den Kosovo abgesetzt, konnten dort aber festgenommen werden.
Beim Betrügen von Kunden ihres Versicherungsbüros war eine 61 Jahre alte, schon erheblich vorbestrafte Witwe mehr fürs "operative Geschäft" vor Ort zuständig und ihre 39 Jahre alte Tochter, gelernte Zahnarzthelferin, mehr fürs Schriftliche im Büro. Die beiden Frauen hat eine Große Strafkammer des Landgerichts jetzt wegen gewerbsmäßigem Betrug in 18 Fällen, Urkundenfälschung u. a. zu Freiheitsstrafen verurteilt: die Mutter zu vier Jahren und neun Monaten, die bisher nicht vorbestrafte Tochter zu drei Jahren.
Unter deren Namen war das Versicherungsbüro nach dem Tod des Vaters als Unternehmen für Finanzdienstleistung fortgeführt worden. Der Beitrag der Mutter bestand meist darin, Kunden, vorwiegend in den neuen Bundesländern, für neue Geschäfte verbal zu "bearbeiten". Das war zwischen 2004 und 2008. Als man ihnen auf die Schliche kam, setzten sie sich in den Kosovo ab, die Heimat von Schwiegersohn und Ehemann.
Erhebliche finanzielle Vorteile waren Kunden aus dem Bestand der Firma durch Umschuldung alter Baudarlehen versprochen worden. Dabei wurden jedoch sowohl die Eigenheimbesitzer wie auch betroffene Banken zum Teil schwer "gerupft", mit gefälschten, beeindruckenden Verdienstbescheinigungen, auch für Arbeitslose, und Fotos, auf denen "fremde Immobilien" abgebildet waren. Die Schadenssumme schätzte das Gericht auf weit über eine Viertel Million Euro und bei den Angeklagten ist für die Opfer nichts mehr zu holen.
Der dritte Mann fehlt Auf der Anklagebank fehlte der "dritte Mann": Profitiert hat von den Betrügereien nämlich nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft in erster Linie der, vor allem bei Autos, Luxus liebende Schwiegersohn, beziehungsweise Ehemann des Damen-Duos. Er dürfte sogar die "treibende Kraft" bei den zahlreichen Betrugsdelikten gewesen sein und den beiden Frauen Anregungen für ihre Geschäfte geliefert haben. Doch der Mann aus dem Kosovo hat sich auch rechtzeitig in seine Heimat abgesetzt. Daher ist er für die deutsche Justiz nicht greifbar, während die beiden Frauen, die auf dem Balkan untergetaucht waren, mit internationalem Haftbefehl gesucht, festgenommen und Anfang 2012 ausgeliefert worden sind.
Für jeden Tag Auslieferungshaft in einem Kosovo-Gefängnis hat die 6. Große Strafkammer des Landgerichts den beiden Frauen zwei Tage "angerechnet", die Verteidigung hatte sogar ein Verhältnis von 1:3 vorgeschlagen. Die Verhältnisse in der Zelle dort als "menschenunwürdig" zu bezeichnen, sei, so einer der Anwälte, "moderat", wenn nicht sogar stark untertrieben. Auf zwei mal drei Meter schätzten die Angeklagten ihre gemeinsame Zelle, unten seien sie von Kakerlaken belästigt worden und von oben durch Vögel im Gebälk des maroden, stellenweise offenen Daches. Anfangs seien sie, es war Dezember, in einer unbeheizten Zelle untergebracht gewesen, mit Holzplatte statt Matratze auf ihrem Bett. Beim Essen seien sie mit Leuten zusammen gesessen, von denen viele erkennbar auch ansteckend krank waren.
27 Kilo habe sie, so die 61-Jährige, innerhalb von knapp zwei Monaten abgenommen. Sie bat um Gnade, es tue ihr leid, dass sie schon wieder auf der Anklagebank sitzt, während der Betrügereien stand sie unter Bewährung. Eine vom Landgericht Halle verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr wurde in das Urteil einbezogen. Die Tochter bedauerte, dass sie nicht stark genug war, bei den Betrügereien Widerstand zu leisten.
Bei ihrer Festnahme im Kosovo seien sie, schilderten die Frauen, wie Schwerverbrecher behandelt worden, Pistolen seien auf sie gerichtet gewesen. Da ein internationaler Haftbefehl gegen sie vorlag, seien die Beamten von einem Verbrechen als Fahndungsgrund ausgegangen. Immer wieder habe man sie gefragt, wen sie ermordet und wo sie die Leiche vergraben hätten.
Bei der Strafzumessung hat das Gericht beiden Frauen ihr Geständnis angerechnet, das den Prozess stark verkürzte, und die Bereitschaft, als Zeugen gegen weitere Beteiligte an den Betrügereien auszusagen. Man berücksichtigte eine familiäre Zwangslage zur Tatzeit und sah eine besondere Belastung für Mutter und Tochter, dass sie seit fast einem Jahr und noch für längere Zeit getrennt sind von ihren zwei im Kosovo lebenden Kindern, beziehungsweise Enkeln.