Andreas Aßmann hat den Betrieb von seinem Vater, Seniorchef Karl Aßmann, übernommen. Und der wiederum von seinem Vater. „Qualität beginnt schon lange vor der Bearbeitung – nämlich bei der Auswahl des Holzes“, erklärt Andreas Aßmann und fixiert den Wiesenbronner Stamm dabei so intensiv, als wolle er ihn mit den Augen röntgen. Ein paar Stellen fallen ihm gleich auf. „Das hier könnte ein Anzeichen für eine Rose sein.“ Aßmann deutet auf eine kaum sichtbare Ausbuchtung. Ganz genau erkenne man die Beschaffenheit aber immer erst beim Sägen.
Also: Säge anwerfen. Der erste Schnitt erfolgt mittig durch den Stamm. Sechs Zentimeter dick muss das Holz für die Fassdauben, also Längshölzer, sein. Während die Säge kreischt und Holzfunken sprüht, erklärt Aßmann: „Langsam gewachsene Stämme, dicht und feinporig, werden die besten Dauben. Sie geben ihr Aroma dosiert ab.“
Als drei Bretter aus der Mitte ausgesägt sind, zieht Aßmann eine erste Bilanz. Sie ist eher ernüchternd. Im Inneren der Wiesenbronner Eiche sind einige Wuchsfehler zu erkennen. Aßmann tröstet: „Ein Barriquefass könnte man schon aus dem Stamm rauskriegen.“
Da die Eiche noch im Saft stand, als sie geschlagen wurde, muss sie ohnehin erst einmal besonders lange trocknen. „Normalerweise verwenden wir ausschließlich Holz, das im Winter während der Saftruhe geerntet worden ist“, erklärt der Büttnermeister. Dieses Holz lagert nach dem Schnitt mehrere Jahre im Freien, um langsam zu trocknen und Spannungen sowie Risse zu vermeiden.
Egal, ob 6- oder 6000-Liter-Fass: Stets werden die getrockneten Dauben im Wasserdampf biegsam gemacht, in die gewölbte Fassform gebracht und mit Reifen, meist aus Stahl, zusammengehalten. Dann kommt das Entscheidende: die Toastung. Inmitten der großen Werkstatt entzündet der Meister in einem Eisenbottich ein Feuer und stülpt das Fass darüber. Der genaue Vorgang bleibt ein Betriebsgeheimnis, denn hier geht es darum, mit der idealen Temperatur und Restfeuchte zu spielen, um Aromen im Holz, wie Vanille oder Karamell, freizusetzen.
Aßmann hat einige Kunden, die für ihre Fässer auch ihr eigenes Holz verarbeitet haben wollen. Gerhard Roth aus Wiesenbronn ist einer davon. Seit 1974 betreibt er Öko-Weinbau. „Ich kenne weltweit keinen großen Rotwein, der nicht im Holzfass war“, sagt er. „Je größer der Wein, desto kleiner das Fass.“
Die klassische Barrique-Füllmenge von 225 Litern ist Roths bevorzugte Fassgröße für seine Rotweine. „Auch 300-Liter-Fässer sind gut. Diese vergleichsweise kleinen Fässer beschleunigen die Reife, machen die Gerbstoffe weicher, beeinflussen die Farbe und verlängern die Haltbarkeit.“ Ein guter Wein schmecke deshalb aber noch lange nicht plump nach Holz, betont der Fachmann. Und weil Probieren über Studieren geht, lädt er die Gruppe nach der Besichtigung seines Weinkellers, in dem Dutzende Fässer aus Wiesenbronner Eiche lagern, zu einer Weinprobe ein.
„Je größer der Wein, desto kleiner das Fass“
Gerhard Roth, Ökowinzer
Harmonisch und kein bisschen säuerlich rinnt der trockene Silvaner-Gutswein über die Zunge durch die Kehle bis in den Bauch. Es folgen mehrere Rotweine, sanft, samtig, zum Ende hin gewaltig. Roth erklärt: „So, wie es für jedes Kind eine geeignete Schule gibt, so gibt es für jeden Wein ein geeignetes Fass. Der Edelstahltank ist die Förderschule, das große Holzfass die Mittelschule und das Barrique ist das Gymnasium.“
Wobei jedes Holzfass seine individuelle Geschmacks-Nuancen habe. Roth schwört darauf, dass die Mondphasen beim Holzeinschlag einen entscheidenden Einfluss haben. Bei abnehmendem oder Neumond geerntet, sei die Eignung für Fassholz besonders gut.
Natürlich weiß keiner der Probanden, wie der Wein aus Fässern mit „fremdem“, willkürlich bearbeitetem Holz schmecken würde. Aber eigentlich ist das am Abend des Info-Tages auch zweitrangig. „Besser könnte es auf keinen Fall sein“, sagt Rosi Haag aus Greuth – und meint damit sowohl Stimmung als auch Geschmack.
-> Bilderseite: Seite 6