Vom Wald in die Weinstube

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Auf geht's ins Baum-Abenteuer: Wenzel, Jona und Hannes begleiten den Eichenstamm aus dem Wald hinaus. FOTO Diana Fuchs
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Wiesenbronner Wein im Glas und in Wiesenbronner Eichenfässern: Gerhard Roth setzt beim Ausbau seiner Ökoweine auf heimische Rohstoffe. FOTO Diana Fuchs
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Säge-Zauber: Sechs Zentimeter dick werden die Fassdauben-Hölzer geschnitten. FOTO Diana Fuchs
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Schlangenmensch? FOTO Diana Fuchs
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Wie funktioniert denn das? Förster Max Bartholl tüftelt an der Bearbeitungsmaschine für die Fassdauben. FOTO Diana Fuchs
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Seniorchef Karl Aßmann führt die Gruppe durch die Büttnerei. FOTO Diana Fuchs
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Rudolf Ackermann lässt die Säge kreischen. FOTO Diana Fuchs
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Gespannt warten die Leute darauf, dass die Eiche im Wiesenbronner Wald fällt... FOTO Diana Fuchs
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Und tschüss! Erwachsene und Kinder verabschieden die Wiesenbronner Eiche Richtung Büttnerei: Bürgermeisterin Doris Paul, Forstamtsleiter Klaus Behr, die Wiesenbronner ...
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Nach dem 2. „Achtung!“-Ruf fällt die Wiesenbronner Eiche plangemäß.
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Der spannende Moment: Als das erste Brett vom Stamm gehoben wird, kommt die Stunde der Wahrheit. Wird der Wiesenbronner Stamm die Kriterien für Fassholz erfüllen?
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Förster Max Bartholl ermittelt den Stammdurchmesser. FOTO Diana Fuchs
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Ulrich Hüßner und Rudolf Ackermann entfernen die Rinde, um den Stammdurchmesser exakt bestimmen zu können. FOTO Diana Fuchs
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In der Büttnerei Aßmann gibt es jede Menge zu staunen. FOTO Diana Fuchs
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Andreas Aßmann zeigt Förster Max Bartholl und allen Gästen, wie das Sägeprofil des Stammes aussehen soll. FOTO Diana Fuchs
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Andreas Aßmann hat seine große Säge fest im Blick. FOTO Diana Fuchs
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Konzentriert verfolgt die Gruppe um Klaus Behr den Sägeprozess. FOTO Diana Fuchs
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Andreas Aßmann hat alles im Blick. FOTO Diana Fuchs
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In der Büttnerei Aßmann werden die ersten Schichten des Wiesenbronner Stammes begutachtet.
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Scharfe Sache: Sechs Zentimeter dick werden die Fassdauben-Hölzer geschnitten. FOTO Diana Fuchs
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Sehr zum Wohl! Weinprobe im Weingut Roth, Wiesenbronn. FOTO Diana Fuchs
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Das Holz für Fassdauben lagert jahrelang auf dem Freigelände der Büttnerei Aßmann. Die beiden Holzscheiben zeigen das Schnittschema, nach dem die Stämme gesägt wurden. FOTO Diana Fuchs
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Sehr zum Wohl! Mit der ebenso launigen wie informativen Weinprobe im Weingut Roth endete ein informativer Tag.
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Harmonie im Glas: Schmeckt Wein aus dem heimischen Holzfass besser?
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Und tschüss! Erwachsene und Kinder verabschieden die Wiesenbronner Eiche Richtung Büttnerei: Bürgermeisterin Doris Paul, Forstamtsleiter Klaus Behr, das Wiesenbronner Holz-Team Ulrich Hüßner und ...
Foto: Diana fuchs
Rudolf Ackermann und Ulrich Hüßner schneiden den Stamm an der richtigen Stelle ab.
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Fasstest 1: Förster Max Bartholl begutachtet ein 1200-Liter-Fass von innen.
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Fasstest 2: Wie ein Schlangenmensch kriecht Max Bartholl aus der kleinen Fassöffnung wieder ins Freie.
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Wiesenbronner Wein im Glas und in Wiesenbronner Eichenfässern: Gerhard Roth setzt beim Ausbau seiner Ökoweine auf heimische Rohstoffe.
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Bürger erleben einen regionalen Rohstoffkreislauf und testen Holz- & Wein-Aromen

Ist Holz gleich Holz? Welchen Einfluss haben der Boden und die Umgebung auf das Innenleben des Baums? Kann es sein, dass eine Wiesenbronner Eiche, die nach zwei, drei Jahrhunderten gefällt wird und als Weinfass ein zweites Leben beginnt, für ein besonders stimmiges Aroma des hiesigen Rebensaftes sorgt? 60 Bürger aus den Landkreisen Kitzingen und Würzburg wollten's wissen.

