Strecke 46 in Franken: Faszinierender Lost Place zwischen Geschichte und Natur

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Ruinen einer nie vollendeten Autobahn: Die Strecke 46 verbindet Geschichte, Augmented Reality und faszinierende Natur in einem einzigartigen Lost Place.

Eine Autobahn, die nie zu Ende gebaut wurde: Die Strecke 46 in Franken ist ein faszinierender Lost Place, der Geschichte und Natur vereint. Geplant in den 1930er Jahren als Teil der Reichsautobahnen, wurde das Bauprojekt kurz vor dem Zweiten Weltkrieg eingestellt. Heute zeugen moosbewachsene Brückenpfeiler, Tunnelröhren und andere Autobahnruinen von den ehrgeizigen und zugleich düsteren Plänen der Nationalsozialisten. Doch die Natur hat sich das Gelände zurückgeholt, und die Strecke 46 ist heute ein einzigartiger Ort, der Geschichte lebendig macht. Mit der App "AR46" kannst du die Bauarbeiten und die harten Lebensbedingungen der Arbeiter virtuell erleben und die Vergangenheit aus einer völlig neuen Perspektive entdecken.

Ob du durch Wälder und Wiesen wanderst oder die Wege mit dem Mountainbike erkundest – die vier Spurensucherpfade der Strecke 46 bringen dich tief in die Geschichte dieses außergewöhnlichen Ortes. Augmented Reality lässt die Baupläne von damals auf deinem Smartphone wiederauferstehen und visualisiert den geplanten Rastplatz Bettlersruh sowie andere Bauwerke. Gleichzeitig erzählen dir virtuelle Charaktere von den Herausforderungen und Gefahren des Autobahnbaus. Die Strecke 46 verbindet auf einzigartige Weise Natur, Technik und Geschichte – ein echtes Highlight für Geschichtsinteressierte und Abenteuerlustige.

Die Strecke 46 – Eine Autobahn, die nie vollendet wurde

Vor fast 90 Jahren begann das ehrgeizige Bauprojekt einer Autobahn zwischen Hessen und Unterfranken durch die Nationalsozialisten. Fertiggestellt wurde die Trasse nie - doch die Spuren sind noch heute sichtbar. Per Augmented-Reality-App können Wanderer den Autobahnbau mit den Augen der Bauarbeiter erleben. Es empfiehlt sich, in Rupboden zu beginnen und die Spurensucherpfade abzufahren. Im Spessart - zwischen Gemünden am Main (Seifriedsburg) und Bad Brückenau (Zeitlofs) - verbirgt sich ein oftmals übersehenes Kapitel europäischer Verkehrsgeschichte: Zwischen Fulda und Würzburg sollte eine fast 70 Kilometer lange "Strecke 46" entstehen. Als frühe Nord-Süd-Verbindung erhielt sie bereits zum Beginn des Autobahnbaus eine besondere Bedeutung und war ein Vorläufer der heutigen Rhönautobahn A7.

Die Bezeichnung "Strecke 46" stammt aus dem Nummerierungssystem, das in den frühen Planungen des deutschen Autobahnbaus in den 1930er Jahren verwendet wurde. Jede geplante Autobahnstrecke erhielt damals eine eigene Nummer, um sie in den Bauplänen eindeutig zu identifizieren. Dieses System diente der Organisation und Verwaltung der zahlreichen Projekte, die im Rahmen des Autobahnprogramms entwickelt wurden.

Besonders in der Anfangszeit des Autobahnbaus war die Nummerierung ein zentraler Bestandteil, um die Bauprojekte zu systematisieren und ihre strategische Bedeutung zu verdeutlichen. Ähnliche Nummerierungen finden sich auch bei anderen Strecken dieser Zeit, wie etwa der „Strecke 77“, die den Abschnitt zwischen Kassel und Hannover abdecken sollte, oder der „Strecke 19“, die die Verbindung zwischen München und Salzburg plante.

