In den Weinbergen verwurzelt

4 Min
Weinbergsmeister Lothar Flößer aus Astheim verabschiedet sich nach 47 Jahren beim Weingut der Stiftung Juliusspital in den Ruhestand. Die Arbeit in der Natur wusste er dabei immer sehr zu schätzen.
Foto: Stiftung Juliusspital
Weinbergsmeister Lothar Flößer auf der letzten Fuhre im Jahr 2018. Den Ausblick von den Weinbergen über die mainfränkische Landschaft hat er immer sehr genossen.
Foto:Stiftung Juliusspital
Lothar Flößer mit seinen Schafen, die er in seinem eigenen Weinberg einsetzt. Sie helfen unter anderem, die Begrünung kurz zu halten.
Foto: Kathja Flößer
Lothar Flößer mit einem Refraktometer, mit dem er die Konzentration des Zuckers im Traubenmost misst.
Foto: Stiftung Juliusspital
Weinbergsmeister Lothar Flößer (links) mit seinem Nachfolger und ehemaligen Stellvertreter Thomas Hufnagel (rechts).
Foto: Stiftung juliusspital
Weinbergsmeister Lothar Flößer aus Astheim verabschiedete sich nach 47 Jahren beim Weingut der Stiftung Juliusspital in den Ruhestand ...
Foto: Maria Sippel

Auf den Weißburgunder, der 2002 aus den Trauben der ihm anvertrauten Weinberge der Lage Karthäuser in Astheim entstand, ist Lothar Flößer besonders stolz. Mit Recht: „Er wurde damals zum besten Weißwein der Welt gekürt.“ Unvergesslich und eine Besonderheit in Flößers langem Berufsleben. Nach 47 Jahren beim Weingut der Stiftung Juliusspital verabschiedete sich der Weinbergsmeister der Weinbergsgruppe Iphofen vor kurzem in den wohlverdienten Ruhestand.

Auf den Weißburgunder, der 2002 aus den Trauben der ihm anvertrauten Weinberge der Lage Karthäuser in Astheim entstand, ist Lothar Flößer besonders stolz. Mit Recht: „Er wurde damals zum besten Weißwein der Welt gekürt.“ Unvergesslich und eine Besonderheit in Flößers langem Berufsleben. Nach 47 Jahren beim Weingut der Stiftung Juliusspital verabschiedete sich der Weinbergsmeister der Weinbergsgruppe Iphofen vor kurzem in den wohlverdienten Ruhestand.

Viele Kollegen und Weggefährten des Weinbergsmeisters nahmen an seiner Verabschiedung teil – eine Veranstaltung, die seine Verdienste innerhalb des Weinguts ehrte. Denn der Weißburgunder von 2002 war nicht der einzige Wein, mit dem der Astheimer Preise und Auszeichnungen gewonnen hat, wie Weingutsleiter Horst Kolesch in seiner Rede anerkennend deutlich machte.

Fast fünf Jahrzehnte sind eine lange Zeit, in denen sich viel verändert hat, – politisch, technisch. Auch im Weinbau hat sich viel getan. Neue Maschinen haben Einzug gehalten. Vor allem der Traubenvollernter habe einen revolutionären Umschwung bei der Ernte erzielt, erzählt Lothar Flößer. Neben der Mechanisierung kam auch der Gedanke „Qualität statt Quantität“ auf, erinnert der Weinbergsmeister. „In den 1970er und 1980er war eine ausreichend große Erntemenge das wichtigste Ziel. Im Laufe der Jahre hat sich der Qualitätsgedanke jedoch zunehmend durchgesetzt.“

Arbeit in der Natur

47 Jahre lang hat Lothar Flößer sich beruflich mit dem Weinbau beschäftigt, dabei war Weinbergsmeister ursprünglich gar nicht sein Traumberuf. „Ich wollte eigentlich Förster werden“, erzählt er. Doch auf Empfehlung seines Patenonkels, der damals Weinbergsaufseher im Juliusspital war, fing Flößer 1975 doch eine Winzerlehre an. Es folgte der Wehrdienst, dann arbeitete er noch ein paar Jahre als Winzergehilfe. Ab 1980 absolvierte Flößer eine berufsbegleitende Weiterqualifizierung an der Meisterschule der LWG in Veitshöchheim. 1986 wurde er zum stellvertretenden Weinbergsmeister der Weinbergsgruppe Iphofen, die er 1990 übernahm. „So habe ich den Weinbergsmeister zu meinem Traumberuf gemacht. Ich habe mein Bestes gegeben.“ Dabei ist es wie in jedem anderen Beruf auch: Es gibt Arbeiten, die erledigt werden müssen, ob man nun will oder nicht. Während die Arbeit am Rebstock und insbesondere der Rebschnitt dem Astheimer in all den Jahren sehr viel Freude bereitet haben, hätte er die Stunden im Büro gerne gegen Stunden im Weinberg eingetauscht.

„Der Aufgabenbereich als Weinbergsmeister war sehr vielseitig und umfangreich“, erzählt Flößer. Planung, Durchführung und Aufzeichnung der „Versorgung der Rebe von der Pflanzung bis zur Ernte“ gehören dazu, er musste sich um die Personalplanung kümmern, aber auch um die Anschaffung, den Einsatz und die Wartung von Maschinen.

