Feuer und Flamme für die Politik

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Sie hat den Sprung in die Politik gewagt: Julia Riegler tritt als Direktkandidatin für die Partei „mut“ an.
Foto: Ralf Dieter

Julia Riegler will für die Partei "mut"in den Landtag einziehen

Julia Riegler brennt. Sorgen muss sich deshalb keiner machen. Die 41-Jährige brennt nur im übertragenen Sinne, aber dafür lichterloh. Und zwar für die Politik. Vor einem Jahr hätte sie das selbst nicht für möglich gehalten.

Claudia Stamm war acht Jahre lang Landtagsabgeordnete für die Partei Bündnis90/Die Grünen. Ein politisches Talent. Dann ist sie aus der Partei ausgetreten. Vor allem der Umgang mit der Flüchtlingsfrage hat die Tochter von CSU-Landtagspräsidentin Barbara Stamm verstört. Vor fast genau einem Jahr hat sie deshalb eine neue Partei gegründet: „mut“. Bei der Landtagswahl im Herbst will „mut“ bereits antreten. Etliche Unterstützer hat Claudia Stamm im Laufe der Zeit gefunden. Im Landkreis Kitzingen will Julia Riegler als Direktkandidatin antreten.

Politisch interessiert war die kaufmännische Angestellte und freie Autorin von klein auf. Ihre Mutter ist zweite Bürgermeisterin von Obereisenheim. „Aber ich hatte nie eine politische Heimat“, sagt Julia Riegler. Das sollte sich quasi über Nacht ändern. Vor ein paar Wochen ging sie aus Neugierde zu einem Stammtisch der neuen Partei in Würzburg. „Deren Programm hat mich voll erwischt“, erinnert sie sich. Eine menschenwürdige Politik für alle, Nein zu Rechts, Ja zu einer guten Rente und Pflege. Den sozialen Wohnungsbau fördern und Einkaufsmöglichkeiten auf dem Land schaffen, aber nicht immer wieder neue Gewerbegebiete ausweisen: Ziele, die Julia Riegler aus dem Herzen sprechen.

Im Urlaub hat sie über ein politisches Engagement nachgedacht, dann kamen der Kreuzerlass und das neue Polizeiaufgabengesetz der CSU. „Das Grundrecht wird auf diese Art und Weise mit Füßen getreten“, ärgert sie sich. Ihr Entschluss stand damit fest: Sie wollte sich von nun an aktiv in die Politik einbringen. „Die CSU hat längst vergessen, wofür das C in ihrem Namen steht und die anderen etablierten Parteien verlieren ihre humanen Werte ebenfalls aus den Augen.“

Menschenwürde für alle, soziale Gerechtigkeit, die Sicherung einer gesellschaftlichen Vielfalt, eine ökologische Nachhaltigkeit: Das sind die Dinge, für die Julia Riegler steht. Und die sie in „ihrer“ Partei, in der alle Gesellschaftsschichten vertreten seien, wiederfindet. „Wir stehen für eine lebendige Demokratie“, sagt sie und ist guter Dinge, dass „mut“ in den nächsten Wochen genügend Unterstützer findet. Die Menschen seien schließlich nicht Politik verdrossen, „sondern Partei verdrossen“. Julia Rieglers will mithelfen, dieser Parteiverdrossenheit und dem Rechtsruck in der Politik etwas entgegen zu setzen. „Es wird Zeit, laut zu sein“, sagt sie und sammelt an den Wochenenden auf den Marktplätzen Unterfrankens mit Gleichgesinnten Unterschriften. Etwas mehr als 1000 werden in Unterfranken benötigt, Bayernweit etwa 8000. Dann kann die Partei bei den Landtagswahlen am 14. Oktober antreten.

Eine Liste mit Direktkandidaten ist auf der Homepage schon zu finden. Auf Platz 1 in Würzburg steht der Radio-Moderator Matthias Matuschik, im Landkreis Main-Spessart will der Lebensgefährte von Julia Riegler, Thomas Lemmer, kandidieren. „Den habe ich infiziert“, sagt die 41-Jährige und lacht. „Genau so wie viele meiner Freunde.“ Auch ihre Mutter will nach Jahrzehnten der Parteilosigkeit „mut“ beitreten.

Das Ziel von „mut“ ist klar formuliert: Erst genügend Unterschriften sammeln, dann einen engagierten Wahlkampf betreiben und bei der Wahl die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, um in den Landtag einzuziehen. „Das wäre natürlich grandios“, sagt Riegler und hofft vor allem auf die Stimmen der vielen Wechsel- beziehungsweise der bisherigen Nicht-Wähler. Die seien aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen und Aussagen verunsichert. „Die Ärmsten im Land werden gegeneinander ausgespielt“, ärgert sie sich. Dabei erhalte kein Rentner weniger Rente, kein Obdachloser müsse in Deutschland erfrieren, „nur weil jetzt Flüchtlinge da sind“, meint sie. Natürlich gebe es Schwierigkeiten bei der Integration von Flüchtlingen, jeder Überfall oder gar Mordfall sei schrecklich. Aber das dürfe nicht dazu führen, jeden Flüchtling unter Generalverdacht zu stellen.

Die geplanten Ankerzentren hält Riegler für den völlig falschen Weg und bezeichnet sie als „Keimzelle für Aggressionen“. Viel besser sei die Integration in den Jahren 2016 und 2017 gelaufen, als Flüchtlinge auch in kleinen Dörfern wie Obereisenheim untergekommen sind und integriert wurden. „Jede Begegnung schafft Verständnis und Vertrauen“, sagt sie aus eigener Erfahrung.

An Themen für hitzige Diskussionen wird es Julia Riegler in den kommenden Wochen und Monaten sicher nicht mangeln. „Das politische Engagement erfüllt mich, nach jedem Wochenende sind meine Batterien wieder aufgeladen“, staunt sie. Es ist nicht zu überhören und nicht zu übersehen: Julia Rieglers politisches Feuer wird so schnell nicht erlöschen.