Lieber regionale Künstler
Welche Zukunft er für den Kabarettkeller sieht? In seiner Antwort schwingt viel Hoffnung, aber wenig Sicherheit mit: „Die Auftritte der Künstler, die in den vergangenen eineinhalb Jahren geplant waren, möchten wir nach und nach abarbeiten.“ Verstärkt will Schiebel auch auf regionale Künstler setzen, deren Gagen geringer sind und die auch terminlich oft flexibler sind als die Stars der Branche. „Sonst haben wir bis zu 1,5 Jahre im Voraus geplant. Jetzt geht das schlecht...“
Die unsichere Lage macht auch Chris Hemmert und Thomas Sauerbrey vom Brunnenhof in Handthal zu schaffen. Mit Schrecken denken sie an den Riesenaufwand, mit dem sie die bereits ausverkauften Veranstaltungen gegen Ende 2020 rückabwickeln mussten, weil sie wegen Corona nicht stattfinden konnten. „Wir haben alle Tickets der Brunnenhof-Veranstaltungen 2020, die noch offen waren, ausbezahlt und nichts auf das neue Jahr übertragen, weil wir ja nicht wussten, wie es 2021 weitergeht“, erinnert sich Chris Hemmert.
Bereits zweimal musste die Großveranstaltung „Varieté for Charity“ abgesagt werden. Hierfür lief und läuft der Vorverkauf über den Anbieter Reservix. „Wir müssen für jedes zurückgegebene Ticket eine Gebühr zahlen“, so Hemmert, der hofft, dass die Veranstaltung im März 2022 endlich über die Bühne gehen kann, „so dass der Ticket-Rückstau aufgelöst wird“. Welche Bedingungen bis dahin herrschen, bleibt die große Frage. „Das ist nervlich eine große Belastung und natürlich auch finanziell.“ „Den Kopf nicht hängen lassen“ lautet für Hemmert und Sauerbrey die Devise auch in ihrer Gaststätte Brunnenhof. Aktuell planen die beiden alle Veranstaltungen unter 3G-Bedingungen: das Frauenkabarett „Die Puderdose“ am Samstag, 30. Oktober, zwei Wochen später den Auftritt von Bauchredner Frank Lorenz und Ende November (am Freitag und Samstag, 26. und 27. November) die Winter-Travestie mit Marcel Bijou. Am 11. Dezember gastiert Wilhelm Wolpert und den Silvesterabend lässt Travestie-Star Megy B. glitzern. Soweit der Plan.
Aufwändiger als früher
„Corona-bedingt und um den buchhalterischen Aufwand in Grenzen zu halten, reservieren wir derzeit nur auf Listen ohne Vorverkauf, so dass wir im Falle einer Absage unsere Gäste nur anrufen müssen, um ihnen die schlechte Botschaft zu überbringen“, sagt Chris Hemmert. „Kurz vor jeder einzelnen Veranstaltung erhalten die Gäste, die reserviert haben, noch einmal eine kurze Info per Telefon, in der wir gegebenenfalls auch auf Änderungen bezüglich der Corona-Maßnahmen hinweisen können.“
Kleiner, aber nicht weniger urig als der Brunnenhof ist der „Weinkeller am Schloss“ in Rüdenhausen, den Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen betreibt. „Corona hat bei mir natürlich voll eingeschlagen. Monatelang durfte ich den Weinkeller überhaupt nicht öffnen. Später führten die Abstandsregeln dazu, dass nur noch die Hälfte meiner Gäste Platz fand.“ In Graf Karls Gewölbekeller, der gerade mal 40 Personen fasst, macht sich das sehr stark bemerkbar. „Zum Glück konnten im Sommer immerhin etwa 40 Gäste im überdachten Freisitz Platz nehmen.“
Die Kleinkunst im Keller ruhte allerdings völlig. „Kein Künstler tritt gerne vor 20 Personen auf, abgesehen davon, dass es sich finanziell nicht gerechnet hätte.“ Einige Lesungen mussten ausfallen, „doch zum Glück kamen mir alle Künstler und Autoren verständnisvoll entgegen und hoffen auf eine Wiederholung unter normalen Umständen.“
Karl zu Castell-Rüdenhausen sagt, er wolle es langsam wieder wagen, Künstler zu engagieren. Christian Hemmert vom Brunnenhof will sich ebenfalls nicht unterkriegen lassen und formuliert es so: „Es ist aufwändiger als früher, aber wir versuchen, machbar zu machen, was möglich ist in diesen Zeiten.“ Wenn Stefan Schiebel (Kabarettkeller Sulzfeld) Politik machen könnte, würde er allen Kabarettbühnen und kleinen Künstlern helfen, sagt er: „Die Regeln dürfen nicht länger so kompliziert sein!“
Leider gibt es allerdings immer noch eine große Bevölkerungsgruppe, die schon sehr lange auf sehr viel mehr verzichtet hat und sich noch gar nicht impfen lassen darf: die Kinder. Gerecht wäre es, mit dem "Freiheitstag" zu warten, bis wirklich alle die Möglichkeit hatten, sich zu schützen und nicht hier wieder die Kinder außen vor zu lassen!