„Er kennt jeden Baum im Gemeindewald Wiesenbronn.“ Das sagt Bürgermeisterin Doris Paul augenzwinkernd über Max Bartholl, Förster des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). Der Revierleiter hat nun eine Eiche weniger. Er und 60 Augenzeugen schickten den Stamm auf eine abenteuerliche Reise. Besteht er die Prüfungen, darf er in veredelter Form zurückkehren nach Wiesenbronn. Klingt märchenhaft? Nein, es geht hier um einen ganz einfachen, wenn auch nicht alltäglichen regionalen Rohstoffkreislauf. Eine Info-Fahrt des AELF machte den Zusammenhang von Wald und Wein greif- und erlebbar.

„Qualität beginnt lange vor der Bearbeitung des Holzes“
Andreas Aßmann, Büttnermeister

Per Bus treffen 60 Interessierte in der Früh am Nordhang des Schwanbergs in Wiesenbronn ein. Klaus Behr, Bereichsleiter Forsten am AELF, führt die Gruppe gemeinsam mit Max Bartholl in den Wald. Dort wartet ein bewährtes Holz-Team der „Rotweininsel“ Wiesenbronn. Mit Motorsäge und dem richtungsbestimmenden Fallkeil machen sich Rudolf Ackermann und Ulrich Hüßner an die Arbeit. Wenig später fällt die Eiche mit lautem Ächzen und Krachen plangemäß um. Die Kronen der Nachbarbäume winken ihr noch lange hinterher.

„Jahrhundertelang haben die Winzer Fässer aus Holz verwendet“, stellt Klaus Behr mit Blick auf den am Waldboden liegenden Stamm fest. „Dann kam die moderne Zeit der Edelstahl- und Kunststofftanks.“ Mittlerweile jedoch erinnere man sich wieder an den „wunderbaren Rohstoff Holz“, der den Charakter des Rebensaftes beeinflusst. „Große Weine gehören ins Holzfass.“

Normalerweise sind Eichen nach 200 bis 300 Jahren hiebreif. Neben Geduld ist forstwirtschaftliches Können gefragt: Während des Wachstums darf der Eichenstamm nicht zu viel Licht abbekommen. Er soll deshalb von niederem Bewuchs aus schattenspendenden Bäumen umgeben sein – sonst bilden sich aus Knospen unter der Rinde, sogenannten schlafenden Augen, kleine Triebe und Äste. Selbst, wenn diese später absterben, sind sie noch als Holzfehler, sogenannte „Rosen“ erkennbar. Für Fassholz sind sie ebenso Gift wie Drehwuchs.

Die Renaissance der Fasseiche ist für die Forstleute auch aus wirtschaftlicher Sicht erfreulich. Im Durchschnitt bringt gutes Eichenholz bei der Submission zwischen 400 und 500 Euro pro Kubikmeter. Nach dem Vermessen, Entasten und Bewerten der Wiesenbronner Eiche steht fest: Der gerade gewachsene Stammholzbereich ist 3,5 Meter lang und ohne Rinde 44 Zentimeter dick – dieser Teil darf sich auf den Weg in die Büttnerei Aßmann in Eußenheim (Main-Spessart) machen. Der Rest eignet sich für Dielen- beziehungsweise als Brennholz.

Während erfahrene Männer den Stamm auf einen Hänger laden, lädt Doris Paul die Gäste zu einem Waldpicknick an der Fritz-Paul-Hütte-Wanderhütte ein. Gut gestärkt kommt die Gruppe per Bus am frühen Nachmittag in Eußenheim an. Fast zeitgleich erreicht der Stamm, den Max Bartholl auf einem Autoanhänger transportiert hat, die Büttnerei, die als eine der wenigen Holzküfer in Deutschland noch Fässer nach alter Handwerkstradition fertigt.

Andreas Aßmann hat den Betrieb von seinem Vater, Seniorchef Karl Aßmann, übernommen. Und der wiederum von seinem Vater. „Qualität beginnt schon lange vor der Bearbeitung – nämlich bei der Auswahl des Holzes“, erklärt Andreas Aßmann und fixiert den Wiesenbronner Stamm dabei so intensiv, als wolle er ihn mit den Augen röntgen. Ein paar Stellen fallen ihm gleich auf. „Das hier könnte ein Anzeichen für eine Rose sein.“ Aßmann deutet auf eine kaum sichtbare Ausbuchtung. Ganz genau erkenne man die Beschaffenheit aber immer erst beim Sägen.

