Lügen, Faulheit, Fernseh – Ade!

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Gestern haben wir's nochmal richtig krachen lassen. Aber seit Mitternacht sind wir im Fastenmodus (von links): Nina Grötsch, Daniela Röllinger, Diana Fuchs, Julia Volkamer und Ralf Dieter ...
Foto: FUCHS
Rüdiger Schmalz und Antel Fortunat sorgen dafür, dass der „laufende Schreibtisch“ mit dem klingenden Namen Walkolution sicher nach Kitzingen ins Redaktionsbüro gelangt ...
Diana Fuchs
Drei starke Kollegen halfen mit, „Walkolution“ an seinen Platz in Diana Fuchs' Büro zu bringen. FOTO Diana Fuchs
Diana Fuchs

Am Aschermittwoch startet das große Fasten. Wer macht mit? Wer kommentiert? Die Redaktion freut sich über jede Reaktion!

Kitzingen

Die Faschings-Narren vergießen gerade noch ihre letzten Tränen, weil die Session schon wieder vorbei ist, da kämpfen alle Fasten-Narren schon mit den ersten Tränen. Weil ihre Vorhaben so schwer in die Tat umzusetzen sind. Weil Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander liegen. Weil das Fasten halt auch mit Verzicht verbunden ist. Die Redaktion dieser Zeitung wagt sich in den kommenden sechs Wochen wieder an ganz individuelle Herausforderungen. Und lässt alle Leser jeden Mittwoch sowie täglich auf Facebook daran teilhaben. Wer macht mit? Wer kommentiert? Die Redaktion freut sich über jede Reaktion!

Nina Grötsch

(Autofasten): „Mach's bloß nicht!“, sagt meine Freundin. „Du spinnst!“, kommentiert meine Schwester. „Hör auf!“, empört sich mein Partner und auch meine Mutter versucht mich in letzter Minute noch zu bremsen: „Das schaffst Du doch nie!“ Ein bisschen zweifle ich ehrlich gesagt selbst an mir – doch mein Ehrgeiz ist geweckt! Ab heute verzichte ich aufs Autofahren. Eine echte Herausforderung für mich. Ich gehöre nämlich zu den Menschen, die jede Pups-Strecke mit dem Auto zurücklegen. Es geht vermeintlich schneller, ist bequem und ich hab auch noch einen ganzen Kofferraum, den ich mit sinnigen und weniger sinnigen Dingen vollstellen kann. Jetzt also ohne. Gemäß dem Motto „Aus den Augen - aus dem Sinn“ werde ich als erstes mein Auto aus der Garage verbannen. So komme ich zum einen nicht in Versuchung, zum anderen kann ich mein Fahrrad und meine Vespa in perfekter Startstellung positionieren. Mein Rad wird gar nicht wissen, wie ihm geschieht, hat es die Ortsgrenzen von Sickershausen die letzten drei Jahren doch maximal sechs Mal verlassen. Auch meine Kinder werden staunen: Das gibt luftige Bring- und Abholfahrten die nächsten Wochen. Dabei tragen sie sogar eine gewisse Mitschuld, denn ursprünglich wollte ich 5x am Tag Obst und Gemüse servieren – eine Ankündigung, die meine ganze Familie in Schockstarre verfallen ließ. Ich bin gespannt, wie schwer mir der Autoverzicht fallen wird – und wie oft ich meine Mitmenschen um einen Platz auf ihrer Beifahrerseite anbetteln werde. Und bevor am Ende Gerüchte die Runde machen: Meinen Führerschein hab? ich noch.

Diana Fuchs

(täglich 15.000 Schritte und Lügenfasten): Ich bewundere meine Kollegin Nina Grötsch – und bin sehr, sehr gespannt: Wird sie wirklich radeln, bei Wind und Regen? Auch Kollege Ralf Dieter werde ich gut im Blick behalten – der alte Sitztänzer lügt sich bestimmt wieder in die eigene Sporttasche, die wohl seit letztem Jahr irgendwo im Keller vergammelt. Apropos lügen: Für mich selbst soll die Fastenzeit heuer erbaulich für Körper UND Seele sein. Pater Anselm Grün hat es schön formuliert: „Das körperliche Fasten reinigt den Leib. Aber dazu braucht es auch das geistliche Fasten, das die Seele reinigt.“ Eine Art von geistlichem Fasten besteht für mich darin, in den nächsten sechs Wochen auf sämtliche Lügen und Halbwahrheiten zu verzichten. Bestimmt wird das zum Davonlaufen schwer, weshalb ich eine weitere Challenge anpeile: täglich mindestens 15.000 Schritte gehen. Bis dato komme ich meist nicht einmal auf eine vierstellige Schrittzahl – dafür reicht die Distanz vom Parkplatz zum Büro einfach nicht. Jetzt aber hat mir die Wiesenbronner Firma Ackermann einen laufenden Schreibtisch mit dem klingenden Namen „Walkolution – work & walk“ zur Verfügung gestellt. Was das genau ist? Ich werde detailliert davon erzählen. Ohne die kleinste Unwahrheit.

