Plätzchen backen, ganz wie früher. „Das wirkt Wunder!“
Augen schließen. Mit den Händen den Deckel ertasten. Aufmachen. Tief einatmen. Was für ein köstlich süß-würziger Duft! Das müssen Vanillekipferl sein. Augen auf, nachsehen: stimmt! Gleiches Spiel mit der nächsten Dose. Und am Ende aus jeder Blechbox ein Probiererle herausangeln. Gibt es im Advent etwas Schöneres?
Orangenschale und Zimt, Rum und Nougat, Kokos und Kardamom… Wenn Corona etwas Gutes hat, dann das: besonders viele Plätzchen, besonders viele wunderbare Aromen. „Lust statt Frust“ ist der Motto der um sich greifenden Backleidenschaft. Nicht jeder hat automatisch mehr Zeit als sonst – aber viele nehmen sie sich. Do-it-yourself, mache es selbst, ist im Corona-Jahr die Devise – egal, ob es sich ums Nähen, Kochen oder eben Backen dreht. Petra Kümmel aus dem Casteller Ortsteil Greuth hatte schon vor dem 1. Advent über ein Dutzend weihnachtliche Blechdosen mit eigenhändig gebackenen Leckereien gefüllt. „Auf die Art und Weise kann ich die Zeit bis Weihnachten richtig genießen.“
Die 57-Jährige macht das seit Jahren so. „Weil es nichts Entspannenderes gibt, als Plätzchen zu backen. Da komme ich völlig zur Ruhe.“
Erst mit Anfang 40 hat die gelernte Hauswirtschafterin die Weihnachtsbäckerei für sich entdeckt. „Früher hat das immer meine Mutter gemacht. Und die wollte gern allein in der Küche sein.“ Auch Petra ist nicht unbedingt scharf auf Gesellschaft, wenn sie ihre feinen Kreationen zubereitet. „Wenn jeder in meiner Küche rumwuselt, werd? ich verrückt“, sagt sie, macht eine verscheuchende Handbewegung und grinst dabei keck.
Zum Probieren dürfen später aber alle gern kommen: sämtliche Freunde und natürlich ihre drei Kinder mit Anhang, zu dem schon vier Enkel gehören. Sie alle lieben die Blechdosen, in denen Petra Gewürz- und Marzipansterne, Walnuss- und Butterplätzli, Vanillekipferl, Makronen, Terrassen, Spitzbuben, Husarenkräpfchen, Nougatstangen, -kugeln, -taler und all die anderen Leckereien aufbewahrt. „Auch mein Mann, der vor fast drei Jahren gestorben ist, hat gern in die Dosen gespitzt“, erzählt die Hobbybäckerin, die mittlerweile dazu übergegangen ist, immer eine bunte Plätzchenmischung für alle„Näscherli“ auf dem Esstisch bereitzuhalten.
Petra hat die Erfahrung gemacht, dass die Klassiker wie Butterplätzchen, Heinerli und Terrassen am liebsten gegessen werden. Plätzchen mit außergewöhnlichem „Schnickschnack“ seien bei den meisten Leuten, egal ob alt oder jung, gar nicht so gefragt.
Wichtig sei die richtige Größe: „Max, der Freund meiner Tochter Laura, behauptet, ich hätte mal gesagt: ?Ein Plätzle muss komplett in den Mund passen.? Dass ich das so festgelegt hab?, weiß ich zwar nimmer, aber ich gebe mir schon Mühe, dass meine Plätzli nicht zu groß werden.“ Schön klein und liebevoll filigran verziert – das ist Petras Handschrift.