Die Serie gesprengter Bankautomaten in Franken geht weiter: Diese Details deuten auf Serien-Täter hin

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Unbekannte sprengen Geldautomat: Bankfiliale geht daraufhin in Flammen auf
30. August 2021: Der Feuerwehr gelang es, den Brand nach der Bankautomaten-Sprengung in Castell schnell zu löschen, ehe er sich auf die benachbarten historischen Gebäude ausbreiten konnte ...
Unbekannte sprengen Geldautomat: Bankfiliale geht daraufhin in Flammen auf
NEWS5/Merzbach
Unbekannte sprengen Geldautomat: Bankfiliale geht daraufhin in Flammen auf
Das war nicht ungefährlich: Die Feuerwehr, die den Brand löschte, entdeckte neben dem gesprengten Casteller Bankautomaten auch eine Gasflasche, die - zum Glück - nicht explodierte.
Unbekannte sprengen Geldautomat: Bankfiliale geht daraufhin in Flammen auf
NEWS5/Merzbach
Sehr schnell vor Ort war die Feuerwehr, als in der Castell-Bank in der Nacht zum 30. August 2021 der gesprengte Bankautomat Feuer fing.
Sehr schnell vor Ort war die Feuerwehr, als in der Castell-Bank in der Nacht zum 30. August 2021 der gesprengte Bankautomat Feuer fing.
Jesko Graf zu Dohna
Nach wenigen Minuten waren die Bankräuber verschwunden, Flammen loderten aus der Castell-Bank.
Nach wenigen Minuten waren die Bankräuber verschwunden, Flammen loderten aus der Castell-Bank.
Jesko Graf zu Dohna

In Franken häufen sich die Fälle von gesprengten Geldautomaten - und weisen viele Gemeinsamkeiten auf. Gibt es etwa einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Überfällen? Und wie laufen die Ermittlungen der Polizei?

Ein lauter Knall, der die Anwohner aufweckt, vermummte Gestalten, die Geld aus einem gesprengten Bankautomaten klauen, in einen dunklen Kombi springen und davonbrausen – allein in Franken gab es diese Szenerie in den vergangenen knapp zwei Jahren mehr als ein Dutzend Mal. Auch die Region rund um Kitzingen war – etwa mit Castell und Schlüsselfeld – mehrfach betroffen. Und noch immer sind die Täter auf freiem Fuß.

Es klang schon beinahe vertraut: Am Mittwochfrüh meldete die Kripo, dass im Kreis Ansbach der Geldautomat in der Lichtenauer VR-Bank in die Luft gejagt worden war. Die Täter flüchteten mit einem schwarzen Audi Richtung A6.

Geldautomaten in Franken gesprengt: Fluchtfahrzeug ist immer das gleiche

Unmittelbar nach dieser Pressemeldung auf inFranken.de kommentierte Leser „Thomasstimme“ die Sachlage mit schwarzem Humor: „Der schwarze Audi hat ja mittlerweile schon Tradition in Franken. Wenn das Geld vor der Bank deponiert würde, entstünde weniger Sachschaden. Alternativ wäre eine Übergabe außerhalb der Ortschaft denkbar – eventuell mit kleinen Geschenken wie Kugelschreibern oder Kalendern ...“

Ganz Unrecht hat „Thomasstimme“ nicht: „Geldautomat gesprengt!“ gehört zu den Dauerbrenner-Polizeimeldungen. Stets suchen die Beamten nach vermummten Tätern, die durch das Einleiten von Gas oder mithilfe von Sprengstoff den jeweiligen Bankautomaten knackten, das Geld einsammelten, in einem schwarzen Auto, mutmaßlich einem Audi, über nahe Autobahnen davonbrausten – und große Schäden hinterließen.

Begonnen hatte die Sprengserie am 1. Mai 2020 in Issigau im Landkreis Hof. Wenige Wochen später war Ebensfeld (Landkreis Lichtenfels) das nächtliche Ziel vermummter Männer, die die Filiale schwer beschädigten und mehrere zehntausend Euro aus der Bank trugen. Über 100.000 Euro erbeuteten die Unbekannten Anfang November desselben Jahres in Zapfendorf (Landkreis Bamberg). Im Dezember folgten Sprengungen in Heroldsberg (Landkreis Erlangen-Höchstadt) und in Hilpoldstein (Landkreis Forchheim), wo ein Sachschaden von mindestens 200.000 Euro und ein Beuteschaden im mittleren fünfstelligen Eurobereich entstand.