Längstes Baudenkmal Bayerns

Die Bauarbeiten am Abschnitt zwischen Bad Brückenau und Würzburg starteten im Jahr 1937, wobei die ersten Entwürfe bereits bis 1933 zurückreichen – dem Auftakt des Autobahnbaus in Deutschland. Aufgrund des 2. Weltkriegs wurden die Arbeiten 1940 eingestellt. Obwohl die Pläne für diese Strecke nach Kriegsende nicht weiterverfolgt wurden, sind heute noch 47 Bauwerke sowie die Trasse in mehreren Abschnitten deutlich sichtbar. Überall finden sich Spuren der nie fertiggestellten Autobahntrasse zwischen dem hessischen Bad Hersfeld und Würzburg. 

Diese Überreste gelten als Deutschlands längste historische Autobahnruine und werden wegen ihres außergewöhnlichen Erhaltungszustands als Technikdenkmal aus den Anfängen des Autobahnbaus geschätzt.

Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege hat die Strecke 46 als einzigartiges Denkmal unter Schutz gestellt – sie gilt daher als das längste Baudenkmal Bayerns.

Lost Places erkunden: Ein visueller Einblick in die Vergangenheit

Noch heute lassen sich die Überreste eines ambitionierten Bauvorhabens der Nationalsozialisten im Spessart entdecken. Der Lost Place kann durch das Leader-Kooperationsprojekt "Strecke 46 - Auf Spurensuche" zu Fuß oder mit Mountainbike erschlossen werden. Die App "AR46" hilft Besuchern, dieses dunkle Kapitel der Geschichte mithilfe von Augmented-Reality-Technologie zu verstehen und historische Details über Bauarbeiten sowie Arbeitsbedingungen zu entdecken. Tipps für weitere Lost Places in Franken liefert ein schaurig-schöner Reiseführer, der zu verlassenen Orten in der Region führt.

Die App sowie Wegmarken an Bäumen geben eine grobe Orientierung über den Verlauf der Strecke. Da die Beschilderungsdichte variiert und Angaben über die Länge der Pfade nicht vorhanden sind, weiß man als Wanderer jedoch nicht immer ganz genau, wo es entlanggeht und wie viel Zeit man für den Pfad einplanen muss.

Um die Strecke zu erreichen, ist die Nutzung eines Autos oder Mountainbikes notwendig. Einen festen Startpunkt gibt es nicht. Ratsam ist es, in Rupboden zu beginnen und die Spurensucherpfade abzufahren. Die Freiheit bei der Gestaltung macht die Planung für Laien kompliziert, auch weil nicht für jeden Pfad Parkplätze in der App vermerkt sind. Dazu sind einige Bauwerke schwer zu finden oder nicht zugänglich.

Eine emotionale Zeitreise mit "AR46"

Augmented Reality erlaubt es Besuchern, in die Bauabläufe der damaligen Zeit einzutauchen. Geschichte wird greifbar, wenn beispielsweise der geplante Rastplatz Bettlersruh mit virtuellen Bildern visualisiert wird. Via GPS kann zusätzlich der eigene Standort, wenn auch ungenau, eingesehen werden. Nicht vertont wurden die Infotafeln, die weitere detaillierte Hintergrundinformationen liefern, sodass das Potenzial der App noch nicht komplett ausgeschöpft wurde.

Die kurzen Videos schaffen eine emotionale Verbindung, die die Ereignisse zwischen 1937 und 1939 realistischer und greifbarer machen. Die Sprecher erzählen in einem angenehmen Tempo und mit einer ruhigen Stimme von den Herausforderungen und dem Leid der damaligen Arbeiter. So entsteht ein lebendiges Fenster in die Vergangenheit.

Die App ist ein innovatives Werkzeug, um Geschichte interaktiv zu erleben. Sie bietet nicht nur spannende Inhalte, sondern auch die Möglichkeit, die Umgebung intensiver wahrzunehmen und die Verbindung zwischen den historischen Bauwerken und den Menschen dahinter besser zu verstehen.