Also: Säge anwerfen. Der erste Schnitt erfolgt mittig durch den Stamm. Sechs Zentimeter dick muss das Holz für die Fassdauben, also Längshölzer, sein. Während die Säge kreischt und Holzfunken sprüht, erklärt Aßmann: „Langsam gewachsene Stämme, dicht und feinporig, werden die besten Dauben. Sie geben ihr Aroma dosiert ab.“

Als drei Bretter aus der Mitte ausgesägt sind, zieht Aßmann eine erste Bilanz. Sie ist eher ernüchternd. Im Inneren der Wiesenbronner Eiche sind einige Wuchsfehler zu erkennen. Aßmann tröstet: „Ein Barriquefass könnte man schon aus dem Stamm rauskriegen.“

Da die Eiche noch im Saft stand, als sie geschlagen wurde, muss sie ohnehin erst einmal besonders lange trocknen. „Normalerweise verwenden wir ausschließlich Holz, das im Winter während der Saftruhe geerntet worden ist“, erklärt der Büttnermeister. Dieses Holz lagert nach dem Schnitt mehrere Jahre im Freien, um langsam zu trocknen und Spannungen sowie Risse zu vermeiden.

Egal, ob 6- oder 6000-Liter-Fass: Stets werden die getrockneten Dauben im Wasserdampf biegsam gemacht, in die gewölbte Fassform gebracht und mit Reifen, meist aus Stahl, zusammengehalten. Dann kommt das Entscheidende: die Toastung. Inmitten der großen Werkstatt entzündet der Meister in einem Eisenbottich ein Feuer und stülpt das Fass darüber. Der genaue Vorgang bleibt ein Betriebsgeheimnis, denn hier geht es darum, mit der idealen Temperatur und Restfeuchte zu spielen, um Aromen im Holz, wie Vanille oder Karamell, freizusetzen.

Aßmann hat einige Kunden, die für ihre Fässer auch ihr eigenes Holz verarbeitet haben wollen. Gerhard Roth aus Wiesenbronn ist einer davon. Seit 1974 betreibt er Öko-Weinbau. „Ich kenne weltweit keinen großen Rotwein, der nicht im Holzfass war“, sagt er. „Je größer der Wein, desto kleiner das Fass.“

Die klassische Barrique-Füllmenge von 225 Litern ist Roths bevorzugte Fassgröße für seine Rotweine. „Auch 300-Liter-Fässer sind gut. Diese vergleichsweise kleinen Fässer beschleunigen die Reife, machen die Gerbstoffe weicher, beeinflussen die Farbe und verlängern die Haltbarkeit.“ Ein guter Wein schmecke deshalb aber noch lange nicht plump nach Holz, betont der Fachmann. Und weil Probieren über Studieren geht, lädt er die Gruppe nach der Besichtigung seines Weinkellers, in dem Dutzende Fässer aus Wiesenbronner Eiche lagern, zu einer Weinprobe ein.

„Je größer der Wein, desto kleiner das Fass“
Gerhard Roth, Ökowinzer

Harmonisch und kein bisschen säuerlich rinnt der trockene Silvaner-Gutswein über die Zunge durch die Kehle bis in den Bauch. Es folgen mehrere Rotweine, sanft, samtig, zum Ende hin gewaltig. Roth erklärt: „So, wie es für jedes Kind eine geeignete Schule gibt, so gibt es für jeden Wein ein geeignetes Fass. Der Edelstahltank ist die Förderschule, das große Holzfass die Mittelschule und das Barrique ist das Gymnasium.“

Wobei jedes Holzfass seine individuelle Geschmacks-Nuancen habe. Roth schwört darauf, dass die Mondphasen beim Holzeinschlag einen entscheidenden Einfluss haben. Bei abnehmendem oder Neumond geerntet, sei die Eignung für Fassholz besonders gut.

Natürlich weiß keiner der Probanden, wie der Wein aus Fässern mit „fremdem“, willkürlich bearbeitetem Holz schmecken würde. Aber eigentlich ist das am Abend des Info-Tages auch zweitrangig. „Besser könnte es auf keinen Fall sein“, sagt Rosi Haag aus Greuth – und meint damit sowohl Stimmung als auch Geschmack.

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