Fälle weisen viele Gemeinsamkeiten auf - hängen sie alle zusammen?

Im März 2021 bekamen Allersberg (Landkreis Roth) und im Juni Kemmern (Landkreis Bamberg) ungebetenen Besuch, am 30. August war Castell an der Reihe – Sach- und Beuteschaden im sechsstelligen Eurobereich – und am 11. Oktober Schlüsselfeld, wo Bargeld im hohen fünfstelligen Eurobereich verschwand.

Die aufgeführten Automatensprengungen sind nicht die einzigen Taten dieser Art. Seit Jahresbeginn 2020 wurden in ganz Bayern über drei Dutzend Geldautomaten gesprengt und weit über zwei Millionen Euro ergaunert – unter anderem in Goldbach (Landkreis Aschaffenburg), Dombühl (Ansbach), Karlstadt-Karlburg (Main-Spessart), Gochsheim (Schweinfurt) und Mainaschaff (Aschaffenburg). Franken als „Hotspot“ der Automatensprenger-Szene.

Die Taten weisen auffällige Gemeinsamkeiten auf: Beobachter haben das Fluchtfahrzeug in fast allen Fällen als dunklen Kombi identifiziert, mehrfach wird von einem Audi A6 berichtet. Die Unbekannten kommen häufig zu dritt, mehrere Beschreibungen sprechen von einer Männergruppe, welche innerhalb kürzester Zeit den Automaten in die Luft jagt, die Beute schnappt und flieht. Der dunkle Kombi steht dabei stets ganz in der Nähe des Tatorts. Und da dieser sich oft ganz nah an einer Autobahnauffahrt befindet, sind die Kriminellen schon spurlos verschwunden, bis die Polizei eintrifft.

Fahndungen der Polizei blieben bisher erfolglos

Welche Taktik die Polizei nach Bekanntwerden einer Sprengung zur Ergreifung der Personen fährt, dazu hält man sich bedeckt. Ziemlich offensichtlich ist aber seit längerem, dass es sich – zumindest meistens – um denselben, professionell agierenden Täterkreis handelt. „Natürlich muss man da Zusammenhänge vermuten“, hieß es schon vergangenes Jahr aus dem Landeskriminalamt. Obwohl die Polizei nach jeder Sprengung „sofort umfangreiche Fahndungsmaßnahmen“ einleitete, fand sie von den Bankräubern keine Spur.

Polizeiliche Ermittlungen gehen in alle Richtungen

Schadensbegrenzung ist unterdessen die Devise in den betroffenen Banken. Auf die Frage, ob sich am Sicherheitskonzept etwas geändert habe, sagt Björn Dommel, Abteilungsleiter Vorstandsstab der Fürstlich Castell'schen Bank: „Die Sicherheitsmaßnahmen wurden an allen Standorten angepasst.“ Deutlicher will er nicht werden. Auch auf die Frage, warum Banknoten bei der gewaltsamen Öffnung eines Automaten eigentlich nicht automatisch zerstört oder eingefärbt werden, antwortet er ausweichend: „Das ist eine sicherheitsrelevante Frage, zu der wir keine Stellung nehmen können.“

Aus den Polizeipräsidien Frankens heißt es, man ermittle „in alle Richtungen“. Björn Schmitt, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken, stellt klar: „Wir stehen in ständigem Austausch mit benachbarten Verbänden der bayerischen Polizei und der angrenzenden Bundesländer – sowohl bei Fahndungen als auch bei der Täterermittlung.“ So manche Parallele beim Tatablauf weise auf organisierte Banden hin, die immer wieder zuschlagen; man könne aber nicht generell sagen, dass es sich immer um ein- und dieselbe Tätergruppe handle.

Sprengungen für Anwohner und Einsatzkräfte gefährlich

Eines sei jedoch offensichtlich: „Die Täter gefährden nicht nur ihr eigenes Leben“, sagt Schmitt. Beim Sprengen der Automaten werde Gas und Sprengstoff verwendet; beides sei eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Anwohner und Einsatzkräfte wie die Feuerwehr. Auch deshalb hoffe man, den jeweiligen Tätern baldmöglichst das Handwerk legen zu können.

Die Unbekannten zu fassen, sei dennoch „sehr, sehr schwierig“, ergänzt eine Sprecherin des Präsidiums Oberfranken. Es gebe unzählige Geldautomaten und es sei kaum absehbar, wann und wo die Täter das nächste Mal zuschlagen.