Die verlorenen Geschichten der Bauarbeiter – ein Blick in die Vergangenheit

Die Überreste der Strecke 46 variieren stark, wobei der eindrucksvolle Brückenpfeiler am Spurensucherpfad Bettlersruh besonders heraussticht. Gefolgt von einer noch gut erhaltenen Brücke, die einen festen Bestandteil der Straße nach Gräfendorf bildet, erzählen diese Bauwerke nicht nur von technischer Ingenieurskunst, sondern auch von den Menschen, die sie errichteten.

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Der Abschnitt "Herrliches Autobahnwandern" bietet kurze Einführungsvideos zu drei Spurensucherpfaden. Zu unheilvoller Musik erzählen virtuelle Charaktere wie Ferdinand und Johann von den schwierigen Arbeitsbedingungen und dem Alltag auf der Baustelle. Diese Augmented-Reality-Erlebnisse erschaffen eine emotionale Verbindung zu den historischen Ereignissen und machen die Ereignisse zwischen 1937 und 1939 lebendig.

Die Geschichten der Arbeiter erinnern uns daran, dass hinter jedem Bauwerk Menschen stehen – Menschen, die mit Schweiß und oft unter Zwang Großes geschaffen haben. Wie wanderspuren.de berichtet, ist der Besuch der Strecke 46 nicht nur eine Reise in die Vergangenheit, sondern auch eine Gelegenheit, diesen Menschen Respekt zu zollen.

Ein einzigartiger Ort für Geschichtsliebhaber und Abenteurer

Die Strecke 46 führt über moosbewachsene, schlammige und rutschige Wege, die besonders im Winter schwer begehbar sind, weshalb eine Tour im Frühjahr oder Sommer empfehlenswert ist.

Aktuell ist festes Schuhwerk und dicke Kleidung notwendig, da Hindernisse umgangen oder aus dem Weg geräumt werden müssen.

Da es sich nicht um einen klassischen Wanderweg handelt, ist die Lost-Place-Tour auch für diejenigen geeignet, die sich für die Geschichte der Autobahn interessieren.

Weitere Informationen zur Strecke 46:

  • Beschreibung:
    • Die Strecke 46 ist ein knapp 70 km langes unvollendetes Autobahnteilstück zwischen Fulda und Würzburg. Ursprünglich in den 1930er Jahren geplant, wurde der Bau aufgrund des Zweiten Weltkriegs eingestellt. Heute ist sie Deutschlands längste historische Autobahnruine und steht unter Denkmalschutz.
    • Die Strecke bietet eine einzigartige Möglichkeit, Technikgeschichte und Natur zu erleben. Zahlreiche unvollendete Bauwerke wie Brücken und Trassen sind noch sichtbar und können erkundet werden.
  • Geführte Touren:
    • Geführte Wanderungen und Mountainbiketouren entlang der Strecke werden regelmäßig angeboten. Eine Anmeldung ist erforderlich.
    • Die Touren starten an markanten Punkten wie dem Brückenpfeiler in Schonderfeld und führen durch den Spessartwald.
  • Adresse:
  • Lage, Anfahrt und Parken:
    • Die Strecke liegt nahe der heutigen Rhönautobahn A7 und ist mit dem Auto sowie öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
    • Parkplätze für Autos und Reisebusse sind an verschiedenen Abschnitten verfügbar. Für Menschen mit Behinderung können Sonderregelungen getroffen werden.
  • Empfehlungen:
    • Für die Erkundung der Strecke sind festes Schuhwerk und wettergerechte Kleidung notwendig.
    • Mountainbike-Strecken sind vorhanden; die Nutzung von Rennrädern ist aufgrund des Geländes nicht empfohlen.
  • Informationen und Termine sind auf der Homepage www.strecke46.de einsehbar.

Nicole Schmidt/Stefan Lutter

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