Die Natur war es, die er an seiner Arbeit immer am meisten geschätzt hat. „In den frühen Morgenstunden erhellt der Sonnenaufgang die Natur in einem ganz besonderen Licht und die Tierstimmen begrüßen den neuen Tag“, beschreibt Lothar Flößer. Eindrücke, die sich ihm tief eingeprägt haben. Genauso wie die Arbeit am Rebstock, während er über das Maintal blickte. Doch nicht nur die schönen Momente in der Natur wusste er zu schätzen, sondern auch die unterschiedlichsten Naturereignisse, die Abwechslung zwischen den Jahreszeiten und die neuen Herausforderungen, die jedes Jahr mit sich brachte.

Wie eine große Familie

Auch den vertrauensvollen Umgang mit seinen Mitarbeitern und Kollegen der Weinbergsgruppe Iphofen schätzte Flößer sehr, wie er betont. In den vielen Stunden im Weinberg seien diese ihm wie Familienmitglieder ans Herz gewachsen. „Auf sie alle konnte ich voll vertrauen, in guten und ganz besonders in schlechten Zeiten. Ihnen gehören mein Dank und meine Achtung.“ Rückhalt und Unterstützung habe er nicht nur in seiner eigenen Weinbergsgruppe gefunden, auch innerhalb des Weingutes konnte er sich auf einen vertrauensvollen Umgang miteinander und verlässliche Kollegen verlassen, lobt er.

Vierbeinige Helfer

Wenn dringende Aufgaben im Weinberg anstehen, gibt es keinen Feierabend und kein Wochenende. Und so freut sich der Astheimer im Ruhestand vor allem darauf, Zeit sowohl für seine Familie und seinen kleinen Enkel als auch für seine Hobbies zu haben. So wird man ihn in nächster Zeit vermutlich häufiger bei seinen „Familien“-Schafen, beim Sport, beim Caravaning oder beim Pilgern antreffen.

Ganz lässt ihn seine Arbeit aber dann doch noch nicht los – schließlich warten auch seine eigenen Weinberge auf ihn. Dort trifft man ihn dann vielleicht auch mit Helfern auf vier Beinen an, denn er setzt seine Schafe in seinem Weinberg ein. Sie helfen, die Begrünung zwischen und unter den Reben kurz zu halten, berichtet Flößer. „Zum Entblättern der Reben in der Traubenzone kann man sie aber ausschließlich im Zeitraum nach der Blüte bis zum Weichwerden der Beeren einsetzen, sonst fressen Sie die Beeren mit.“ Durch die Schafhaltung werde zudem die Biodiversität und das Bodenleben gefördert und man erhält natürlichen Dünger. Selbst die Wolle der Schafe wird genutzt: zum einen als Wasser speichernder Langzeitdünger, zum anderen zum Mulchen. Flößer würde Zwergschafrassen für den Einsatz im Weinberg empfehlen, wie zum Beispiel Ouessantschafe oder Skudden. Er selbst besitze Coburger Fuchsschafe, die aber zu groß geworden seien und gelernt hätten zu klettern.

Zukunftsmusik

Iphofen hat mit seiner Lage und der Entfernung zum Main immer mehr mit den Folgen des Klimawandels wie mit der Trockenheit und der Hitze zu kämpfen. Ein Pilotprojekt, bei dem im Winter Mainwasser in ein Speicherbecken geleitet wird, soll nun Abhilfe schaffen. Im Sommer soll dieses gespeicherte Wasser dann per Tröpfchenbewässerung an die Reben gelangen. „Wir müssen umdenken und die Herausforderungen der Zukunft baldmöglichst angehen“, so Flößer. Denn vor allem in den Steilhängen mit geringer Bodenauflage werde wirtschaftlicher Weinbau ohne Bewässerungen in Zukunft wohl nicht mehr möglich sein. Mit anderen Rebsorten und Unterlagen, die am Markt aber erst etabliert werden müssten, oder in tiefgründigeren Flachlagen sieht der langjährige Weinbergsmeister auch ohne Bewässerung Zukunftspotenzial.

Lothar Flößers Nachfolger im Juliusspital wird sein ehemaliger stellvertretender Weinbergsmeister Thomas Hufnagel – wie Lothar Flößer ebenfalls ein Eigengewächs der Stiftung Juliusspital. Flößer wünscht diesem vor allem, dass er die Freude in der Natur nicht verliert, auch wenn die Bürokratie im Weinbau immer mehr zunimmt. „Ich wünsche dir, dass die Sonne in dein Gesicht scheint, du deine Sorgen und Zweifel den Wolken mitgeben kannst, dass der Regen ausgewogen zu deinen Füßen fällt und Kraft für Wachstum und Verwurzelung gibt“, gab Lothar Flößer bei seiner Verabschiedung seinem Nachfolger mit. Auch dürfe man das Menschliche nicht zu kurz kommen zu lassen, „auch wenn die Betriebswirtschaft im Nacken sitzt.“