Daniela Röllinger

(Überflüssiges weg): Fleisch, Kaffee mit Milch, Süßigkeiten... ich hab' schon auf manches verzichtet für diese Aktion. Fleisch und Wurst will ich auch diesmal wieder für sechs Wochen weglassen. Aber immer das Gleiche ist ja langweilig. Mein Motto heißt deshalb in diesem Jahr: Ich verzichte auf Überflüssiges. Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee. Das Spektrum ist riesig. Die Rippe Schokolade vor dem Fernseher brauche ich nicht wirklich. Den ganzen Krimskrams, den ich in den letzten Jahren angesammelt und in Schränken verstaut habe, auch nicht. Die Hose, die seit vier Jahren nicht mehr passt. Den neuen Roman, wo doch schon so viele im Regal stehen. Theoretisch alles überflüssig. So mancher Dialog daheim mit Mann und Söhnen ist ebenfalls überflüssig, genauso mein Genörgel über die ewig gleichen Dinge. Abends am Fernseher durch die Kanäle zu zappen, bringt mich auch nicht wirklich weiter. Und viele der Gedanken, die in meinem Hirn herumspuken, braucht eigentlich kein Mensch. Schließlich bekomme ich immer wieder gesagt: „Worüber Du alles nachdenkst....“ Jetzt ist Schluss damit: Was ich denke, was ich sage, was ich tue, was mich umgibt, das alles wird in den nächsten Wochen genauer unter die Lupe genommen und der Nutzen hinterfragt. Überflüssig? Weg damit!

Julia Volkamer:

Es war eine einfache Entscheidung – und doch ist sie mir so schwer gefallen! Worauf kann ich momentan am schlechtesten verzichten? Es konnte eigentlich nur der Fernseher sein... Ernährungstechnisch geht nicht viel weniger: Seit Neujahr esse ich nur während acht Stunden am Tag etwas, die anderen 16 Stunden faste ich. Ich mache es nicht ganz konsequent (Das Feierabendbierchen zur Überlistung des Hungergefühls ist erlaubt), aber es funktioniert. Sporttechnisch bin ich mit meinen drei Einheiten voll ausgelastet: Yoga zur Entspannung, Jumping für die Figur und Alt-Damen-Handball zum Abreagieren. Eine super Mischung, vor allem, weil Letzteres in Kombination mit regem Austausch unter Freundinnen bei ein bis fünf Iso-Schorlen auch gut für die Seele ist. Und alltagstechnisch? Ist es mit drei Kindern und viel beschäftigtem Mann einfach schwierig, ohne Plastik einzukaufen oder mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Dazu fehlen Geld, Zeit und Muße! Also habe ich mich dazu durchgerungen – und ich bereue es schon jetzt – den Fernseher in den nächsten sechs Wochen nicht einzuschalten. Kein Frühstücksfernsehen als Start in den Tag, kein Nachmittagsprogramm zur Hausarbeit und das Schlimmste: Kein Fernsehflimmern zur Entspannung am Abend. Ich befürchte: Das schaff' ich nie...

Ralf Dieter:

Das Schönste am Fasten sind die Reaktionen der Kolleginnen. Die Aktion hat noch gar nicht richtig begonnen, da sind sie schon am Verzweifeln und am „sich selbst Bemitleiden“. Fasten beginnt im Kopf, sage ich mir und werde – wie in all den Jahren zuvor – auch heuer wieder der Einzige sein, der durchhält. Ohne schummeln, ohne ein Auge zuzudrücken. Keine Süßigkeiten und viel Sport stehen auf dem Programm. Erst mal muss ich allerdings meinen Rücken auf Vordermann bringen. Der zwickt gerade ein wenig. Kann also sein, dass ich erst in der nächsten Woche richtig durchstarte.